So wollen Knossi, Trymacs und viele Promi-Investoren die Ghost-Kitchen-Idee neu erfinden

Torben Lux25.5.2023

Neben den Streamern investieren unter anderem Holtzbrinck Ventures, der Rapper Luciano und bekannte Gründer in das Startup "Lanch"

Happy Slice Pizza Trymacs Knossi Lanch
Trymacs (l.) und Knossi im Promo-Video ihrer neuen Pizza-Brand "Happy Slice".
Inhalt
  1. Vom Fahrrad in die Gründerszene
  2. Erfahrene Mitgründer…
  3. …und prominente Investoren
  4. Wie sich Lanch von typischen Ghost-Kitchen-Konzepten unterscheiden will
  5. Der Spagat zwischen Aufmerksamkeit und Qualität
  6. Was nach Happy Slice kommen soll und die Vision von Lanch

Der größte Restaurant-Launch Europas, 70 Filialen über Nacht, Bus-Tour – die Promo zum Start der Pizza-Marke „Happy Slice“ ist reich an Superlativen. Klar: Immerhin steigen mit Knossi und Trymacs zwei der erfolgreichsten Streamer Deutschlands ins Food-Delivery-Business ein. Lanch, das Startup dahinter, will sich als Whitelabel-Lösung etablieren, mit „Loco Chicken“ von Rapper Luciano stehe die nächste Marke bereits in den Startlöchern. Viele prominente Investoren glauben an die Idee. OMR hat mit den Gründern gesprochen und erklärt das ambitionierte Vorhaben.

Rapper Capital Bra hat eine, sein Branchen-Kollege Haftbefehl gemeinsam mit ihm ebenfalls, sogar das Team des Erfolgs-Podcasts „Baywatch Berlin“ um Klaas Heufer-Umlauf, Jakob Lundt und Thomas Schmitt findet man inzwischen im Tiefkühlregal. Nach Getränken wie Eistee und Limonaden scheint Fast Food zum beliebtesten Auswuchs der Creator Economy zu avancieren. Eine klassische Creator-Brand will „Happy Slice“, die neue Marke der Streamer Knossi und Trymacs, aber nicht sein. Sie ist – vorerst – nur als Bestell-Pizza über Plattformen wie Lieferando und Uber Eats erhältlich. Das soll allerdings erst der Anfang sein. 

Vom Fahrrad in die Gründerszene

„Happy Slice“ unterhält, ähnlich wie man es schon von der Pizza-Brand „Milano Vice“ oder „MrBeast Burger“ in den USA kennt, keine eigenen Restaurants, Lokale oder Küchen. Man arbeitet mit bestehenden Restaurants zusammen, die bereits Erfahrungen mit Lieferdienst-Plattformen haben. Das müssen nicht zwingend Pizzerien sein; Restaurants, denen es an Equipment fehlt, werden entsprechend beliefert. Die Brand, das Produkt, Zutaten, Marketing – all das liefert „Happy Slice“. Der Partner sorgt dann nur für die Zubereitung und Auslieferung. So das Geschäftsmodell in aller Kürze erklärt.

Hinter „Happy Slice“ steht die Lanch GmbH. Das Startup hat in den vergangenen Monaten im Stealth-Modus auf diese Woche hingearbeitet. Einer der Gründer ist Nono Konopka. Gemeinsam mit Maximilian Jabs war er 2018 und 2019 mit dem Fahrrad von Berlin nach Peking gefahren; die eigens produzierte Doku „Biking Borders“ ist unter anderem auf Netflix zu sehen. Das im Anschluss gegründete Startup Culturly ging im Mai 2022 an die Grewp GmbH. 

Nono Konopka

Während der anschließenden Auszeit spricht er mit einem befreundeten Youtuber. „Er würde sehr gerne eine eigene Marke starten – aber eben nicht in Form des nächsten Eistees, der nächsten Tiefkühlpizza und so weiter. Sein Traum sei ein eigenes Restaurant“, so Konopka gegenüber OMR. Als kurz darauf ein Freund von den Herausforderungen seiner neuen Pizzeria in München berichtet, macht es Klick. „Es gibt diese zwei Parteien, die direkt noch nie etwas miteinander zu tun hatten. Und wenn man sie zusammenbringt, könnten sie beide profitieren.“ 

Erfahrene Mitgründer…

Neben Nono Konopka, der knapp 42 Prozent am Unternehmen hält, starten außerdem Jonas Meynert (19,5 Prozent), Kevin Kock (2,1 Prozent) und Dominic Kluge (0,7 Prozent) im Gründungsteam bei Lanch. 

