Promis, Podcasts, Proteine: So wollen junge Cerealien-Startups den Markt umkrempeln

Das deutsche Food-Startup Spacies hat große Ambitionen und kooperiert neuerdings mit Rapper Cro

Rapper Cro (Mitte) mit Carsten Hinzer (links) und Rouven Kosel, den Gründern von Spacies
Rapper Cro (Mitte) mit Carsten Hinzer (links) und Rouven Kosel, den Gründern von Spacies Foto: Spacies / Svenja Ava
Inhalt
  1. Erste Marken tauchen auf
  2. Magic Spoon auf der Überholspur
  3. Rapper Cro ist mit von der Partie
  4. Die Creator Economy
  5. Werbebotschaften kritisch hinterfragen
  6. Was bringt die Zukunft?

Sie heißen Magic Spoon, Crispy Fantasy oder Spacies: Eine ganze Reihe junger Startups schickt sich aktuell an, den Markt für Frühstücksflocken, neudeutsch Cerealien, zu „disruptieren“. Ihre Produkte sollen gesünder sein als die der bisherigen Branchengrößen; die Gründer*innen dahinter wollen im Marketing agiler und innovativer sein. OMR erklärt ihre Strategien und hat mit zwei „Cereal Entrepreneurs“ gesprochen.

Wer in den 80er und 90er Jahren aufgewachsen ist und Kinderfernsehen schaute, kennt sie vielleicht noch: Tony der Tiger, der „den Tiger in dir weckt“, Choco der Knusperbär, „keiner knuspert mehr als er“, oder der Coco Pops Affe. Sie waren die Markengesichter der Cerealien-Marke Kellogg’s, die mit TV-Werbung Reichweite und neue Kunden generierte.

Heute schauen die Kinder Youtube, Tiktok oder Twitch. Und die jungen Konsument*innen – oder deren Eltern – sind beim Blick auf die Zutatenliste im Supermarkt anspruchsvoller geworden: möglichst zuckerarm oder gar -frei, vegan, keto-freundlich, glutenfrei oder auch proteinreich sollen heute die Produkte sein. Doch viele der großen Player wie Kellogg’s, Nestlé oder (in den USA) General Mills haben diese Entwicklung bislang weitestgehend ignoriert. Die Gründer des US-Startups Magic Spoon erkennen dies, als sie in die Cerealien-Abteilung ihres örtlichen Supermarktes schauen: „Für uns sah es genauso aus wie ein Jahrzehnt zuvor“, sagt Mitgründer Gabi Lewis gegenüber The Information. „Wir erkannten, dass dies eine riesige Kategorie ist, in der niemand wirklich etwas Innovatives tut.”

Erste Marken tauchen auf

Magic Spoon bildet die aktuelle Speerspitze junger Cereal Startups. Denn wie so oft kommt auch dieser Hype natürlich aus den USA. Pionier ist das im Jahr 2017 gegründete Startup Catalina Crunch, das seine Flocken als „keto friendly“ und zuckerfrei vermarktet. 9,2 Millionen US-Dollar Funding hat das Unternehmen laut Crunchbase bislang insgesamt eingesammelt.

Spätestens im vergangenen Jahr dürfte Magic Spoon dann an Catalina Crunch vorübergezogen sein. Da hat das Unternehmen im Rahmen einer Series-B-Finanzierung 85 Millionen US-Dollar eingesammelt; Lead-Investor war Highpost Capital, das Private-Equity-Unternehmen von u.a. Mark Bezos, dem Halbbruder von Amazon-Gründer Jeff Bezos. Rund 121 Millionen US-Dollar Funding soll Magic Spoon laut Crunchbase insgesamt eingesammelt haben. Unter den Investor*innen finden sich diverse Promis: Popstars (Shakira, Nick Jonas, Halsey und Nas), Sportler (Footballer Odell Beckham Jr. und Basketballer Russel Westbrook) und Entertainer (Comedienne Amy Schumer).

Im Marketing setzt Magic Spoon vor allen Dingen auf digitale Kanäle. Angefangen hat das Startup mit Social Ads und Influencer Marketing, wie Gabi Lewis im Podcast „Growth Session“ erklärt. Die zweite Ausbaustufe bestand dann aus Produkt-Kooperationen mit großen Influencer*innen. Mit dem „Sway House“, einer Kommune reichweitenstarker Tiktok Creator*innen, brachte Magic Spoon beispielsweise eine neue, limitierte Sorte heraus. Eine weitere Wachstumsstufe hat Magic Spoon dann laut Lewis mit dem Einstieg in die Podcast-Werbung erklommen. Dabei setzt das Startup vor allen Dingen auf solche Podcasts, deren Hosts quasi selbst Influencer*innen sind: Tim Ferriss, Joe Rogan und die Hosts von „Pod Saves America“ haben schon für Magic Spoon geworben.

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Magic Spoon auf der Überholspur

Mittlerweile sind die Boxen des Startups nicht nur über den eigenen Online-Shop verfügbar, sondern stehen seit 2022 auch in den Regalen der Supermarktkette Target und sind seit diesem Jahr auch bei den großen Handelsketten Walmart und Kroger verfügbar. Eine Million Kund*innen will Magic Spoon laut einem Medienbericht schon bis August 2022 erreicht haben. Informationen über Umsatz und Gewinn des Startups sind nicht öffentlich bekannt. Der Markt ist jedenfalls groß: Der Umsatz auf dem Markt für Frühstückscerealien und Müsli wird 2023 weltweit etwa 72,29 Milliarden Euro betragen und soll einer Prognose zufolge bis zum Jahr 2028 auf 99,26 Milliarden Euro anwachsen.

