Er baute die Karrieren von Kollegah, Casper und RIN: Elvir Omerbegovic im OMR Podcast
Mit Selfmade Records baute er Deutschlands zuletzt erfolgreichstes Hip-Hop-Label
- Elvir Omerbegovic: „Musik ist ein Longtail-Business geworden“
- Fun-Videos von Herbert Grönemeyer bei Tiktok? Bloß nicht!
- Die Themen des OMR Podcasts mit Elvir Omerbegovic im Überblick:
Die Liste der von ihm geförderten Künstler liest sich wie das Lineup eines Hip-Hop-Festivals: Kollegah, Casper, RIN oder die 257er. Mit seinen Labels Selfmade Records und Division hat Elvir Omerbegovic Charterfolge und Goldene Schallplatten am Fließband produziert und damit ein Millionen-Business aufgebaut. Im OMR Podcast erzählt Elvir Omerbegovic, wie er vom Zweitliga-Basketballer zum vermutlich erfolgreichsten Hip-Hop-Unternehmer Deutschlands wurde.
Fast zwei Jahrzehnte lang hat Elvir Omerbegovic mit Selfmade Records den deutschen Hip Hop geprägt, doch dann war plötzlich Schluss. 2022 verkündete der Unternehmer das Ende des Labels, das Künstler wie Kollegah, Casper oder auch die Spaß-Rapper 257er groß gemacht hatte. Zum Abschied kramten Musik-Redaktionen noch einmal all die Erfolge heraus: Von den 30 Alben, die Selfmade Records herausbrachte, waren mehr als die Hälfte in den Top 10 gelandet, mehr als fünf Millionen Platten verkaufte das Düsseldorfer Label im Laufe der Jahre. Selfmade sei, hieß es, neben Aggro Berlin das vielleicht prägendste Label der 2000er Jahre gewesen.
Warum also hat Elvir Omerbegovic diese Erfolgsgeschichte einfach beendet? „Wir haben früher recht maskulinen Rap gemacht“, sagt der Musik-Unternehmer im OMR Podcast, die live während des Events „All Ears“ des Streamingdienstes Spotify aufgezeichnet wurde. „Ich glaube, das hat mich in der Phase, als ich die Plattenfirma gegründet habe, gut abgebildet. Da hatte ich halt die Überzeugung eines 25-Jährigen mit Hintergrund Sozialbau und Co.“ Doch irgendwann mache man einfach eine Evolution durch. Mit seinem neuen Label Division setzt er daher nun andere Akzente – und auch auf andere Typen.
Elvir Omerbegovic: „Musik ist ein Longtail-Business geworden“
Elvir Omerbegovic ist über Umwege in die Musikindustrie gekommen. Als Jugendlicher setzt er zunächst auf eine Karriere im Profi-Sport. Er spielt Basketball für die Bayer Giants aus Leverkusen und Brandt Hagen (über seine Anfänge hat er 2016 bereits im OMR Podcast gesprochen). Dann lernt er Ende der 1990er Jahre Philipp Dammann kennen, damals Teil der Hip-Hop-Formation Creutzfeldt & Jakob. Auch Elvir Omerbegovic unternimmt damals erste Gehversuche als Rapper. Doch dann wechselt er die Seiten – genau wie Dammann, wobei dessen Karriere eine noch kuriosere Wendung nimmt. Der einstige Rapper ist heute leitender Oberarzt für Neurochirurgie. Omerbegovic beginnt hingegen, Künstler unter Vertrag zu nehmen. Es sind Newcomer ohne große Erfahrung, die dann vom gebürtigen Mettmanner aufgebaut werden. Omerbegovic sagt: „Wenn ich einen Künstler unter Vertrag nehme, ist das wie Liebe auf den ersten Blick.“
So hat er es bei Selfmade Records mit Casper oder Kollegah gemacht. So macht er es auch jetzt bei Division mit Künstlern wie RIN oder Schmyt. Die Musik hat sich dabei genauso verändert wie das Geschäft allgemein. „Es ist ein Longtail-Business geworden“, sagt Elvir Omerbegovic im OMR Podcast. Durch die Streaming-Plattformen werden Songs auch nach langer Zeit immer und immer wieder gehört und erzielen damit Einnahmen für die Rechteinhaber (das Phänomen haben wir auch 2022 in unserer Keynote „State of the German Internet“ beschrieben). Auf dem physischen Verkaufsmarkt waren hingegen früher die Umsätze rund um den Stichtag der Veröffentlichung extrem relevant und für den Erfolg eines Albums ganz zentral. „Und heute schaffst du Rechte, die wie so eine Mieteinnahme über längere Jahre kommen“, sagt Omerbegovic.
Fun-Videos von Herbert Grönemeyer bei Tiktok? Bloß nicht!
Die Veränderungen sorgen auch dafür, dass einige Marketing-Tricks aus früheren Jahren nicht mehr so relevant sind wie einst. Die Chart-Erfolge von Selfmade Records und dessen Künstlern resultierten beispielsweise nicht nur aus dem musikalischen Talent der Künstler*innen, sondern auch aus einer Strategie, die die Regeln des Marktes geschickt zum eigenen Vorteil nutzte. Denn weil bei der Erstellung der Charts damals Umsätze eine große Rolle spielten, setzte Selfmade Records sehr stark auf Deluxe-Boxen, deren Preis den Wert mehrerer CDs hatte. Bei der Erstellung der Charts landeten die Selfmade-Künstler dadurch immer weit vorne – auch wenn andere vielleicht unterm Strich mehr CDs verkauft hatten.
„Heute versuchen die Leute viral zu gehen“, sagt Elvir Omerbegovic. Viele würden sich dabei jedoch zum Affen machen und Dinge tun, die nicht der eigenen Kunst entsprächen. Das Gefühl, bei Plattformen wie Tiktok und Co. die eigene Zielgruppe zu unterhalten und aktivieren zu müssen, ist offenbar bei vielen heutigen Künstlern stark ausgeprägt. Elvir Omerbegovic ist überzeugt, dass die Präsentation am Ende immer zum Künstler und dessen künstlerischer DNA passen müsse. Als Produzent, soll das wohl heißen, ist man dann auch mitverantwortlich dafür, das Image des Künstlers zu schützen: „Und dann ist es nicht cool, wenn zum Beispiel ein Herbert Grönemeyer jetzt Fun-Videos auf Tiktok machen würde.“
Im OMR Podcast verrät Elvir Omerbegovic außerdem, bei welchem seiner Künstler er Tränen in den Augen hatte, welche Qualitäten es für dauerhaften Erfolg im Musik-Business braucht und welche Rolle künstliche Intelligenz künftig in der Musik spielen wird.
Die Themen des OMR Podcasts mit Elvir Omerbegovic im Überblick:
- (00:00:00) Intro
- (00:03:30) So kam Elvir Omerbegovic ins Hip-Hop-Business
- (00:10:30) Mit Kollegah, Casper, Genetikk und 257ers auf zweistellige Millionenumsätze
- (00:15:15) Wie Elvir Omerbegovic Künstler*innen findet
- (00:21:00) Warum der Unternehmer mit Division jetzt andere Musik macht
- (00:28:30) So hackt man die deutschen Musikcharts
- (00:37:30) Dieser Künstler brachte Elvir Omergebovic zum Weinen
- (00:47:45) Wie Künstliche Intelligenz die Musik verändern wird