Kith: So hat Ronnie Fieg mit Collabos eine weltweit bekannte Streetwear-Brand gebaut

Martin Gardt2.12.2022

Die New Yorker Marke hat bereits mit Nike, BMW, Adidas, Coca Cola, Versace und vielen anderen Brands Kollektionen herausgebracht

Ronnie Fieg für Clarks
Kith-Gründer Ronnie Fieg hat auch schon für Clarks Schuhe designt (Bild: Clarks)
Inhalt
  1. Collabo als zentrale Strategie
  2. Extrem stark im Kampf um Aufmerksamkeit
  3. Mode aus New York

Kith und Gründer Ronnie Fieg haben es geschafft. Es gibt neben Supreme wahrscheinlich keine Streetwear-Brand, die von Weltmarken so gern als Collabo-Partner genutzt wird, wie das New Yorker Unternehmen. Das verhilft Kith mittlerweile weltweit zu viel Aufmerksamkeit und riesigen Reichweiten. Wir schauen uns die Strategie der Brand genauer an und erzählen die außergewöhnliche Geschichte des Gründers Ronnie Fieg.

Eigentlich hätte Fieg seine Story und die von Kith auf dem OMR Festival 2020 erzählen sollen. Das fiel aus bekannten Gründen leider ins Wasser, also übernehmen wir das jetzt hier. Die Geschichte des Kith-Gründers und seines Unternehmens beginnt schon, da ist der New Yorker gerade erst 12 Jahre alt. Der Teenager startet als Lagerarbeiter beim Sneaker-Retailer „David Z“ – der Firma seines Cousins David Zaken. Er arbeitet sich zum Store-Manager und 2007 zum Chef-Einkäufer hoch, kommt so direkt in Kontakt mit den großen Sneaker-Brands. So beginnt auch die Designer- und Collabo-Karriere von Ronnie Fieg: Gemeinsam mit Asics gestaltet er einen Sneaker, der nach einem Bericht im Wall Street Journal sofort ausverkauft ist. So ist der Grundstein gelegt für die weitere Entwicklung seiner eigenen Marke.

„Was ich machen wollte, war ein kuratierter Lifestyle-Store, der nicht in eine Kategorie gepresst wird. Ich wollte einen New-York-Vibe mit verschiedenen Produkten und Brands ausstrahlen und eine eigene Marke dazupacken“, sagt Ronnie Fieg gegenüber The Age of Ideas. 2010 startet er mit der Planung des ersten Kith-Stores, der 2011 in New York eröffnet. „Ich habe mir Geld geliehen, um den Shop eröffnen zu können. Ab der ersten Minute nach der Öffnung ist das abgegangen und das Geld war nach vier Monaten wieder drin.“ Heute ist aus dem Kith-Store eine Marke mit weltweitem Erfolg und zwölf Stores in verschiedenen Metropolen entstanden. Unterschiedliche Plattformen schätzen den Umsatz von Kith auf 75 bis 100 Millionen US-Dollar.

Collabo als zentrale Strategie

Noch während seiner Zeit bei David Z arbeitet Ronnie Fieg mit weiteren Marken zusammen. Wählt aber bewusst nicht einfach Hype-Brands, sondern sucht nach außergewöhnlichen Partnerschaften – von denen er sich durch ihre Abseitigkeit mehr Aufmerksamkeit erhofft. So designt er gemeinsame Produkte mit Sebago (Hersteller der bekannten Seglerschuhe) oder dem Boots-Hersteller Red Wing. „Ich wollte mit den Underdogs arbeiten und deren Archive durchstöbern“, sagt Fieg gegenüber Business of Fashion. „Ich war immer interessiert daran, Produkte auf den Markt zu bringen, an die Marken nicht mehr so richtig geglaubt haben.“ Mit Kith führt er diese Tradition vor und kollaboriert mit den unterschiedlichsten Marken: Von BMW, über Coca Cola bis hin zu Versace. Mittlerweile designt Ronnie Fieg sogar die Ausweich-Trikots (City Edition) der New York Knicks und wurde zuletzt als erste Creative Director des Teams präsentiert.

Jede dieser Brand-Collabos kündigt Kith mit aufwendigen „Lookbooks“ auf Social Media an. In ganzen Post- und Story-Strecken werden in der passenden Stimmung die Stücke der Kollektionen präsentiert. Für jeden Release nutzt die Hype-Marke die typische Drop-Strategie, die wir hier schon genauer beschrieben hatten. Die Produkte werden in begrenzter Stückzahl produziert, der Verkaufsstart auf allen Kanälen immer wieder angekündigt. Der Hype ist mittlerweile so groß, dass viele Collabo-Schuhe, wie zuletzt ein Asics-Modell, über ein Gewinnspiel in der Kith-App kaufbar gemacht werden. Wer gewinnt, bekommt nicht die Schuhe, sondern die Möglichkeit, sie zu kaufen. Gerade weil Kith die News zu neuen Modellen auf Social teilt, erzeugt die Marke direkt einen Follow-Effekt. Allein dem Hauptkanal der Brand folgen über 2,7 Millionen Menschen auf Instagram.