Von diesem Kuchen wollen sich nun auch andere ein Stück sichern: In Großbritannien wandeln beispielsweise Crispy Fantasy (2021) und Surreal Cereal (2022) auf den Spuren von Magic Spoon. In Deutschland sind  Wholey (2017) und Spacies (2019) aktiv. Die Gründer von Spacies haben sich von Magic Spoon inspirieren lassen: „Viele Food-Trends starten zuerst in den USA und wir waren uns sicher, dass das Produkt auch für den deutschen Markt funktionieren kann“, sagt Gründer Carsten Hinzer.

Die Website von Spacies

Die Website von Magic Spoon (links) und von Spacies (rechts)

Vor dem Start von Spacies arbeitet Hinzer zunächst als Werkstudent, später als Entrepreneur in Residence beim Company-Builder Crealize von Jacob Fatih (wir berichteten). Sein Grundschul-Freund Rouven Kosel steigt im Mai 2021 bei Crealize ein. Im September 2021 gründen sie gemeinsam das Unternehmen, mit Crealize als erstem Investor und Sparringspartner. Das Food-Startup will die deutsche Frühstücks-Branche mit einem innovativen Produkt verändern: Cerealien mit 96 Prozent weniger Zucker, 28 Prozent weniger Kohlenhydraten und viermal mehr Protein als herkömmliche Cerealien.

Rapper Cro ist mit von der Partie

Auch Spacies arbeitet neuerdings mit Prominenten zusammen und erhofft sich davon einen Sichtbarkeits-Boost. Zum einen betreibt das Startup Influencer Marketing über Barter-Deals oder auch über monetäre Gegenleistungen.

Zum anderen ist man eine Kooperation mit dem Rapper Cro eingegangen, der ebenfalls in Spacies investiert ist. Der erste Kontakt ging dabei sogar von dem Rapper Cro aus. Spacies hat außerdem weitere Business Angels an Bord geholt, darunter die Gründer des Energy-Drinks “HOLY”, die Immobilieninvestoren und -entwickler Albeck & Schache Investments und die Risikokapital-Investmentgesellschaft NowHatch Ventures.

 

Die Creator Economy

Ob Eistee von Rapper Capital Bra, Proteinriegel von Influencerin Pamela Reif oder neuerdings ein Energy-Drink von Streamer MontanaBlack – sie alle verbindet, dass Creator und Celebrities ihre eigenen Produkte lancieren. Creator werden zu Unternehmer*innen und Unternehmen bzw. Marken (wir berichteten). In dieses Bild passt auch die Kooperation mit Cro, der seine beiden eigenen Produkte “Spacies by Cro” vermarktet. Damit folgt er einem Trend aus den USA, wo amerikanische Rapper wie Snoop Dogg oder Travis Scott schon länger eigene Cereal-Marken haben.

 

Das zeigt, dass sich die Wertschöpfungskette und auch das Marketing, das noch vor 20 Jahren betrieben wurde, radikal verändert haben. Früher schaltete man TV-Werbung und brachte die Produkte in den LEH, um zukünftige Kund*innen zu erreichen. Heute setzt man auf D2C – also Social Media und eigene Online-Shops. Auf Meta laufen derzeit mehr als 20 Social Ads von Spacies. Aktuell verzeichnet Spacies nach eigenen Angaben rund 22.000 Kunden mit einem Umsatz im sechsstelligen Bereich.

Über Gewinnspiele und Social Ads versuchen Spacies neue Kunden zu gewinnen.

 

Werbebotschaften kritisch hinterfragen

Auch wenn es eine berechtigte Nische gibt auf dem Cerealien-Markt und innovative Ideen auf positive Resonanz stoßen, gibt es auch kritische Stimmen. Das Produkt von Spacies zum Beispiel ist zwar zuckerfrei und proteinreich, enthält aber Süßstoffe, die bei größeren Mengen abführend wirken können. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale Hamburg ist es nicht unbedingt sehr viel gesünder, Süßstoffe statt Zucker zu verwenden: “Unsere Devise lautet: Lieber Zucker in Maßen essen, als auf Süßstoffe umzusteigen, denn die haben ihre Tücken” sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale und spielt auf die kürzlich veröffentlichte Studie der WHO an, wonach manche Süßstoffe krebserregend sein sollen.

Ein weiteres Thema sind Ballaststoffe. “Für ein gutes, gesundes Müsli braucht es Ballaststoffe.” Die fehlen in den Spacies, die hauptsächlich Reismehl verwenden. “Cerealien sollten aber Vollkorn enthalten”, ergänzt Valet.

Was bringt die Zukunft?

Wie das Vorbild Magic Spoon will auch Spacies in den Einzelhandel. Dieser Schritt könnte noch in diesem Jahr erfolgen. „Langfristig wollen wir den Massenmarkt in Deutschland und Europa erreichen”, betont Rouven. Einen Schub könnte auch die Tour mit Cro bringen. Der Auftakt mit Spacies an Bord war am 8. Juli auf der Open Air Tour in Berlin. Weitere Auftritte sind diesen Sommer in weiteren deutschen Städten geplant. Eine weitere Offline-Maßnahme sei weiterhin in Planung, und auf die Nachfrage, ob sie schon bei “Die Höhle der Löwen” waren, antwortete Carsten: “Dazu können wir keine Aussage machen”. Ein Grund mehr, genauer zu verfolgen, was Spacies in nächster Zeit macht.

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Angela Woyciechowski
Autor*In
Angela Woyciechowski

Angela sammelte erste redaktionelle Erfahrungen als Nachrichtensprecherin beim Hochschulradio und im Rahmen von Projektassistenzen beim NDR und ZDF. Nach Tätigkeiten im Online-Marketing und freier Mitarbeit bei der Badischen Zeitung (Freiburg), ist sie seit Juli 2023 im Redaktionsteam von OMR.

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