Got Bag: Wie dieses Startup mit Rucksäcken aus Plastik achtstellige Umsätze generiert
Mit Mysteryboxen, Segelboot-Verlosungen und PR-Kooperationen baut sich diese Öko-Brand eine Community auf
- Meere voller Plastik
- Was nicht recycelt wird, landet in der Zementfabrik
- Lokalmedien sorgen für PR
- Daria Daria legt den Online-Shop lahm
- Drops heizen die Community an
- Achtstellige Umsätze im dritten Jahr
Das 2016 gegründete Startup Got Bag produziert nachhaltige Rucksäcke aus Meeresplastik und macht im dritten Jahr schon einen achtstelligen Umsatz. Im Gespräch mit OMR erklärt Gründer Benjamin Mandos, wie sie 130.000 Insta-Follower generierten, wieso sie Mysteryboxen per Drop verkaufen und wieso Got Bag kürzlich ein 15.000 Euro teures Segelboot verloste.
Meere voller Plastik
„Wir haben beide eine Vorliebe für’s Meer“, erklärt Benjamin Mandos auf die Frage, wieso er und sein ehemaliger Geschäftspartner Roman Ruster im Jahr 2016 Got Bag gründeten. „Ich war mit meinem Vater häufig segeln in Flensburg“, sagt Mandos, Ruster hingegen hätte in seiner Heimat Tel Aviv schon früh Surfen gelernt.
Als Kameramann und später Videoagenturgründer reist Mandos viel, dreht auf Thailand oder in Brasilien. Und überall begegnet ihm dasselbe Problem: Plastik. „Die Meere sind voll davon, echte Lösungsansätze aber selten“, sagt er. Daraus entsteht eine Business-Idee: Einen Rucksack aus recycletem Plastik herstellen. Rucksäcke sind ideal, denn sie müssen nicht gewaschen werden, geben kein Mikroplastik ab und sind bei Reisenden – wie den beiden Gründern – beliebt. Plastik gibt es zuhauf in den Meeren, es muss nur verwertet werden.
Was nicht recycelt wird, landet in der Zementfabrik
Aber was ist der erste Schritt? Mandos und Ruster organisieren zunächst Cleanups. Das heißt, sie akquirieren über eine NGO Fischer, die für sie den Müll aus den Meeren herausfischen und am Strand sammeln. Die ersten Cleanups finden entlang der Küsten Spaniens und Frankreichs statt, später vor allem in Indonesien, „einem der Epizentren der Plastikverschmutzung“, wie Mandos sagt.
Aus den Cleanups heraus entwickeln sie einen ersten Produktionsschritt, wie er auch heute noch besteht: Rund 2.300 Fischer aus Indonesien sammeln aktuell für Got Bag Plastik aus den Meeren und bringen es zum Recyclen. Was verwertet werden kann, lassen sie reinigen, häckseln und zu Polyestergarn weiterverarbeiten, woraus lokale Näherinnen Produkte anfertigen. Was nicht verwertet werden kann, etwa weil es zu lange im Meer schwamm, landet in einer indonesischen Zementfabrik. Dort wird es zur Energiegewinnung genutzt.
Lokalmedien sorgen für PR
Im November 2018 sind noch bedeutend weniger Fischer für Got Bag unterwegs. In Deutschland starten die beiden Gründer dennoch eine Got Bag Kickstarter-Kampagne. Mit den 28.000 Euro Funding-Einnahmen bauen sie einen kleinen Webshop und lassen die ersten Rucksäcke anfertigen. Ruster zieht sich zum Jahreswechsel aus dem Geschäft zurück, Mandos bleibt. Im ersten Geschäftsjahr verkauft er nur ein einziges Modell: Einen mittelgroßen Rucksack mit Rollbund und Klippverschluss.
