Closed Shop und mehr Transparenz: So will Google im Display-Werbemarkt Mitbewerber plattwalzen

(Foto: Christopher Lance / Flickr / CC BY-ND-ND-2.0)
Inhalt
  1. Schließt Google Drittdienstleister aus dem Adtech-Bereich zunehmend aus?
  2. Vergünstigungen bei Nutzung von Googles DSP?
  3. 117,2 Milliarden US-Dollar stehen auf dem Spiel
  4. Google steht durch Facebook unter Druck

Schließt Google Drittdienstleister aus dem Adtech-Bereich zunehmend aus?

(Foto: Christopher Lance / Flickr / CC BY-ND-ND-2.0)

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Nachdem Google sich durch seine dominante Position in der Suchmaschinenwerbung als Marktführer in der Online-Werbung etabliert hat, versucht das Unternehmen derzeit offenbar verstärkt, von dieser Marktmacht auch in der grafischen Online-Werbung zu profitieren. Medienberichten zufolge drängt das Unternehmen Werbetreibende zunehmend dazu, ihr komplettes Online-Werbegeschäft über Google-Technologie abzuwickeln. Googles derzeitige Offensive setzt Mitbewerber unter Druck – so gibt es bereits Prognosen, dass einige Adtech-Unternehmen ihren Börsengang verschieben müssen.

Es sind brisante Anschuldigungen, die der US-Branchenblog Digiday dokumentiert: Google-Vertreter sollen in den USA versucht haben, Media-Agenturen, die auf Googles Werbemarktplatz Doubleclick Ad Exchange Anzeigeninventar einkaufen, dazu zu nötigen, für diesen Einkauf Googles eigenen Doubleclick Bid Manager (die „Demand Side Platform“ des Unternehmens, eine Media-Einkaufs-Software) einzusetzen. Bis dahin seien beide Produkte unabhängig voneinander bei Kunden präsentiert und beworben worden. Doch offenbar versucht Google zunehmend, die Ad Exchange und den Bid Manager miteinander zu koppeln. Eigentlich können Media-Einkäufer mit einer Vielzahl unterschiedlicher Drittdienstleister-Tools auf Googles Werbemarktplatz zugreifen. Nun gibt es Befürchtungen, dass Google seine Marktmacht ausnutzt, um konkurrierende Anbieter im Markt für DSPs auszubooten.

Vergünstigungen bei Nutzung von Googles DSP?

Laut Digiday will Google Werbekunden, die größere Budgets bei Google ausgeben, außerdem einen zusätzlichen Anreiz bieten, damit diese den Doubleclick Bid Manager einsetzen. So betreibt Google in der Online-Werbung offenbar eine Art „Kundenbindungssystem“, das den Werbetreibenden, ähnlich wie bei Flugmeilen, ab Erreichen bestimmter Grenzwerte Vergünstigungen ermöglicht. Ein hypothetisches Beispiel: Eine Media-Agentur kaufe für eine Million US-Dollar Werbung bei Youtube und erhalte dafür Werbekontakte im Wert von zwei Millionen US-Dollar. Künftig soll Inventar, das die Werbetreibenden auf Googles Ad Exchange einkaufen, nur für dieses Bonusprogramm berücksichtigt werden, wenn es über den Bid Manager eingekauft wurde.

Nach Informationen von Digiday sind mehrere von Googles Mitbewerbern von einer Vertreterin der US-Wettbewerbsbehörde Federal Trade Commission (FTC) dazu befragt worden, ob Google in der Display-Werbung ein Monopol ausübt. Die Behörde selbst hat bislang offizielle Ermittlungen nicht bestätigt. Googles Marktmacht im Display-Markt hat das Unternehmen Medienberichten zufolge in den USA bereits mehrfach in den Fokus der FTC gerückt: einmal im Jahr 2007 nach der Übernahme des Technologie-Dienstleisters Doubleclick, dann im Jahr 2013. Von einem formellen Verfahren ist bislang aber nichts bekannt geworden.

Google baut seit einigen Jahren an einer technologischen Komplettlösung – dem so genannten Full Adtech Stack – für Online-Werbung. Nach dem Kauf von Doubleclick im Jahr 2007 (Kaufpreis: 3,1 Milliarden US-Dollar) folgten u.a. die DSP Invite Media im Jahr 2010 (sie wird heute unter dem Namen Doubleclick Bid Manager geführt) und Sell-Side-Platform (SSP) Admeld im Jahr 2011. Im Jahr 2012 führte Google all diese Produkte unter dem Namen Doubleclick Digital Marketing zusammen. „Unser Ziel ist eine End-to-End-Lösung für Werbetreibende und Publisher“, sagte die damalige Werbechefin Anne Wojcicki im Februar 2013 in einem Interview.

