Stories, Live & Superzoom – Dieser Typ steckt hinter erfolgreichen Instagram-Funktionen

Torben Lux4.12.2018

Robby Stein, Product Director bei Instagram, im OMR-Interview

Robby Stein Instagram Product Director OMR Interview
Robby Stein, Product Director bei Instagram (Foto: 01net.com)

Nach einigen Jahren bei Google baut Robby Stein die Check-In-App Stamped und verkauft sie kurz darauf an Yahoo. Seit Mai 2016 ist er jetzt Product Director bei Instagram, verantwortet seitdem die Launches neuer Features wie Stories, die Live-Funktion, Instagram Direct – und dürfte damit indirekt die Marketing-Strategie von Brands und Influencern beeinflussen, wie kaum ein zweiter. OMR hat mit ihm über Kriterien neuer Produkte, den Einfluss vom Ad-Bereich auf seine Arbeit und die millionenschwere Industrie von 3rd-Party-Apps gesprochen.

OMR: Robby, Du bist Product Director bei Instagram. Wie sieht Dein Aufgabenbereich aus? Robby Stein: Im Prinzip arbeite ich an allem, das irgendwie damit zu tun hat, wie Menschen sich auf Instagram vernetzen und Inhalte teilen. Dazu gehört beispielsweise der Launch von Stories, die Live-Funktion und Messaging per Instagram Direct. Mein Team ist aber auch für eine ganze Reihe von interaktiven Tools wie den Fragestickern, Boomerang und Superzoom verantwortlich. Und Änderungen am Feed gehören auch dazu, unter anderem Alben.

Welchen Anspruch muss ein neues Feature erfüllen? Im Detail unterscheidet sich das natürlich von Produkt zu Produkt. Aber allgemein kann ich, glaube ich, sagen: Jeder dieser Launches hat dafür gesorgt, dass sich Menschen auf Instagram besser verbinden können. Zahlen zeigen uns, dass sie sich besser fühlen, wenn sie etwas teilen. Es ist unsere Mission, dass sich wir Menschen den Dingen näher bringen, die sie mögen und lieben. 

Erläuter das doch mal konkret anhand der beiden jüngsten Features: dem neuen Profil-Design und der „Close Friends“-Funktion für Stories. Der Punkt bei der neuen Profil-Version, die wir gerade testen, ist: Ein Profil soll ja den Menschen dahinter repräsentieren. Wenn ich dich noch nie getroffen habe, dann aber dein Profil sehe, sollte ich dich so gut es geht kennenlernen. Daher werden die Werte zu Followern und Following weniger prominent angezeigt, die Biographie dafür weiter oben und größer. Und zu „Enge Freunde“: Stories sind immer stärker zum Ort geworden, um die kleinen Momente des Alltags zu teilen, der Feed wird hingegen immer mehr für absolute Highlights genutzt. Mit dem Feature werden wir der Entwicklung gerecht und die Menschen können einfach einen Kreis enger Freunde bestimmen, die auch Stories sehen dürfen, die vielleicht nicht für jeden bestimmt sind. Sie fühlen sich also am Ende wieder den Menschen näher, die sie besonders mögen. 

Du hast die Veränderung der Nutzung des Feeds schon angesprochen. Mit ihr verschieben sich ja auch enorme Reichweiten und die Aufmerksamkeit immer mehr Richtung Stories. Konkurrieren die Produkte miteinander? Es sind ja tatsächlich zwei sehr unterschiedliche Produkte. Stories sind ein Full-Media-Viewer, mit dem die Community Content einfach hintereinander weggucken oder überspringen können. Das ist sehr eingängig und versteht jeder. Der Feed hingegen ist ein vertikales Format, das viel Platz benötigt und auch davon abhängig ist. Aktuell ist das Verhältnis aus unserer Sicht total stimmig und wir sind damit sehr zufrieden. Aber klar: Wenn ein Produkt mit der Zeit immer prominenter wird, ist es nur sinnvoll, diesem Produkt irgendwann auch mehr Platz einzuräumen.

Zum Beispiel in einer eigenen App? Nein, es gibt keine Pläne für eine extra Stories-App.

Das Produkt wird aber sicher noch weiterentwickelt, oder? Natürlich. Zum Launch gab es wirklich nur die Basis-Funktionen. Seitdem ist ja schon viel passiert: Augmented Reality Filter, Superzoom, die Abstimmungs-Funktion, die Musik-Integration…Trotzdem ist das alles erst ein erstes Paket an Funktionen und in einem oder zwei Jahren wird es noch viel mehr Dinge geben, die das Format noch abwechslungsreicher machen. Stories stecken immer noch in den Kinderschuhen. 

Dabei wäre es nicht das erste Instagram-Produkt, das eine eigene App erhält. Stichwort: Instagram Direct. Das ist richtig. Da befinden wir uns aber immer noch in der Test-Phase in einigen Märkten. Und lernen wirklich eine Menge. 

