Wie eine kleine Firma immer noch auf der Viral-Welle rund um den TV-Maler Bob Ross reitet

Martin Gardt19.7.2019

Bob Ross Inc. verzeichnet riesige View-Zahlen auf Youtube und Twitch – und macht die Reichweite mit Shirts und Waffeleisen zu Geld

Bob Ross
Bob Ross vor einem seiner typischen Gemälde
Inhalt
  1. Immer noch Millionen Zuschauer
  2. Visual Statements mit Bob
  3. Malutensilien, Waffeleisen, DVDs

Bob Ross kennen sicher viele als den Maler mit Afro und ruhiger Stimme, der meist nachts auf den dritten Programmen Landschaftsbilder malt. Doch obwohl er schon 1995 an Krebs stirbt, ist er heute vielleicht populärer denn je – das zeigen Millionen Views seiner TV-Show „The Joy of Painting“ auf den Plattformen Youtube und Twitch. Mittendrin steckt eine kleine Firma, die der Maler selbst vor Jahren gegründet hat. Wir zeigen, wie die Bob Ross Inc. mit Maluntensilien, Waffeleisen und T-Shirts Geld verdient und mit einfachsten Mitteln auf den Plattformen vom Hype um Bob Ross profitiert.

Fast jeder dürfte schonmal von Bob Ross gehört haben. Ruhige Stimme, Afro-Frisur, Pinsel in der Hand. Der TV-Maler hat insgesamt 403 Folgen seines Fernseh-Malkurses „The Joy of Painting“ zwischen 1983 und 1994 produziert. Sprüche wie „We don’t make mistakes here, just happy little accidents“, „Beat the devil out of it“ (beim Ausschütteln des Pinsels) oder „Everyone needs a friend“ (zu einem Baum oder Stein) haben Millionen Menschen immer noch im Kopf. Gerade erst hat die New York Times seinen unzähligen Landschaftsbildern nachgeforscht – denn die kann man derzeit für kein Geld der Welt kaufen.

Sie befinden sich im Besitz der Bob Ross Inc., die der Maler selbst mit seiner ehemaligen Weggefährtin Annette Kowalski gegründet hat. Heute führt Kowalskis Tochter Joan das Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern in Virginia. „Ich bin nicht sicher, ob Nostalgie das richtige Wort ist“, sagt sie gegenüber der New York Times. „Es hat einfach nicht aufgehört und geht immer weiter.“ Die auch wegen des andauernden Hypes wertvollen Bilder will Bob Ross Inc. aber gar nicht verkaufen, die warten gut verpackt in Kartons auf eine Ausstellung. Stattdessen gibt’s auf der Webseite verschiedenste Produkte mit Ross‘ Konterfei – das Interesse an dem Maler ist vor allem auf Youtube, Twitch und anderen Plattformen ungebrochen.

Immer noch Millionen Zuschauer

Wie groß der Hype um Ross immer noch ist, zeigt ein Blick auf Youtube. Der offizielle Kanal von Bob Ross Inc. kommt auf fast drei Millionen Abonnenten. Dabei hat das Unternehmen dort keinen neuen Content hochgeladen sondern einfach die über 30 Staffeln von „The Joy of Painting“. Allein die allererste Folge des Formats verzeichnet auf Youtube über 4,4 Millionen Views. Deutsche Nutzer können an dieser Stelle leider nicht der beruhigenden Bob-Ross-Stimme lauschen. Die Rechte an der Sendung liegen hier nicht bei Bob Ross Inc. und so sind keine Youtube-Videos des Kanals in Deutschland abrufbar. Aber auch andere Nutzer sind auf den Zug aufgesprungen und erreichen mit einzelnen Folgen von „The Joy of Painting“ sechsstellige View-Zahlen. „Er ist ein Ausweg für viele Leute“, sagt Sarah Strohl, die Assistentin von Joan Kowalski bei Bob Ross Inc. gegenüber der Washington Post. „Menschen erzählen uns, dass sie die Nase voll von dem haben, was gerade in der Welt passiert, also schauen sie sich Bob Ross an.“