Kevin Kock war bis Ende 2022 Head of Expansion bei der Delivery Hero HF Kitchens GmbH und schon als Head of Operations und Shareholder von Honest Food am Exit an Delivery Hero beteiligt. Auch Dominic Kluge war bis Ende 2022 bei Honest Food, als Head of Culinary. „Er ist seit 15 Jahren Meisterkoch, hat im Ritz Carlton Fine Dining gemacht. Er baut gemeinsam mit Creator*innen die Produkte“, sagt Nono Konopka. Die Entwicklung der Pizzen von Happy Slice habe etwa ein Jahr lang gedauert. „Wir haben 20 Tastings mit fast 2.000 Leuten gemacht. Wir haben 70 verschiedene Tomatenmarks ausprobiert.“

Auch Robin Steps, Gründer und bis Anfang 2022 Managing Director von Honest Food, ist mit 0,4 Prozent am neuen Startup beteiligt, nimmt allerdings keine operative Funktion ein. Honest Food hatte seit der Gründung 2017 voll auf das Ghost-Kitchen-Konzept gesetzt, 2019 übernahm Delivery Hero das Unternehmen. 

…und prominente Investoren

Kevin Kock

„Am Ende hatten wir knapp 1.400 Franchise-Partner, in fünf Jahren aber natürlich auch einige Fehler gemacht. Insgesamt ist das natürlich ein riesiger Vorteil“, erklärt Kevin Kock im Gespräch mit OMR. „Wir wissen, wie das Geschäft funktioniert, wie die Preise funktionieren, wie Restaurants funktionieren, wie man Partner abholt und begeistert, wie man skaliert, in neue Länder expandiert und mit welchen Plattformen man wie arbeitet. „Diese Expertise dürfte für das Geschäftsmodell von Lanch eine elementare Rolle spielen – und auch bei den ersten Gesprächen mit den späteren Gesellschaftern sicher geholfen haben. 

2,5 Millionen Euro sammelt Lanch bereits Ende 2022 in einer Pre-Seed-Finanzierungsrunde ein. Neben den Gründern und der Honest-Food-Connection steht mit 19,5 Prozent außerdem noch die Angel-Investment-Plattform Bunch in den Büchern. Über Bunch lassen sich mehrere Angels mittels eines „Poolings“ in einer Gesellschaft zusammenfassen. Im Fall von Lanch liest sich die Liste wie ein kleines Who-is-Who der deutschen Gründerszene. „Wir haben die Gründer von Flixbus, Flaschenpost, Gorillas, Foodora, Foodspring und Appinio drin. Diverse weitere Gründer und Entscheidungsträger von Lieferplattformen, jemanden von Hello Fresh sowie die Gründer von Odaline und Hashtag You“, sagt Nono Konopka. „Aber eben auch Mario Götze, André Schürrle, Knossi, Trymacs, Luciano und HV Capital. Insgesamt sind es rund 20 Parteien, worüber wir sehr glücklich sind.“

Mit dem Ex-Fußball-Profi André Schürrle hatte Konopka bereits 2021 ein gemeinsames Podcast-Format. Rapper Luciano – der 29-Jährige war im vergangenen Jahr Genre-übergreifend der meistgestreamte deutsche Künstler auf Spotify; Album und Single („Beautiful Girl“) mit den meisten Plays gehen ebenfalls auf sein Konto – soll mit der Marke „Loco Chicken“ bereits in den Startlöchern stehen. Mit „Loco Juice“ hat er bereits 2021 seinen eigenen Fruchtsaft auf den Markt gebracht, auf seinem Instagram-Account wirbt er bereits für „Loco Liqa“, offenbar eine Marke für alkoholische Mix-Getränke. Mit HV Capital (HV Holtzbrinck Ventures Fund VIII, ca. 9,5 Prozent) ist außerdem einer der hierzulande renommiertesten Risikokapitalgeber mit an Bord. 