Wie steht es bei der Ausgliederung einzelner Funktionen in extra Apps um die User Experience? Ist es nicht eher umständlich, vor allem, wenn es um Funktionen wie Messaging geht, die noch Teil der Haupt-App sind? Ob es das Richtige ist, wissen wir auch noch nicht. Genau das testen wir gerade. Eine unabhängige App macht aber dann Sinn, wenn die Performance einer Funktion damit deutlich gewinnt. Und Messaging ist dafür ein perfektes Beispiel – weil es sowieso eine ziemlich einzigartige Produkt-Kategorie ist.

Warum einzigartig? Das hat mehrere Gründe. Zum einen benötigt eine Messaging-App einige recht smarte Features, die dafür sorgen, dass du sie wirklich jeden Tag mehrfach nutzt. Eine klare Push-Notification-Funktion beispielsweise. Wenn man nicht merkt, dass man Nachrichten bekommt, ist der Messenger kaputt. Zum anderen geht es bei Messaging immer auch um Schnelligkeit. Ist die Funktion in einer App integriert, leidet sie, weil mehrere Schritte notwendig sind – und das mehrfach pro Tag. Und auch Geschwindigkeit kann ein Thema sein. Mit der Messaging-Funktion in der Haupt-App lädt auch immer der Feed, das kann für einen Teil der Community mit wenig Datenvolumen, die trotzdem unterwegs im mobilen Netz schreiben wollen, relevant sein. Wir haben uns einfach folgende Frage gestellt: Kann man die beste Messenger-Experience innerhalb einer App abbilden, die im Kern kein Messenger ist? Wäre die Antwort „ja“ gewesen, würden wir jetzt mit Direct keine extra App testen.

Wenn Du wählen müsstest: Für welches Produkt aus dem Instagram-Kosmus würdest Du Dich entscheiden? Da habe ich keine Antwort drauf, man entscheidet sich ja auch nicht für eines seiner Kinder. Und was Leute häufig nicht verstehen: Der durchschnittliche User schaut sich eine oder mehrere Stories an, geht anschließend direkt auf die Profile von Freunden, scrollt durch den Feed und teilt Beiträge als Direktnachricht. In einer Session nutzen sie also locker drei Produkte.

Was ist mit IGTV? Das läuft eher schleppend an, oder? Das ist nicht mein individueller Fokus und wir können hier auch noch keine Daten teilen. Wir befinden uns aber noch an einem sehr frühen Zeitpunkt des Projektes, das wir im Prinzip ja gerade erst gestartet haben. Es laufen also immer noch viele Tests.  

Wie viel Zeit verbringst Du eigentlich im Schnitt mit dem Ad-Produkt von Instagram? Ich arbeite eng mit meinem Counterpart zusammen, der das Team des Ad-Produktes leitet. Auch wenn mein Fokus auf Consumer Products liegt, ist das natürlich eine sehr wichtige Beziehung. 80 Prozent der Menschen auf Instagram folgen Business-Accounts, viele suchen gezielt nach Brands und deren Content. Der Teil ist also fester Bestandteil der gesamten Experience. Umso wichtiger ist es, dass wirklich alle Produkte übergreifend zusammenpassen. Und um das zu gewährleisten, arbeiten wir eben so eng zusammen. Das war übrigens auch beim Entwickeln der ersten Designs für Story-Ads so.

Und wie eng ist die Zusammenarbeit mit 3rd-Party-Apps? Um Creative- oder Marketing-Tools, die die Instagram API nutzen, ist inzwischen eine millionenschwere Industrie entstanden. Wir arbeiten mit solchen Unternehmen zusammen und beobachten, was sie machen. Die API ermöglicht ja unter anderem Funktionen wie eine Sharing-Extension aus einer externen App heraus. Aus Spotify lässt sich beispielsweise direkt die Musik, die ein User gerade hört, in einer Story teilen. Das hat die Experience verbessert und hat genau diesen Zweck: dass Anwendungen gebaut werden, die wir vermutlich nicht priorisiert hätten. Wir suchen nach Chancen, wie dieser.

Abschließend noch ein Thema, über das immer wieder spekuliert wird: der Einfluss der Anzahl genutzter Hashtags auf die Reichweite eines Postings. Zuletzt hat fanpagekarma.com eine Studie veröffentlicht. Das Ergebnis: Posts mit 30 Hashtags haben im Schnitt die meisten Likes pro Follower, Posts mit 20 Hashtags haben rechnerisch die meiste Reichweite pro Follower. Ich kenne die Studie und die Daten dazu nicht. Ich glaube aber, dass sich das nicht so einfach ausrechnen und optimieren lässt. Wir optimieren den Feed für User Value. Es hängt also alles komplett von den persönlichen Interessen des Users ab. Mein Ratschlag an Publisher wäre: Fokussiert Euch darauf, Content zu kreieren, den viele Leute mögen und konsumieren wollen. Und verzettelt Euch nicht im Optimieren von Hashtags. Wenn wir das Signal bekommen, dass Content gut ankommt, bekommt der Content auch mehr Interaktionen im System. 

Danke für das Gespräch.

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Torben Lux
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Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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