Hismile: Wie zwei Australier mit lila Zahnpasta 600 Millionen Euro Umsatz machen wollen
Das steckt hinter dem Social-Hype um das Zahnpflegeprodukt
- Interesse an lila Zahnpasta auf historischem Höchststand
- Hismile: So hat das Unternehmen angefangen
- Mit Mikroinfluencern zur Reichweite
- Zahnpasta für 30 Euro
- Deutsche Copycats auf dem Vormarsch
Auf Social Media trenden derzeit Videos von Menschen, die mit lila Zahnpasta ihre Zähne weißen. Hinter dem Hype steckt das 2014 gegründete australische Startup Hismile. Das steuert in diesem Jahr auf 600 Millionen Euro Umsatz zu, Superstars wie Kim Kardashian werben regelmäßig für die Zahnaufheller. Wie haben die zwei Gründer das geschafft?
Sie schmieren sich stirnrunzelnd lila Creme auf die Zähne und grinsen Sekunden später mit strahlend weißen Beißern in die Kamera: „Teeth Whitening“, zu deutsch: Zähneweißen, ist ein neuer Social Media Trend aus der Dental Health Community. Dort findet sich millionenfach geklickter Content rund um Zahnhygiene, von Zahnstein geplagte Mundhöhlen wetteifern gegen Zahnseide-Anleitungen um Klicks, Zahnfluencer bewerben überschwänglich den Nutzen morgendlicher Ölspülungen oder teilen ihre neuesten „Dental Lifehacks“. Allein der Hashtag „dentalhygiene“ kommt auf Tiktok auf über eine Milliarde Aufrufe.
Interesse an lila Zahnpasta auf historischem Höchststand
Die lila Zahncreme V34 von Hismile hat in den letzten Monaten besonders viel Aufmerksamkeit gewonnen, auch über die Dental Health Community hinaus. Das Produkt verspricht strahlend weiße Zähne in nur 30 Sekunden. Social-Media-Schwergewichte wie die britischen Sängerinnen Rita Ora und Lilly Allen oder Stranger-Things-Star Milly Bobby Brown zeigen sich in Videos damit.
Laut der Trend-Plattform Exploding Topics stiegen die Google-Suchanfragen nach lila Zahnpasta im vergangenen halben Jahr um rund 500 Prozent, auch Google Trends selber weist so viel Interesse am Keyword „purple toothphaste“ aus, wie nie zuvor.
Hismile: So hat das Unternehmen angefangen
Hinter Hismile stecken zwei australische Jungunternehmer Mitte 20, die längst zu den Stars der dortigen Startup-Szene zählen. Unter anderem wurden sie von der Australischen Financial Times gerade mit einem angeblichen Vermögen von umgerechnet jeweils rund 75 Millionen Euro zum wiederholten Mal in die „Young Rich List“ für aufstrebende Unternehmer aufgenommen. Ihr acht Jahre altes Startup soll laut The Times UK in diesem Jahr auf dem Weg zu rund 600 Millionen Euro Umsatz sein.
Angefangen hätten Nik Mirkovic und Alex Tomic, zwei Jungs von der australischen Ostküste, mit einem Startkapital von gerade einmal 20.000 australischen Dollar, umgerechnet rund 12.000 Euro. „Viele ließen sich die Zähne aufhellen, aber niemand hatte dabei eine gute Erfahrung“, sagt Nik Mirkovic im The Frankie Lee Business Podcast. Sie hätten sich Rat von bekannten Unternehmern gesucht, mit Chemikern Formeln erprobt und einen Hersteller in Belgien gefunden, von dem sie eine erste Charge aufhellender Zahnpasta produzieren lassen, 5.000 Stück.
Mit Mikroinfluencern zur Reichweite
Sie verschicken die kleinen Zahnpastaboxen mit dem schicken Verpackungsdesign an kleinere Influencer mit tausend bis dreitausend Followern gratis und bitten um Feedback. Das kommt zahlreich: „Die Leute haben es einfach freiwillig auf Social Media geteilt“, sagt Nik Mirkovic. Nach 18 Monaten hätten sie umgerechnet rund sechs Millionen Euro durch Verkäufe eingenommen. Und den Entschluss gefasst, mehr Budget in Influencer Marketing zu investieren.
Es folgten Kooperationen mit Social Media Giganten wie dem MMA-Kämpfer Conor McGregor und 2016 die erste Kooperation mit Kylie Jenner, einer Social Media Ikone aus der Kardashian-Familie. Mittlerweile wirbt auch Schwester Kim Kardashian, mit fast einer halbe Milliarde Follower eine der erfolgreichsten Influencerinnen der Welt, regelmäßig für Hismile. Kostenpunkt für ein Video: laut Dailymail bis zu 580.000 Euro.
Zahnpasta für 30 Euro
Die Strategie zahlt sich aus: Hismile selbst hat heute 1,5 Millionen Follower auf Instagram, 3,4 Millionen auf Tiktok. Der Umsatz lag 2022 bei rund 58 Millionen Euro. Hismile ist Marktführer für Zahnweißer-Produkte in Australien und Neuseeland, die Expansion in die USA und nach Großbritannien soll den Umsatz in diesem Jahr verzehnfachen. Vergangene Woche startete Boots, die größte britische Apothekenkette, den Verkauf von Hismile-Produkten.
Zum Hismile-Sortiment zählen Zahnbürsten, Aufhellpuder, Zahnpasta in Geschmacksrichtungen wie Wassermelone, Mango-Sorbet, Pfirsich-Eistee, Kokosnuss. Eine Zahnpasta kostet bis zu elf Euro. Ihr Flagship-Produkt aber ist die lila Zahnpasta V34 mit Aufhelleffekt im schicken Design, das an einen Seifenspender erinnert. 30 Milliliter kosten bis zu 29 Euro. Zum Vergleich: Eine ähnliche Tube vom Colgate-Konzern kostet bei der Drogeriekette Müller 2,95 Euro und hat mehr als doppelt so viel Inhalt.
Deutsche Copycats auf dem Vormarsch
Mittlerweile mehrt sich auf Social Media Kritik an V34. „Ich dachte mir sogar meine Zähne sind gelber als vorher“, heißt es in einem solchen Video etwa. Zahnärzte sprechen sich seit Jahren kritisch aus gegen solche Zahnfärbemittel. Auch bei Hismile gibt es einen Haken: Der Effekt scheint nur temporär und die weiße Farbe kann schon mit einfachem Wassertrinken weggespült werden. Hismile wirbt deshalb damit, vor allem für Events geeignet zu sein, wo man kurzfristig weißere Zähne haben will. Explizit erwähnt wird dieser temporäre Effekt auf der Produktseite des Hismile-Shops jedoch nicht.
Auch hierzulande gibt es bereits erste Copycat-Startups nach australischem Vorbild. Herosmile aus Soltau in Niedersachsen etwa bewirbt auf Tiktok mithilfe von Influencern seit einigen Monaten eine 30 Milliliter Tube lila Zahnpasta für knapp 30 Euro. Erste Creator raten von dem Produkt bereits ab.