Coffeeness: Vom Affiliate zur eigenen Brand mit sechsstelligen Umsätzen

Florian Heide28.1.2021

Wie ein Hamburger Unternehmerpaar mit einem Blog zum Kaffeeproduzenten wurde

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Inhalt
  1. Vom Frenchpress-Tester zum Kaffeeautomaten-Affiliate
  2. Kein Content für Kaffee-Nerds
  3. Zwei Partner-Shops sorgen für 80 Prozent des Umsatzes
  4. Conversions pushen mit aufwendigem Content
  5. Vom Affiliate zur Brand
  6. Digitalnomaden-Life von Zypern aus

Mit monatlich rund 600.000 Besuchern ist Coffeeness nach eigener Aussage der größte deutsche Blog rund ums Thema Kaffee. Im Dezember wagten Arne und Mauricio Preuß, zwei Digitalnomaden aus dem Raum Hamburg, ihren ersten großen Schritt in Richtung eigener Brand und bieten seitdem selbst produzierten Kaffee an. Wir haben mit den Beiden darüber gesprochen, wie ihnen Youtube beim Aufbau einer eigenen Marke hilft, weshalb Kaffee nicht immer für Hipster sein muss und warum sie ihre Testprodukte meist selbst kaufen.

Vom Frenchpress-Tester zum Kaffeeautomaten-Affiliate

Als Arne 2009 seinen ersten Artikel über die Pressstempelkanne auf seinem Kaffeeblog coffeeness.de schreibt, leben er und sein Partner (und heutiger Ehemann) Mauricio bereits in La Línea de la Concepción, einem 60.000-Einwohner-Städtchen am südlichen Zipfel Andalusiens. Arne bringt damals schon Branchenerfahrung mit, er hat in den vorangegangenen drei Jahren in Hamburg als Barista gearbeitet und war für Starbucks im Marketing tätig. Als Mauricio 2008 ein Jobangebot für eine Stelle in einer Online-Poker-Firma aus Gibraltar annimmt, ziehen die beiden gemeinsam an die spanische Grenze in direkte Nachbarschaft zur britischen Halbinsel.

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Arne und Mauricio Preuss, die beiden Gründer von Coffeeness. Quelle: Arne Preuss

Arne, damals 24 Jahre alt, widmet sich dem Blog zunächst sporadisch, mal sind es drei, mal nur ein Artikel im Monat. Erste Monetarisierungsversuche mit eBooks (zum damaligen Zeitpunkt das Marketing-Tool) und Amazon-Werbebannern scheitern. Sieben Jahre lang betreibt er den Blog nebenbei. Der Fokus der beiden liegt zu dieser Zeit auf einer selbst gegründeten Review-Plattform für Cloudsoftware, die auf Affiliate- und Lead-Marketing basiert. Erst 2015, als die monatliche Provision aus dieser Firma zum Leben reicht, widmet sich Arne wieder Coffeeness. Mit dem Know How über Affiliate Marketing und dem finanziellen Backup im Rücken wird es zum Vollzeitprojekt.

Kein Content für Kaffee-Nerds

Heute finden sich auf dem Blog über 200 Testberichte von Kaffeemaschinen, Milchaufschäumern und Wasserkochern. Die Testprodukte kaufen sie nach eigener Aussage (bis auf gelegentliche Vorab-Tests, wenn ein Produkt noch nicht auf dem Markt ist) selbst auf Amazon. Daneben lassen sich auf Coffeeness auch Anleitungen für spezielle Kaffeezubereitungsarten (wie die Karlsberger Kanne) und Rezepte für kaffeebasierte Getränke (wie zum Beispiel einen Filterkaffee mit Butter und Kokosöl) finden. „Wir wollten von Anfang an eine Seite haben, die wir guten Gewissens auch unseren Freunden und Familien empfehlen können“ sagt Arne gegenüber OMR.

