Jo Lindner hat 7,4 Mio. Insta-Fans: Wieso der deutsche Influencer hier kaum bekannt ist
Der Fitness-Influencer kommt mit seinem Instagram-Kanal "Joesthetics" auf riesige Reichweiten – wie hat er das geschafft?
- Krasser Körper = krasse Reichweite
- Viele Posts für schnelles Wachstum
- Langfristige Deals statt schnelles Geld
- Eigene Brand scheitert
Überlegt mal: Wer sind die größten deutschen Influencer auf Instagram? Also knallhart Creator, ohne Fußballer, Promis und Marken. Vielleicht fallen Euch da Pamela Reif, Bibi, Dagi oder Lisa und Lena ein. Alles richtig. Aber mittendrin tummelt sich Jo Lindner alias Joestethics. Er liegt mit seinen 7,4 Millionen Instagram-Followern in den Top-10 der reichweitenstärksten deutschen Influencer-Accounts. Wir zeigen, wer der Typ ist und wie er auf der Plattform so erfolgreich werden konnte.
Weißblond gefärbte Haare, heftige Muskeln, kein Gramm Fett: So zeigt sich Johannes „Jo“ Lindner auf Instagram. Der 29-Jährige verzeichnet auf der Plattform derzeit 7,4 Millionen Follower – eine wahnsinnige Reichweite. Laut dem Analyse-Tool Likeometer liegt er damit in den Top-10 deutscher Influencer:innen auf Rang 6, knapp hinter Pamela Reif, Bibisbeautypalace und noch vor Dagi Bee. Sein Content dreht sich ausschließlich um Fitness und den eigenen Körper, ab und an streut er Modetipps ein. Dass Jo Lindner in Deutschland trotz vieler Follower deutlich weniger bekannt ist als Pamela Reif & Co. dürfte vor allem an seiner internationalen Ausrichtung liegen. Schon seit dem Start seines Accounts 2014 postet er auf Englisch. Mittlerweile lebt der aus der Oberpfalz in Bayern stammende Fitness-Influencer in Bangkok und produziert dort Content aus dem Fitnessstudio. Auf seinem Profil ist gar nicht erkennbar, dass Lindner Deutscher ist.
Krasser Körper = krasse Reichweite
Fitness-Influencer begleiten uns jetzt schon seit Jahren. 2015 waren die Stars der Szene noch Youtuber wie Flying Uwe, Karl Ess oder Flavio Simonetti. Offenkundig finden sich in der Social-Media-Welt viele Menschen, die für Fitness-Tipps empfänglich sind und sehen wollen, wie ihre Vorbilder trainieren. Jo Lindner zieht diese Zielgruppe wahrscheinlich schon auf den ersten Blick an. Breites Kreuz, schmale Hüfte, muskulöse Beine. Sein Oberkörper ist sichtbar von Adern durchzogen.
Mit einzelnen Strängen seiner Muskeln kann Lindner Wellenbewegungen machen (er nennt das „Alien Gains“, möglicherweise ist es eine Krankheit). Videos des Muskel-Wellen-Effekts gehen auf verschiedenen Plattformen immer wieder viral und Jo Lindner in der Fitness-Influencer-Szene so richtig bekannt. Es ist sein Alleinstellungsmerkmal. Gleichzeitig gibt er 2020 in einem Youtube-Video zug, Steroide (vor allem Testosteron) zu nutzen. Diese Offenheit hat seiner Popularität offenbar nicht geschadet.
Viele Posts für schnelles Wachstum
Laut dem Analyse-Tool Infludata hat der Kanal zur Zeit der Steroiden-Beichte knapp über 1,6 Millionen Follower, Anfang 2021 liegt er bei drei Millionen, im Januar 2022 bereits bei knapp sechs Millionen. In den vergangenen Jahren also ein jährliches Follower-Wachstum von 100 Prozent. Die Daten von Infludata zeigen, dass über 80 Prozent der Follower auf jeden Fall authentisch sind – ein hoher Wert für einen Influencer mit so viel Reichweite. Neben den offensichtlichen Muckis dürften viele Menschen Jo Lindner folgen, weil er in vielen Reels und Posts seine Trainingsmethoden präsentiert und genau zeigt, wie einzelne Muskelgruppen so trainiert werden können, dass sie deutlich hervortreten. Und Lindner postet häufig: Infludata zeigt, dass er im Durchschnitt 3,5 Feed-Posts und fünf Reels täglich absetzt. Dazu kommen vier Stories pro Tag. Die Reels zeigen, dass sich viele Menschen Lindners Content anschauen. Einzelne Kurz-Videos seines Kanals kommen auf fünf, sechs, sieben Millionen Views, eins auch auf über 34 Millionen. Die gleiche Strategie probiert er auch auf Tiktok. Hier liegt Lindner aber erst bei knapp unter 230.000 Followern, die Clips kommen meist auf etwas über 100.000 Views.