117,2 Milliarden US-Dollar stehen auf dem Spiel

Google schielt mit diesen Bemühungen auf die restlichen Anteile des Online-Werbemarktes. Im Jahr 2013 sollen sich die weltweiten Gesamtausgaben für digitale Werbung laut der Beratung PriceWaterhouseCoopers auf 117,2 Milliarden US-Dollar belaufen haben. Alleine 50,5 Milliarden US-Dollar davon sind in Googles Taschen gewandert.

Offenbar ist das Unternehmen im Kampf um einen größeren Anteil am Online-Werbekuchen bereit, harte Bandagen einzusetzen. Der jüngste Digiday-Bericht ist nicht der einzige, der darauf hindeutet, dass Google die Rechte von Drittdienstleistern innerhalb des eigenen „Ökosystems“ immer weiter einschränken will – und so den eigenen Anteil an der Wertschöpfungskette in der Online-Werbung immer weiter vergrößern. Im Oktober hatte die US-Marketing-Zeitschrift Adweek bereits darüber berichtet, dass Google künftig den Zugriff von Drittdienstleistern auf Daten aus dem Google Display Network unterbinden wird. So genannte Data Management Platforms (DMPs), über die Werbetreibende all ihre Online-Werbedaten verwalten können, sollen dann keine Tracking-Pixel in Werbemitteln platzieren können. Möglicherweise soll auch dieser Schritt dazu dienen, die Werbetreibenden von der Nutzung einer Google-Technologie zu überzeugen: Googles Analyse-Software Universal Analytics, über die Werbetreibende den Erfolg ihrer Werbemaßnahmen geräteübergreifend messen können sollen, wird von einigen Branchenexperten ebenfalls als DMP eingestuft.

Google steht durch Facebook unter Druck

Im vergangenen Jahr war Google selbst unter Druck geraten: Im Heimatmarkt USA ist Herausforderer Facebook in puncto Display-Werbeeinahmen nach Schätzungen des Marktforschers Emarketer erstmals am Branchenprimus vorbeigezogen. Während das soziale Netzwerk 4,83 Milliarden US-Dollar mit grafischer Online-Werbung verdient haben soll, sollen es bei Google vier Milliarden US-Dollar gewesen sein. Facebook hat zudem in den vergangenen Monaten viel Geld in eigene Adtech investiert, etwa in die Übernahme von Microsoft Atlas sowie des Video-Werbeanbieters LiveRails. Aktuell versucht Facebook, das Geschäft mit Bewegtbild-Werbung auszubauen.

Zuletzt hat sich Google in dieser Situation für einen radikalen Schritt entschieden: Mit einer Studie hat das Unternehmen erstmals öffentlich gemacht, wie hoch auf den Display-Plattformen des Unternehmens der Anteil an Werbung ist, die gar nicht von Usern gesehen wird. Bei beträchtlichen 56,1 Prozent der Werbemittel soll dies der Fall sein. Wenige Wochen zuvor hatte sich Appnexus, Anbieter einer eigenen Exchange sowie einer DSP, bereits mit Berichten über bis zu 40 Prozent unbrauchbares Inventar konfrontiert gesehen. Google will nun offenbar mit der Einführung der neuen Messgröße Active View, für die alleine Werbemittel berücksichtigt werden sollen, die wirklich von Usern gesehen wurden, und der Übernahme des Betrugspräventions-Software Spider.io mehr Transparenz in den Markt bringen. Joe Apprendi, Chef der Adtech-Firma Collective, glaubt, dass der Display-Werbemarkt vor einer entscheidenden Umwälzung steht: „Nicht sichtbare Werbung wird in einem Jahr wertlos sein – technisch gesehen ist sie es bereits jetzt“, so Apprendi gegenüber Business Insider. Er prognostiziert, dass Googles Transparenz-Offensive mehrere Adtech-Firmen dazu zwingt, ihre Börsengänge zu verschieben.

Disclaimer: Die Gründer von Online Marketing Rockstars sind ebenfalls Gründer und Geschäftsführer von metrigo, Anbieter einer Demand Side Platform. metrigo ist mittlerweile eine Tochter von zanox, einer Mehrheitsbeteiligung von Axel Springer.

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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