Wie genau sich der Umsatz zwischen Webshop, App und den Läden verteilt, gibt Kith nicht bekannt. Das Unternehmen schickt zumindest bei den meisten Drops die Kund*innen in alle drei Kanäle. Besonders clever funktioniert der Push per App über die Gewinnspiele von besonders begehrten Produkten. Daran können Nutzende oft nur über die Kith-App teilnehmen, wodurch es das Unternehmen als eines der wenigen geschafft hat, eine funktionierende Shopping-App zu etablieren. Auf iOS wurde sie laut Analysetool Appfigures über 700.000 Mal heruntergeladen.

Extrem stark im Kampf um Aufmerksamkeit

Jetzt ist weder die Collabo- noch die Drop-Strategie per se neu bei Streetwear-Brands. Aber kaum eine Brand hat so gut verstanden, welche Art von Kollaborationen wirklich für Aufmerksamkeit sorgt wie Kith. Ronnie Fieg sucht neben klassischen Partnerschaften mit Asics, Nike, Adidas, New Balance, Versace & Co. immer wieder nach wirklich außergewöhnlichen Ideen. Für die zweite Collabo mit BMW gestaltet er im Sommer 2022 einen kompletten BMW i4 M50. Nach klassischer Verknappungs-Logik von Kith produziert BMW nur sieben davon. Eines der Autos erreicht bei einer Sotheby’s-Auktion einen Verkaufspreis von 327.600 US-Dollar – der normale Preis eines i4 M50 liegt bei 67.300 US-Dollar in den USA.

Eine weitere außergewöhnliche Collabo: Kith gestaltet im August 2022 gemeinsam mit dem American Museum of Natural History in New York eine Modekollektion für Erwachsene und Kinder – mit Motiven aus dem Museum (Dino-Knochen und so…). Für die Promo werden einige Hemden, Pullis und Shirts neben einem T-Rex-Kopf im Museum ausgestellt.

Kith x Museum x Natural History

Ein Teil aus der Kith-Kollektion mit dem Museum of Natural History

Diese und weitere außergewöhnliche Aktionen sichern Kith nicht nur viel Buzz auf Social Media, sondern oftmals ausführliche Berichterstattung in Modemagazinen und auch „klassischen“ Medien. Und Ronnie Fieg bringt seine Brand noch über eine weitere Strategie ins Gespräch. Für die Lookbooks seiner Kollektionen verpflichtet er regelmäßig ikonische Stars, die seine Klamotten präsentieren – auch auf Social Media. Bei der BMW-Kollektion übernimmt das Schauspieler Edward Norton, die Herbst-Kollektion 2022 zeigt Comedian Jerry Seinfeld, eine New-Balance-Collabo stellen der legendäre Basketballer Steve Nash und sein Sohn Luca vor und Kult-Schauspieler Steve Buscemi packt Fieg in eine Wolken-Jacke. Das sind nur die Beispiele von 2022.

Mode aus New York

Die Mode, die Ronnie Fieg mittlerweile unter der Kith-Flagge designt, lässt sich als schicke Streetwear beschreiben. Er nutzt häufig gedeckte Farben, edle Materialien. In einzelnen Kollektionen bricht er aber auch immer mal wieder aus, bringt bunte, auffällige Designs auf den Markt. Angefangen hat Fieg mit eigenen Klamotten 2012 auf kleiner Flamme. Vorher hatte er vor allem andere bekannte Streetwear-Marken in seinen Stores verkauft. Er kauft Camouflage-Hosen und fügt Reisverschlüsse und einen elastischen Saum hinzu. „Mich haben mehr Leute nach diesen Hosen gefragt als nach meinen Schuhen. Also wusste ich, dass da was da ist“, erzählt er gegenüber Business of Fashion.

Die ersten zwölf Hosen sind an einem Wochenende ausverkauft, die nächsten 24 nach einem Tag, weitere 100 ebenfalls extrem schnell. Der Erfolg der „Mercer-Hosen“ bringt Fieg erst dazu, Kith als Modeunternehmen zu etablieren. Aktuell mache das Unternehmen 50 Prozent des Umsatzes mit Sneakern, die anderen 50 Prozent mit Mode. Die erfolgreichsten Produkte: Hoodies, Jogginghosen, T-Shirts.

Kith Paris

Der Kith-Store in Paris

Präsentiert werden die Teile in opulent durchgeplanten, eher an Luxus-Stores erinnernde Läden. Neben Kith-Klamotten treffen dort Shirts von Saint Laurent oder Sweater von Maison Margiela auf Produkte von Adidas, New Balance & Co. Die Läden sind so luftig gestaltet, dass es nicht um den schnellen Einkauf geht. Kund*innen sollen in den Läden explizit auch rumhängen, die Styles erleben. Der Mix aus 30 Euro-Socken und günstigeren T-Shirts und Luxus-Produkten soll so viele junge hippe Menschen mitnehmen wie möglich. „Umso schlauer der Konsument wird, desto mehr verschwinden die Linien zwischen Streetwear, Sportswear, Menswear“, sagt Fieg. „Ich sehe Kith nicht als Streetwear-Brand, aber wenn junge Leute auf der Straße meine Mode tragen, freue ich mich. Ein wichtiger Part unseres Markts ist es, Einfluss bei den Kids zu haben.“ Alles passt irgendwie zum Namen, der vom schottischen Sprichwort „kith and kin“ kommt, was soviel wie „Freunde und Familie“ bedeutet. Die soll bei Ronnie Fieg im Laden abhängen.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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