Ein weiterer wichtiger Kanal von Jo Lindner ist Youtube, wo der Fitness-Influencer knapp 560.000 Follower verzeichnet. Allerdings sind seine erfolgreichsten längeren Videos auf der Plattform mit über einer Millionen Views etwa ein Jahr alt. Jüngere Videos landen nur noch bei etwa 60.000 Aufrufen. Auch hier setzt er deshalb immer wieder auf kurze Clips: Youtube Shorts. Seine nach View-Zahlen erfolgreichsten 15 Youtube-Videos sind nur wenige Sekunden lang und meist von Instagram Reels oder Tiktok kopiert. Das erfolgreichste, in dem er seine einzelnen Muskelstränge tanzen lässt (Stichwort „Alien Gains“), verzeichnet über 69 Millionen Views. Inwiefern Jo Lindner aber weiterhin eine Youtube-Strategie verfolgt, ist nicht zu erkennen (auf eine OMR-Anfrage hat er nicht reagiert). Sein letztes Video auf der Plattform ist schon zwei Monate alt, zuvor hatte er jeden Monat mehrfach gepostet.
Langfristige Deals statt schnelles Geld
Laut Infludata rufen 2,1 Millionen Menschen im Durchschnitt einen Instagram-Post von Jo Lindner auf. Stories erreichen durchschnittlich zwischen 500.000 und einer Million Views. Reels kommen auf durchschnittlich 330.000 Aufrufe. Mit solchen Reichweiten ist der Fitness-Influencer natürlich auch spannend für Partner aus der Branche. Lindner hat sich offenbar dazu entschieden, nur mit wenigen Brands, dafür aber langfristig zu arbeiten. In seiner Instagram-Bio hat er die US-Modemarke YoungLA, den Nahrungsergänzungsmittel-Hersteller Gorilla Mind und die auf Hemden und T-Shirts für Männer spezialisierte Brand Father Son verlinkt.
Vor allem in Klamotten von YoungLA zeigt er sich ständig in Posts auf seinem Account. In den vergangenen 180 Tagen hat Lindner 34 Werbe-Posts für die Marke abgesetzt, dazu kommen vier Stories. Bei Father Son sind es zehn Posts und zwei Reels. Bei beiden Unternehmen sowie Gorilla Mind taucht er außerdem häufig in Posts auf deren Accounts auf. Die Zusammenarbeit scheint für die Marken zu funktionieren. Sie messen mithilfe von Gutschein-Codes, wie viele Verkäufe über die Kanäle von Jo Lindner zustande kommen.
Eigene Brand scheitert
Das naheliegendste Business lässt Jo Lindner jedoch augenscheinlich aus. Bekannte Fitness-Influencer wie z.B. Pamela Reif haben schon lange eigene Trainingspläne in der Welt, oft auch eigene Apps. Lindner ist derzeit aber offenbar nur als Marken-Botschafter unterwegs. Das liegt daran, dass er sein eigenes Projekt begraben musste. Im Februar 2021 startet er seine App „Alien Gains“ mit Trainingsprogramm, Video-Tutorials und Essensplänen. Doch nach der Ankündigung auf seinem Hauptkanal passiert nicht mehr viel. Der Instagram-Account der Brand ist nach fünf Posts seit März 2021 tot. Auf seinem Kanal verliert Jo Lindner schon lange kein Wort mehr über die Marke. Die Webseite ist nicht mehr erreichbar.
Warum er das Projekt so schnell beendet hat, lässt sich von außen nur schwer beurteilen. Die App ist aus den App Stores verschwunden. Daten der Analyse-Plattform Appfigures zeigen, dass „App Gains“ für iOS etwa 15.000 Mal heruntergeladen wurde. 147 Bewertungen ergeben einen schwachen Durchschnitt von 3,3 Sternen. Ähnlich sieht es auf Android aus: 15.000 Downloads, 3,1 Sterne bei 207 Bewertungen. Womöglich hatten Jo Lindner und sein Management Armran Media mehr von der App erwartet.