Die meisten Besucher kommen laut Arne über organische Google-Rankings auf die Coffeeness-Website. Das Website-Statistik-Tool Similarweb schätzt, dass Search 80 Prozent am Gesamt-Traffic-Mix von Coffeeness ausmacht. Wer in die Suchmaschine „kaffeevollautomat test“, „kaffeemaschine test“ oder „milchaufschäumer test“ eingibt, findet dort in der Regel Coffeeness ganz oben. Auch bei der zweitgrößten Suchmaschine der Welt – Youtube – generieren die Coffeeness-Macher relevante Sichtbarkeit. Ihr Kanal verzeichnet mehr als 35.000 Abonnenten; das meistgeklickte Video, der Produkttest eines Kaffeevollautomaten, kommt auf über eine halbe Million Views – für ein Special-Interest-Produkt eine bemerkenswerte Reichweite.

Die Entwicklung der Sichtbarkeit von Coffeeness.de in Googles Suchergebnissen im Vergleich zu Wettbewerbern laut dem SEO-Analytics-Tool Sistrix

Instagram sei überhaupt kein Thema für die beiden, das gehe an ihrer Zielgruppe vorbei. Stattdessen moderiert Arne eine Facebook-Gruppe für Kaffeevollautomaten-Interessierte mit über 14.000 Mitgliedern. Hier träfen sie auf jene Kundschaft, die sie ins Visier genommen haben: „Wir richten uns an Leute, die schon älter sind, die guten Kaffee trinken wollen, aber bisher ihren noch im Supermarkt um die Ecke kaufen“. Zwischen 40 und 60 Jahren alt seien diese, überwiegend männlich. Damit zielt Coffeeness nicht – wie so viele andere Brands – auf die „jungen Kaffee-Hipster ab“. „Wir machen keinen Content für Kaffee-Nerds, sondern für eine breite Masse“ sagt Mauricio gegenüber OMR. Das Konzept funktioniert offenbar: Im vergangenen November sollen 520.000 Unique Visitors die Coffeeness-Website besucht haben.

Zwei Partner-Shops sorgen für 80 Prozent des Umsatzes

Und wie verdienen die beiden Macher mit dieser Reichweite Geld? Wer auf einen der Produkttests klickt, findet darunter meist eine blaue Box mit einem Button, der zu der entsprechenden Produktseite auf Amazon oder MediaMarkt führt. Kauft ein Kunde das Produkt dort erhält Coffeeness eine Provision.

Dass die beiden von Beginn an auf die Nische von Produkttests für Kaffeemaschinen und -zubehör gesetzt haben, zahlt sich mittlerweile aus. Das Unternehmen setzt mit Affiliate-Provisionen nach eigenen Angaben monatlich eine fünfstellige Summe um. Die erhalten sie zu 80 Prozent von Amazon und MediaMarktSaturn, mit denen sie in Form von Partnerprogrammen zusammenarbeiten. Von Amazon erhalten Affiliates, die monatlich über 40.000 Euro Umsatz bei dem Versandhändler erzeugen, acht Prozent des Verkaufspreises. Bei MediaMarktSaturn ist es die Hälfte. Insgesamt kämen sie auf ungefähr 20 bis 30 Partner.

Conversions pushen mit aufwendigem Content

Wie häufig Kunden eines der bei Coffeeness vorgestellten Produkte kaufen – und dadurch eine Provision generieren – hänge vor allem von zwei Faktoren ab: Preis und Content. Die Conversion Rate, die den prozentualen Anteil eben jener Kunden misst, liege bei günstigen Produkten wie Milchaufschäumern mit 15 Prozent ziemlich hoch. Bei Vollautomaten hingegen, die zwischen 300 und 3.000 Euro kosten, sähe das anders aus. Hier konvertierten lediglich 5 Prozent zu tatsächlichen Kunden.

Steigern ließe sich diese Rate vor allem mit zielgerichtetem Content. „Am besten funktioniert Affiliate Marketing, wenn man die Leute in der Customer Journey bestmöglich auf die Kaufentscheidung vorbereitet“ sagt Mauricio. Bevor jemand einen Kaffeevollautomaten für über Tausend Euro kauft, will er genau wissen, aus welchem Material das Produkt besteht, wie es aussieht, wie man es richtig einstellt. Deshalb seien ihre Produkttests mit zwei- bis dreitausend Wörtern, Bildern und Videos so ausführlich. Das sei auch der Grund, weshalb der Großteil ihrer Ausgaben gerade in die Content-Produktion flößen.

