Wie dieser Ex-Air-Berlin-Pilot sich nebenher eine Online-Brand aufgebaut hat
"Captain Joe" sammelt mit Flugzeug-Erklär-Videos Millionen Youtube-Views
- Regelmäßigkeit als wichtiger Wachstumshebel
- Piloten-Lifestyle auf Instagram
- Sponsorings und Professionalisierung
Im alltäglichen Leben ist Captain Joe Pilot für eine große deutsche Airline. Wenn er nicht im Cockpit sitzt, dreht er Videos und erklärt kurzweilig, was es rund um den Flugverkehr zu wissen gibt. Wie Joe es geschafft hat, auf jedes Video innerhalb eines Tages organisch 100.000 Views zu bekommen und gleichzeitig 100.000 Follower bei Instagram bespaßt, lest Ihr hier.
„Ich habe immer nebenberuflich nach einem Ausgleich gesucht. Mein Vater ist dann auf ein technisches Problem gestoßen, das er nicht verstanden hat. Ich habe ihm das dann per Videoanruf erklärt und er meinte direkt, ich könnte daraus doch einen Youtube-Channel machen“, erzählt Joe Dee, der seinen kompletten Nachnamen lieber nicht verraten möchte (der Redaktion bekannt). Als Pilot habe er immer wieder länger Freizeit, um Ruhephasen einzuhalten. Er habe also einfach nach einer Beschäftigung gesucht. Heute hat der Flugzeug-Erklär-Kanal des Münchners über 380.000 Abonnenten überzeugt und innerhalb von drei Jahren über 26 Millionen Views generiert.
Regelmäßigkeit als wichtiger Wachstumshebel
Captain Joe beantwortet in seinen Videos Fragen, die immer wieder rund um den Flugverkehr auftauchen: „Why do pilots dump fuel?“, „Can a passenger land a plane?“ oder „Why pilots can’t wear polarized sunglasses?“. „Meine Reichweite steigt sicher so stark, weil ich alle Inhalte auf Englisch mache und alles sehr detailgetreu erkläre”, sagt Joe zu OMR. „Ich poste die Videos immer Donnerstag Abend 20 Uhr, das bringt eine Konstanz rein. Wenn ich das mal nicht schaffe, gibt es auch direkt Ärger von der Community.” Diese Regelmäßigkeit honoriert Youtube, indem es seine Videos auch öfter mal Nutzern als weiteres Video empfiehlt – so hat Captain Joe es etwa mit „Why do pilots dump fuel?“ auf 1,7 Millionen Aufrufe in zwei Monaten geschafft.
„Ich kann Orte und Dinge zeigen, die ein Passagier sonst nicht sehen kann”, sagt Joe. Deshalb sei das Interesse auch im Kommentarbereich immer groß. „Ein Reichweitenhebel für mich: Ich greife die Fragen der Youtube-Subscriber auf und versuche diese dann im nächsten Video zu beantworten.” Dadurch habe er eine treue Fanbase aufgebaut, die in den ersten 24 Stunden nach Veröffentlichung seiner Videos für etwa 100.000 Views sorgt. „Über die Wochen danach werden es dann 300.000 bis 500.000“, sagt er. Schon als er noch Pilot bei Air Berlin gewesen sei, habe ihm die Fluglinie erlaubt, in Teilzeit zu arbeiten, um seine Youtube-Aktivitäten ausbauen zu können. Auch der neue Arbeitgeber habe schon beim Vorstellungsgespräch grünes Licht für Teilzeit-Arbeit gegeben.
Piloten-Lifestyle auf Instagram
„Gestartet bin ich mit einem Instagram-Account und die ersten Bilder sind direkt durch die Decke gegangen, weil vielen Leuten normalerweise der Zugang zum Cockpit verwehrt ist“, sagt Captain Joe. Sein Instagram-Account hat heute über 116.000 Abonnenten, viele Beiträge kommen auf knapp zehn Prozent Engagement – ein sehr starker Wert für die Plattform. Neben Fotos aus seinem Pilotenleben postet er mittlerweile auch Visual Statements mit Flugzeug-Motiven, die auch ganz gut bei den Followern ankommen.
“Die meisten neuen Instagram-Follower kommen derzeit von Youtube rüber”, sagt Joe. Seine beiden Kanäle befeuern sich mittlerweile also gegenseitig. Geld habe er bisher nicht genutzt, um seine Posts auf den Plattformen zusätzlich zu pushen.
Sponsorings und Professionalisierung
„Ich mache das derzeit alles alleine, aber da muss jetzt so langsam eine Assistenz her”, sagt der Pilot. Bisher filme er sich mit seiner Kamera selbst und schneide die Filme dann in seiner Freizeit. Er suche mittlerweile aber bereits nach ersten Teammitgliedern, mit denen er seine Projekte professioneller vorantreiben kann. Dazu gehört in Zukunft sicher auch der eigene Shop, den Captain Joe auf seiner Webseite betreibt. Bisher verkauft er hier Mützen mit seinem Logo drauf. „Ich versuche noch T-Shirts in den Shop zu bringen. Aber dabei geht es gar nicht um das Finanzielle. Die Einnahmen will ich in einen Fund für Schüler packen, damit die sich die Piloten-Ausbildung leisten können.”
Geld verdienen will er vielmehr über Sponsorings in seinen Videos. Zu bisherigen Partnern zählen das Webseiten-Tool Squarespace, die Lernplattform Skillshare oder der Mobilfunkanbieter KnowRoaming. Sehr gut würden auch die Sponsorings von Amazons Hörbuch-Plattform Audible oder von Kopfhörer-Hersteller Bose passen. Die Erfolgsmessung der Partnerschaften funktioniert über Gutscheincodes, die er in die Beschreibungen seiner Videos postet. Bisher mache er keine signifikanten Umsätze mit diesem Business, durch die Arbeit mit einem Team und professionellere Strukturen soll sich das aber bald ändern.