Für erste Aufmerksamkeit sorgen lokale Medien. „Das war die Zeit, als die Plastikproblematik ins allgemeine Bewusstsein vordrang“, sagt Mandos. Got Bag stammt aus Mainz, die Mainzer Allgemeine Zeitung oder kleinere Radiosender hätten deshalb über sie berichtet. Parallel macht sich Mandos, der durch seinen Beruf ein Händchen für Video- und Fotoaufnahmen hat, daran einen Instagram-Account aufzubauen. Dort und auf Facebook schalten sie die ersten Paid Ads, insgesamt geben sie – mittlerweile fand sich in Marketingmanager Martin Keiffenheim ein neuer Co-Geschäftsführer – laut eigener Aussage 150.000 Euro dafür im ersten Jahr aus. Dazu setzen sie einen Newsletter für ihre wachsende Community auf, der zwei bis drei Mal pro Woche erscheint.
Daria Daria legt den Online-Shop lahm
Im ersten Jahr hätten sie bereits einen niedrigen siebenstelligen Umsatz generiert. Dazu beigetragen hätten auch Influencer-Kooperationen, die Got Bag früh eingegangen sei. Für die erste erfolgreiche hätten sie Madeleine Alizadeh alias Daria Daria engagiert. „Die hat unseren Online-Shop lahmgelegt“, sagt Mandos. Allein durch ihre Stories hätte sie bis heute rund 750 Code-Einlösungen generiert.
Heute folgen Got Bag rund 130.000 Follower auf Instagram und Kooperationen sind ein fester Bestandteil der Marketingstrategie. „Sie sind der beste Weg für uns neue Communitys zu erreichen, die uns sonst verschlossen blieben“, sagt Mandos. Aktuell bietet Got Bag beispielsweise eine Sonderkollektion an, die gemeinsam mit Promi-Fotograf Paul Ripke entstand und für die er auch auf seinen Social-Media-Kanälen wirbt. Auch mit der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd hat sich Got Bag zusammengetan und eine gemeinsame gebrandete Rucksack-Edition entworfen.
Drops heizen die Community an
Besonders häufig nutzt Got Bag Gewinnspiele als Marketinghebel. Im vergangenen März verlosen sie beispielsweise Mysteryboxen. Das sind 199 Euro teure Boxen, deren Inhalt – bis darauf, dass ein Rucksack darunter ist – die Käufer erst beim Öffnen derselben erfahren. Tatsächlich finden sich dort auch Goodies von anderen nachhaltigen Startups wie The Nu Company oder Soulbottle. Um die Community anzuheizen, veranstaltet Got Bag häufig Drops: Sie kündigen Verlosungen an oder bewerben limitierte Rabattcodes für neue Kollektionen Wochen vor dem Launch auf Social Media.
„Die Drop-Mechanik ist perfekt für uns“, sagt Mandos. Die Boxen seien innerhalb eines Tages ausverkauft gewesen. Eine andere Gewinnspiel-Strategie: Einfach mal etwas Ausgefallenes verlosen. Wie zum Beispiel ein Segelboot im Wert von 15.000 Euro. „Wir wollten Follower aufbauen und für Aufsehen sorgen“, sagt Mandos. Letztlich habe das Gewinnspiel mit dem „Markiere-drei-Freunde“-Hebel laut eigener Aussage für rund 20.000 neue Instagram-Follower gesorgt. Die Story der zwei Gewinner:innen wollen sie weiter verfolgen, mitfilmen und auch für Social Media weiter aufbereiten.
Achtstellige Umsätze im dritten Jahr
Seit Mandos Ende 2018 den ersten Rucksack verkauft hat, ist der Umsatz beträchtlich gewachsen. Für das Jahr 2021 soll er laut eigener Aussage bereits im achtstelligen Bereich liegen. Zwar sei der erste entworfene Bagpack mit dem Rollbund und Klippverschluss noch immer noch Bestseller. Mittlerweile gibt es aber auch Reisetaschen, Hoodies und seit vergangenen Monat eine Kinder-Kollektion.
Rund 70 Prozent der Verkäufe würden über den eigenen Online-Shop generiert, der Rest entsteht im Handel. Aktuell gibt es rund 350 Retailer für Got Bag Produkte im Dach-Raum wie Kauf dich glücklich, Peoplesplace oder Glore. Jeder Rucksack besteht aus rund 3,5 Kilogramm Plastikabfall – Abfall, der andernfalls wohl weiter vor der Küste Indonesiens im Meer geschwommen wäre.