Vom Affiliate zur Brand

Im vergangenen Dezember wagen Arne und Mauricio einen weiteren Schritt und beginnen, ihren eigenen Kaffee zu verkaufen. Ein eigenes Produkt soll vor allem zur Kundenbindung beitragen. Bisher kämen rund 20 bis 30 Prozent der Besucher wieder. Mit dem eigenen Kaffee soll das deutlich mehr werden. Der Kaffee wurde speziell für Vollautomaten entwickelt, zielt also genau auf die bestehende Zielgruppe ab. Über 100 Mal am Tag soll er in ihrem Shop bereits bestellt werden, mit 22 Euro liegt der Kilopreis deutlich über dem eines durchschnittlichen Supermarktkaffees.

Langfristig sei es nämlich durchaus attraktiv, nicht mehr „nur“ Affiliate zu sein, sondern eine echte Brand zu werden, mit eigenem Kundenstamm. „Ein weiterer Grund ist, dass Coffeeness momentan stark vom organischen Google-Ranking abhängig ist“ sagt Mauricio. Das berge Gefahren, die mit einer eigenen Marke abgefedert werden können. Mit der Einführung eines eigenen Produkts habe sich jedoch auch die Kostenkalkulation gewandelt. Statt wie bisher mit einer fünfstelligen Affiliate-Provisionssumme zu wirtschaften, von der sie und ihre Mitarbeiter gelebt hätten, müssten sie nun „tonnenweise Rohkaffee bestellen und vorfinanzieren“, also einen ganz neuen Prozess etablieren.

Digitalnomaden-Life von Zypern aus

Bis 2025 soll das Affiliate-Geschäft nur noch nebenbei laufen. Bisher ist Coffeeness auf fünf Sprachen verfügbar, jedoch sind längst nicht alle Texte übersetzt. Das soll nachgeholt werden. Das Produktspektrum hingegen solle nicht erweitert, sondern eher vertieft werden. Das heißt: Mehr Vollautomaten, mehr Milchschäumer, mehr Kaffeemühlen zum Testen. Außerdem seien ein zweiter, etwas teurerer Kaffee sowie Merchandise in Planung. Als zentralen Reichweiten- und Branding-Hebel sehen die zwei dabei vor allem Youtube. Durch die Videos, auf denen mal nur Arne, mal beide zusammen zu sehen sind, wachse auch die Personenmarke der beiden stark. In Zahlen bedeutet das: Aktuell folgen ihrem Youtube-Kanal mehrere Hundert neue Abonnenten täglich. Das hohe Engagement auf Youtube wirke sich wiederum positiv auf den Blog und dessen Ranking aus.

Neben Coffeeness betreiben Arne und Mauricio noch weitere provisionsbasierte Projekte, wie die bereits erwähnte Review-Plattform für Cloudsoftware, aber auch einen Reiseblog und eine Produkttester-Seite für Küchengeräte. Allesamt von Zypern aus, wo sie seit 2016 wohnen. Das sei nicht nur ihrer Leidenschaft fürs Reisen wegen entstanden: „Zypern ist unbürokratischer, hat Steuervorteile und für Digitalnomaden wie uns ist es perfekt, weil wir nur zwei Monate im Jahr hier sein müssen und den Rest des Jahres reisen können“ sagt Arne. Das funktioniere vollständig remote, vergangenes Jahr hätten die beiden pandemiebedingt trotzdem vollständig auf der Insel verbracht. Solange es dort guten Kaffee gibt, mache das Arne und Mauricio nichts aus. Sie trinken ihren Kaffee übrigens am liebsten schwarz aus dem Handfilter, „ganz wie früher bei Oma.“

Danke an Justus Blümer von Wingmen, durch dessen Facebook-Post wir auf Coffeeness aufmerksam geworden sind!

Affiliate
Florian Heide
Autor*In
Florian Heide

Florian arbeitet seit fast zehn Jahren als Print-Journalist. Angefangen beim Lokalblatt, später als Praktikant und Freelancer für DIE ZEIT und GEO. Seit 2020 ist er Redakteur bei OMR, wo er über Startups, Viraltrends, den Wandel von Social Media Plattformen und neue Technologien berichtet. Er hat nie Bargeld dabei und verbringt die Wochenenden am liebsten weit weg von Technologie in der Natur.

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