Und auch auf Amazons Streaming-Service Twitch sind die Reichweiten beeindruckend. Schon ein erster „The Joy of Painting“-Marathon im Jahr 2015 hatte mit 5,6 Millionen Zuschauern für Aufsehen gesorgt. Daraufhin entschied sich Amazon dazu, immer wieder Folgen der Sendung zu streamen. Bis heute kommt der Account von Bob Ross auf der Plattform auf über 28 Millionen Views. Auf der ersten Twitchcon in Deutschland, einer Konferenz von Twitch für die Community, hatte Bob Ross Inc. einen eigenen Stand, an dem Besucher an Malkursen teilnehmen konnten. Für das Unternehmen zahlt sich die große Reichweite nicht nur durch eine steigende Bekanntheit des Namensgebers aus. Von den laut Analyse-Tool Similar Web 150.000 Visits pro Monat auf der Webseite des Unternehmens, stammen zehn Prozent von Social-Media-Kanälen und wiederum 80 Prozent von Youtube.

Visual Statements mit Bob

Auch auf anderen Kanälen hat Bob Ross Inc. eine Strategie. Auf Instagram und Facebook postet das Team vor allem Visual Statements. Diese bestehen meist aus Zitaten von Bob Ross, die auf eines seiner Bilder gelegt werden. Manchmal ist auch der Maler selbst zu sehen. Auf Facebook hat der Account über 1,5 Millionen Fans, bei Instagram knapp 40.000 Follower. Auch hier sind die Reichweiten mit einfachen Visual Statements beeindruckend. Das jüngste Bild mit Ross und einem passenden Spruch hat auf Facebook über 1.200 Likes und wurde 156 Mal geteilt – seit vorgestern. Und selbst auf der Viralseite Reddit gibt es einen eigenen Kanal (Subreddit) zum Thema Bob Ross. „Happy Trees“ hat mehr als 37.000 Mitglieder, die immer wieder selbstgemalte Bilder im Stile des Malers posten.

Wie es immer so ist mit einem Internet-Hype, ist die Figur Bob Ross längst in der Popkultur angekommen. Auf der eigenen Webseite sammelt Bob Ross Inc. sogar Videos, in denen Youtuber seine Malsendung parodieren oder sich die Nägel im Stile seiner Bildern lackieren. Zuletzt gab es durch einen Teaser für den Superhelden-Film Deadpool 2 viel Aufmerksamkeit für den Maler. Darin zeigt sich der von Ryan Reynolds gespielte Hauptcharakter Deadpool als Bob Ross und persifliert „The Joy of Painting“. Auch hierzu musste Bob Ross Inc. seine Zustimmung geben. „Das war das erste Mal, dass wir uns Sorgen um die Marke gemacht haben“, sagt Joan Kowalski der Washington Post. „Aber zu großen Teilen haben die Leute es verstanden. Sogar Deadpool liebt Bob Ross.“

Malutensilien, Waffeleisen, DVDs

Wohin führt nun aber die ganze Aufmerksamkeit? Zuerst einmal auf die etwas altbackene Webseite von Bob Ross Inc. Hier können Bob-Ross-Fans Malutensilien wie Farben, Pinsel und Leinwände kaufen. Aber auch absurdere Produkte wie Boxer Shorts, Socken, Waffeleisen, Toaster und ein Müsli sind zu haben. Diese produziert das Unternehmen jeweils in Partnerschaft mit einem Hersteller, der auf Tassen, Unterhosen oder T-Shirts spezialisiert ist – Lizenzenbusiness also. 

Außerdem kontrolliert das Unternehmen Malkurse und die Ausbildung der Lehrer („Certified Ross Instructor“). In Deutschland ist das Atelier Weile in Berlin zertifiziert, Malkurse in der Bob-Ross-Technik anzubieten. So ein 3-Tages-Kurs kostet 240 Euro. Wie viel das Unternehmen damit genau verdient, ist nicht bekannt. Aber erst vor Kurzem ist die Bob Ross Inc. in ein größeres Büro umgezogen. Und nachlassen wird der Hype um Bob Ross auch nicht mehr – dafür ist das Interesse schon zu lange so stark. Laut Google Trends suchen die Menschen etwa so häufig nach Bob Ross wie nach Barack Obama. In Deutschland liegt der Maler vorn.

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Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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