„Ewhoring“ mit Fake-Webcam-Chats: Mit dieser krassen Masche zocken Betrüger im Netz notgeile Männer ab

ewhoring
Inhalt
  1. „Black Hats“ verdienen mit dieser Methode angeblich mehrere Tausend US-Dollar täglich
  2. Die Einstiegshürden sind niedrig
  3. Scammer prahlen in Videos und Foren mit ihren Einnahmen

„Black Hats“ verdienen mit dieser Methode angeblich mehrere Tausend US-Dollar täglich

ewhoring Ein Mann lernt eine angebliche Frau im Netz kennen, beide chatten über Webcam miteinander, es knistert, wird explizit, die Frau zeigt Haut. Am Ende „bedankt“ sich der Mann mit einem Geldgeschenk bei seinem Gegenüber. Doch: Am anderen Ende der Leitung sitzt gar keine Frau — und der Chat fand gar nicht live statt. Vielmehr wurde der Mann zum Opfer von „Ewhoring“. Bei dieser Masche geben sich Betrüger im Netz als Frauen aus, simulieren Webcam-Chats mittels spezieller Software – und verdienen damit teilweise offenbar mehrere Tausend US-Dollar am Tag. Wir haben uns für Euch in die tiefsten Niederungen der Black-Hat-Szene hinabbegeben, um die Methoden der „Ewhores“ zu recherchieren. Sich als Frau ausgeben, um dem Gegenüber Geld aus der Tasche zu ziehen, ist in der Online-Scammer-Szene schon seit Langem eine weit verbreitete Praxis. Bisher verkauften die Scammer ihrem Gegenüber Nacktbilder, oder sie erschlichen sich das Vertrauen ihrer Opfer, um diese irgendwann so manipulieren zu können, dass sie ihnen freiwillig Geld übermitteln – wegen angeblicher finanzieller Nöte, oder um damit eine Reise zu finanzieren, damit sich beide Parteien treffen können, die aber nie stattfindet. In der Szene hat sich für diese Praxis der Begriff „Ewhoring“ etabliert – sie dürfte so alt sein wie das Internet.

Die Einstiegshürden sind niedrig

In den vergangenen Jahren hat das Phänomen durch den technologischen Fortschritt jedoch offenbar eine neue Qualität und damit auch neue Ausmaße erlangt. Mit gefakten Webcam-Chats lässt sich offenbar noch einfacher und in größerem Umfang Geld erschwindeln. Die dafür notwendigen Mittel sind für jeden einfach und ohne größere Kosten zugänglich: Im Netz lassen sich Erklärvideos auf Youtube, Ebooks zum Kaufen, eigene Unterforen zu „Ewhoring“ und kostenlose ausführliche Erklärungen finden. „Es ist total einfach, in wenig Zeit mit geilen Männern leichtes Geld zu verdienen“, heißt es dort etwa.

Die Scammer benötigen dafür nur wenig: Über eigens dafür gedachte Services lässt sich leicht eine neue, virtuelle Identität erstellen; Profile bei den gängigen sozialen Netzwerken sind ebenfalls schnell angelegt. In Foren und auf Tauschbörsen wird zudem mit so genannten „VCW-Paketen“ („Virtual Cam Whore“) gehandelt, die mehrere vorkonfektionierte Videos beinhalten, die eine Frau beim Videochatten zeigen. Durch spezielle Software ist es möglich, eine Aufnahme als Loop zu spielen, ohne dass es Ruckler oder Hänger gibt. Bestimmte Handlungen (winken, aufstehen) können auf Klick „abgespielt“ werden. So kann der Scammer auf Aufforderungen des Opfers reagieren, um dieses davon zu überzeugen, dass der Chat wirklich live stattfindet. Die Schnipsel dürften entweder von professionellen Cam-Girls, oder noch schlimmer: aus privaten Chats gestohlen sein.

Ein Beispiel für ein "Ewhoring"-Nutzerpanel (Quelle: The Kernel)

Ein Beispiel für ein „Ewhoring“-Nutzerpanel (Quelle: The Kernel)

Ihre Opfer finden die Scammer auf Chat-Seiten. Auch hierfür lassen sich im Netz viele Anleitungen finden. Sehr beliebt ist offenbar die Seite Chat-Avenue.com.

Scammer prahlen in Videos und Foren mit ihren Einnahmen

Einige der Scammer nutzen die Methode, um mittels Affiliate Marketing Provisionen von Porno-Seiten zu kassieren. Im Forum von Blackhatworld.com empfiehlt ein Mitglied einem anderem in diesem Zusammenhang beispielsweise das Affiliate-Netzwerk CrakRevenue – „die stellen Dir sogar Software zur Verfügung“. 

Die offenbar am weitesten verbreitete Methode, mit „VCW-Ewhoring“ Geld zu verdienen, ist aber sich von den Opfern direkt Geld schicken lassen – mittels Paypal oder als Amazon Geschenkgutschein per Mail. Scheinbar sind nicht wenige Männer dafür bereit, für einen vermeintlichen Striptease vor der Webcam zu bezahlen: Ein „Ewhoring“-Black-Hat gibt in einem Youtube-Video Einblicke, wie viel Geld er mit der Masche innerhalb weniger Tage verdient hat. Die Beiträge variieren zwischen 10 und 210 US-Dollar; insgesamt sind es mehrere Hundert US-Dollar, die so zusammengekommen sind. Ein anderer Scammer prahlt in einem Forum (Anmeldung notwendig): „Dieser Typ hat mir 4.000 US-Dollar für ein Flugticket und die Miete für ein Apartment direkt neben seinem geschickt – das ist so fantastisch“ – und postet einen Screenshot des Amazon-Gutscheins als Beweis. Im Thread eines anderens Forums spotten die Mitglieder über einen Bericht des Senders ABC, in dem ein Rentner gezeigt wird, der von einem „Ewhorer“ um 300.000 US-Dollar betrogen wurde: „Wer ist das Genie dahinter? Jemand aus diesem Forum?“, fragt der Thread-Ersteller.

Natürlich ist die Vorspiegelung einer falschen Identität um Geld zu erschwindeln illegal – doch die Täter werden offenbar selten gefasst, auch weil „Ewhoring“ länderübergreifend betrieben wird. „Wir können nicht einfach Menschen in anderen Ländern verhaften“, sagt ein FBI-Beamter im erwähnten ABC-Bericht. „Die beste Lösung ist, sich überhaupt nicht erst zum Opfer machen zu lassen – da hilft Aufklärung schon viel.“

Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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