Paukenschlag? – Was wirklich hinter Googles Third-Party-Cookie-Ankündigung steckt

Google verpflichtet sich öffentlich dazu, Nutzer künftig nicht mehr einzeln zu tracken

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Inhalt
  1. Google will User nicht mehr einzeln tracken
  2. Von One-to-One zum One-to-few
  3. Ein schlaues PR-Manöver?
  4. Ist das Statement gleichzeitig eine Warnung?
  5. „Google wird den Werbemarkt weiter an sich reißen“

Es klang zunächst nach einem Paukenschlag: „Google plans to stop selling ads based on individuals’ browsing across multiple websites, a change that could hasten upheaval in the digital advertising industry“, schrieb gestern beispielsweise das Wall Street Journal. Viele andere Medien berichteten ebenfalls ähnliches. Was passiert da gerade? Dreht Google das gesamte Geschäftsmodell um? OMR versucht, die News zu entschlüsseln und erklärt die Hintergründe.

Die aktuelle Berichterstattung geht auf eine Ankündigung von Google-Manager David Temkins in einem offiziellen Unternehmensblog von Google zurück. Der zentrale Satz daraus: „Today, we’re making explicit that once third-party cookies are phased out, we will not build alternate identifiers to track individuals as they browse across the web, nor will we use them in our products.“

Google will User nicht mehr einzeln tracken

Dass Google Third Party Cookies (also solche, die nicht von der Website, die der Nutzende gerade besucht, gesetzt werden, sondern beispielsweise von Werbevermarktern und anderen Online-Werbedienstleistern) innerhalb des Google-eigenen Browsers Chrome abschaffen wird, hat das Unternehmen bereits im Januar 2020 angekündigt – Apple und Mozilla, die beiden anderen Browser-Anbieter, hatten da schon ähnliche Schritte eingeleitet oder sogar bereits umgesetzt.

Im Januar 2021 stellte Google dann die „Privacy Sandbox“ sowie ein neues Modell für interessensbasierte Werbung vor: „Federated Learning of Cohorts“, kurz Floc (Kollege Martin hatte damals auch im OMR Daily Newsletter darüber geschrieben). Damit will Google es möglich machen, dass User noch innerhalb des Browsers auf ihrem eigenen Endgerät bestimmten interessensbasierten Kohorten zugewiesen werden.

Von One-to-One zum One-to-few

Google will also auch in Zukunft interessensbasierte Werbung verkaufen und ausspielen. Die User sollen dabei aber nicht mehr einzeln getrackt werden, sondern nur innerhalb von Nutzergruppen. Beides war jedoch zuvor bereits bekannt.

Was also ist die große Neuigkeit? Zum einen bekennt sich Google erstmals öffentlich dazu, außer dem Kohorten-basierten Tool Floc keine solche Alternative zu Third-Party-Cookies zu entwickeln und nutzen, mit der einzelne Nutzer getrackt werden. Andere Branchenunternehmen versuchen aktuell unterdes, solche Alternativen zu entwickeln. Das Adtech-Unternehmen The Tradedesk (gemeinsam mit mehreren Partnern) beispielsweise, unter dem Namen Unified ID 2.0.

Ein schlaues PR-Manöver?

Die andere Neuigkeit ist der beschleunigte Zeitplan: Noch in Q2 sollen erste Google Advertiser Floc testen können. Chrome-User sollen (wie schon im Januar angekündigt) im April auf erste, neue Privacy-Sandbox-Einstellungen (zunächst eine simple Ein-Aus-Funktion) zugreifen können.

Googles gestriger Blog-Eintrag könnte auch als geschickter PR-Move gelesen werden, um eine Entwicklung, die sowieso als unabdingbar gilt (die Tech-Firmen spekulieren womöglich darauf, mit der Abschaffung von Third Party Cookies einer noch rigoroseren staatlichen Regulierung zuvorkommen zu können), als von Google entscheidend mit vorantrieben darzustellen.

Ist das Statement gleichzeitig eine Warnung?

Die Aussage „Wir werden weder eine Third-Party-Cookie-Alternative bauen, noch eine solche in unseren Produkten nutzen“ könnte darüber hinaus auch als Warnung gegenüber anderen Unternehmen in der Branche interpretiert werden, dass Google solche Alternativen in der Google-Produktwelt (zu der mit Chrome der meistgenutzte Browser der Welt gehört) nicht erlauben wird. „Google’s Message To The Ad Industry: We Won’t Build Our Own Third-Party Cookie Alternatives (And We Don’t Want You To Either)“, schreibt dementsprechend der US-Adtech-Blog Adexchanger.

Diese Lesart liegt insbesondere deswegen nahe, weil Google-Manager David Temkins in dem Blog-Eintrag die Praktiken anderen Branchenvertreter explizit benennt: „We realize this means other providers may offer a level of user identity for ad tracking across the web that we will not — like PII graphs based on people’s email addresses.“ Die von The Tradedesk mit ins Leben gerufene Initiative Unified ID 2.0 baut nach eigenen Angaben auf „hashed and encrypted email addresses“ auf.

„Google wird den Werbemarkt weiter an sich reißen“

Googles Bekanntgabe sowie die sie begleitende Berichterstattung sind dementsprechend in der Online-Marketing-Branche kontrovers diskutiert worden. „Google ist sich jetzt sicher, dass sie keine Cookies mehr brauchen, um dir die richtige Werbung auszuspielen“, schrieb beispielsweise Johannes Beus, Gründer des SEO-Tools Sistrix bei LinkedIn und Facebook. „Das Ergebnis? Google wird den Werbemarkt (zusammen mit FB haben sie schon 74 Prozent) weiter an sich reißen – wenn andere Marktteilnehmer Glück haben, dürfen sie Googles ‚privacy-preserving API‘ vielleicht mit nutzen.“

Dieser Text ist gestern in leicht abgewandelter Form im OMR Daily Newsletter erschienen. Ihr wollt jeden Tag über den neuesten OMR-Artikel sowie über die wichtigsten Ereignisse der Branche informiert werden? Dann abonniert den Newsletter und bekommt jeden Tag drei Newsbites in den Posteingang, die Ihr nur im OMR Daily Newsletter lesen könnt!

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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