Wie sich Lanch von typischen Ghost-Kitchen-Konzepten unterscheiden will

Eine gewisse Ähnlichkeit zu den bereits genannten Marken Milano Vice und MrBeast Burger ist nicht von der Hand zu weisen. Und natürlich erinnert alles auch sehr an die bekannten Funktionsweisen von Ghost Kitchens. Trotzdem will Lanch, zum Auftakt mit Happy Slice und direkt im Anschluss mit Loco Chicken, vieles anders machen. „Die Grundidee ist es, ein House of Brands aufzubauen und gemeinsam mit Creator*innen etwas komplett Neues zu schaffen, das zur jeweiligen Community passt“, betont Nono Konopka. „Vom Produkt über das Packaging bis zum Branding. Aber ganz klar im Fokus: Es soll sehr gutes Essen sein.“

Man habe sich zwar natürlich auch das Konzept von MrBeast angeschaut. „Das, was wir machen, ist allerdings fundamental anders, als nur eine Virtual Kitchen“, so Konopka weiter. Man starte zwar mit dem Liefergeschäft, „es folgen aber für die jeweilige Marke eine eigene App, die Communitys sollen über die Weiterentwicklung mitbestimmen, es wird Zugang zu exklusiven Creator Events und Gewinnspiele geben“, sagt der Gründer. Mittel- bis langfristig sollen entsprechende Produkte auch im Einzelhandel landen. 

Der Spagat zwischen Aufmerksamkeit und Qualität

Dass die Promophase zum Start einer Marke von Knossi und Trymacs nicht gerade klein ausfallen dürfte, war zu erwarten. Etwa zeitgleich gingen zum Start am Donnerstag die Webseite der Marke, ein vorproduziertes Video mit prominenter Unterstützung auf Youtube-Kanälen der beiden Creator, die von Konopka angesprochene App, dutzende Instagram-Posts sowie Linkedin-Videos der Gründer und Investoren live. Außerdem wird Kanal-übergreifend für ein Gewinnspiel geworben (Hauptgewinn: ein Ford Mustang im Wert von 55.500 Euro), das sich bekannter Mechanismen bedient und Follower für den Instagram-Account der Marke generieren soll. Bei vielen Creatorn und Medien landeten am Donnerstag Pakete mit lebensgroßen Pappaufstellern von Knossi und Trymacs, in einem gemeinsamen Livestream auf Twitch sprachen beide über den Start der Marke, ab Freitag sind sie per Promo-Bus in Köln, Hamburg, Berlin und Chemnitz unterwegs.

Man muss auch hier keine hellseherischen Fähigkeiten haben: Schon bei der Reichweite nur eines Kanals der beiden Creator wäre die Aufmerksamkeit groß. All die Maßnahmen dürften entsprechend für einen starken Hype zum Launch sorgen. Aber kann der auch eine Lieferserivce-Marke langfristig tragen? Das Team von Lanch ist sich natürlich sicher. „Was wir machen, ist eine Brand zu bauen, die auch so funktionieren würde. Auch nach der emotionalen Aufladung durch Creator. Deshalb heißt die Marke auch nicht Knossi- oder Trymacs-Pizza“, sagt Nono Konopka. Happy Slice sei im Vorfeld ausgiebig auf vielen Plattformen in Deutschland getestet worden. „Ohne das Branding, quasi als Whitelabel-Marke. Um zu gucken, wie die Prozesse funktionieren, was bei den Leuten gut ankommt, welche Partner wie arbeiten und so weiter“, so Konopka.

Was nach Happy Slice kommen soll und die Vision von Lanch

In den zum Start 70 verfügbaren Partner-Restaurants – alleine für Happy Slice peilt das Startup bis Ende des Jahres 200 an – soll jeden Tag eine geschulte Person vor Ort sein. Insgesamt habe man über die vergangenen zwei Monate 180 Freelancer geschult. „Wirklich jeder Partner soll zu 100 Prozent gleichbleibende Qualität liefern und mit den von uns gelieferten Zutaten auch umgehen können“, sagt Kevin Kock. „Dafür gibt es in jeder Region operative Manager, die Trainings machen, neue Mitarbeitende schulen, regelmäßig vor Ort sind, Test-Bestellungen machen.“

Ein erstes Umsatzziel für das junge Startup wollen die Gründer nicht kommunizieren. Ein Partner-Restaurant in einem guten Liefergebiet könne allerdings realistisch hohe sechsstellige Umsätze im Jahr machen, ist man sich sicher. Mit der Marge aus dem Lieferservice-Geschäft, die bei Lanch bleibt plus den geplanten Verlängerungen über den Einzelhandel, Merchandising & Co. können man „mit zwei bis drei Marken in einem Land ein großes Unternehmen bauen.“ In Deutschland sollen nach Lucianos „Loco Chicken“ zeitnah zwei großer Creatorinnen folgen, für die internationale Expansion sei eine weitere Finanzierungsrunde geplant. 

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Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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