Es hat anderthalb Monate gedauert, diesen Tweet über Camembert zu produzieren…

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Inhalt
  1. …und brachte vier Retweets und Favorisierungen
  2. Großer Aufwand für kleine Reichweite
  3. Große Vorsicht aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen

…und brachte vier Retweets und Favorisierungen

(Bild: Screenshot vom Twitter-Profil von President Cheese, Montage von OMR)

(Bild: Screenshot vom Twitter-Profil von President Cheese, Montage von OMR)

„Du teilst einen Camembert mit Freunden? (Wie großzügig!) Am besten schmeckt er bei Raumtemperatur.“ – Dieser Tweet, den die Käsemarke „Le President“ Ende April auf ihrem US-Profil postete, liest sich wie eine leichtherzig gegebene Empfehlung. Der Veröffentlichung des Beitrags voran gegangen war jedoch ein 45-tägiger Prozess, an dem mehr als 10 Personen beteiligt waren. Wir haben einen Blick hinter die Kulissen der Social-Media-Maßnahmen großer Konzerne geworfen. Während Privat-User Plattformen wie Facebook und Twitter größtenteils spontan und unbekümmert nutzen, ist die Social-Media-Kommunikation auf Unternehmenseite mittlerweile offenbar stark institutionalisiert – teilweise bis ins Absurde hinein. Dies demonstriert ein Bericht eines Redakteurs von Business Insider über seine Erfahrungen bei einem Besuch bei der Social-Media-Agentur Huge eindrucksvoll.

Für den besagten Camembert-Tweet beispielsweise begann die Planungsprozedur im März, als drei der Agenturmitarbeiter den Redaktionsplan für die Social-Media-Posts von Le President im April erstellten. In Folge waren über mehrere Korrekturschleifen diverse Copywriter, Designer und „Social Media Strategists“ an der Erstellung der Posts beteiligt, wie Aaron Taube schildert.

Großer Aufwand für kleine Reichweite

Zu erwähnen bliebe vielleicht noch, dass Le President etwa 119 Follower bei Twitter und 224 Fans bei Facebook verzeichnet. Der erwähnte Tweet wurde bis dato viermal retweetet und viermal favorisiert.

Ulf Schmidt (Foto: about.me/schmidtulf)

Ulf Schmidt (Foto: about.me/schmidtulf)

Ist die Social-Media-Kommunikation in deutschen Konzernen bereits ähnlich durchreguliert? „Hinter den Social-Media-Aktivitäten von Unternehmen in Deutschland können sich durchaus umfangreiche Strukturen und Prozesse verbergen, inklusive Redaktionsplan und mehreren Korrekturschleifen“, sagte der selbstständige Marketingberater Ulf Schmidt im Gespräch mit Online Marketing Rockstars. Schmidt war beispielsweise für die Chef-Ticket-Kampagne der Deutschen Bahn bei Facebook verantwortlich und hat andere Konzerne wie Lufthansa, Vodafone und Mercedes-Benz in Sachen Social Media beraten.

Dass große Unternehmen spontan drauflos posten, ist offensichtlich eher eine Seltenheit. „Multinationale Konzerne müssen ja vor einem Post erst abklopfen, was wann wo kommuniziert werden kann“, so der Freelancer. „Dabei müssen sich möglicherweise intern erst mehrere Abteilungen abstimmen: die PR, das Marketing wegen aktueller Kampagnen, gegebenenfalls sogar die Rechtsabteilung.“

Große Vorsicht aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen

Je nach Geschäftsbereich, in dem das jeweilige Unternehmen tätig ist, haben dessen Community Manager offenbar viel oder wenig Freiräume für spontane, kreative Kommunikation. „Ein Telekommunikations-Anbieter beispielsweise muss genau darauf achten, welche Aussagen oder Zusagen er seinen Kunden gegenüber macht“, sagt Schmidt. „Wenn etwa ein Kunde einer Airline sich darüber beschwert, dass sein Koffer nicht angekommen ist, muss der Community Manager die Finger davon lassen und die Kommunikation an das Service Center übergeben, weil dort dem Kunden individuell geholfen werden kann und eine voreilige Antwort etwa schadensersatzrechtliche Konsequenzen haben kann. Marken wie Astra Bier oder Red Bull können demgegenüber etwas freier kommunizieren.“

Einige große Konzerne aus dem Telekommunikations- oder Banking-Bereich unterhalten laut Schmidt mittlerweile teilweise Social-Media-Redaktionen zwischen 20 und 30 Leuten. „Die Herausforderung ist, gut zu planen, und trotzdem auf Unvorhergesehenes schnell und gut reagieren zu können.“ Es sei deswegen sinnvoll, im Vorhinein festzulegen, wie das Unternehmen auf bestimmte Ereignisse reagiert; etwa, dass sich die Community Manager für Lob bedanken dürfen oder einen Tweet favorisieren können, wenn das Unternehmen von einem User erwähnt wird. „Das klingt zwar absurd, aber: Je spontaner man kommunizieren will, desto mehr Planung braucht es im Vorfeld“, so Schmidt.

Seid Ihr in einer Agentur oder Kommunikationsabteilung eines Unternehmens im Social-Media-Bereich tätig? Wie sind die Vorlaufzeiten bei Euch? Oder sind Euch schon einmal besonders absurde Social-Media-Aktivitäten deutscher Unternehmen aufgefallen?

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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