Dank Promis und anderen Influencern sind simple Trinkflaschen jetzt ein hippes Luxusprodukt
Mit dieser Markenstrategie machen Flaschen von Bkr und S’well Millionen-Umsätze
- Bkr: 1,5 Millionen verkaufte Flaschen und zweistellige Millionen-Umsätze?
- Kostenlose Mega-PR dank prominenten Influencern
- S’well: Ähnliches Produkt, ähnliche Positionierung und ein Jahr früher am Markt
- Schneller Hype oder langfristiges Business?
Wir haben uns ja schon längst daran gewöhnt, dass um im Kern häufig eher unspektakuläre Produkte wie Detox-Tees, Gummibärchen für schönere Haare oder “Slime” plötzlich ein wahrer Kauf-Hype entsteht – Influencer Marketing sei Dank. Diese Entwicklung dürfte jetzt einen weiteren Höhepunkt erreicht haben. Trinkflaschen werden nicht nur von Promis wie ein Modeaccessoire spazieren geführt, sondern stehen inzwischen auch in Luxus-Boutiquen für bis zu 185 US-Dollar zum Verkauf. Zwei dieser angesagten Bottle-Brands sind Bkr und S’well. OMR stellt sie vor und beleuchtet deren Marketingstrategien.
Hollywood-Schauspielerin Jennifer Garner und Supermodel Gisele Bündchen wurden schon häufiger mit einer Wasserflasche von Bkr gesehen, Julia Roberts und die Redaktion von Jimmy Kimmels Talkshow scheinen eher auf das Produkt von S’well zu setzen. Beide US-Hersteller der angesagten Trinkflaschen haben aktuell aber eines gemeinsam: Sie haben um die Notwendigkeit des Trinkens Lifestyle-Brands aufgebaut, die offenbar Millionen US-Dollar umsetzen. Wie haben sie das – teilweise angeblich sogar ohne jegliche Marketing-Kosten – geschafft?
Bkr: 1,5 Millionen verkaufte Flaschen und zweistellige Millionen-Umsätze?
Nachdem die befreundeten Anwältinnen Tal Winter und Kate Cutler auf der Suche nach Alternativen zu Plastikflaschen lange nichts finden, das sie zufriedenstellt, gründen sie 2011 kurzerhand Bkr in San Francisco. “We decided to make exactly the bottle we wanted: something beautiful, effortless and chic”, erzählen die Gründerinnen gegenüber immunocologie.com. Sie wollen mit ihren Glasflaschen und den Silikon-Überzügen in unterschiedlichen Farben nicht weniger erreichen, als “something so beautiful that it could change people’s habits and in turn, change the world”. Die Flaschen sollen Menschen motivieren, mehr zu trinken – das sei schließlich das Geheimnis für schöne Haut. Außerdem wolle das Duo so den Plastikverbrauch reduzieren.
Das Geschäft mit den je nach Fassungsvermögen zwischen 28 und 55 US-Dollar teuren Flaschen soll laut Tal Winter schon seit 2012 profitabel sein. Anfang 2017 soll das Unternehmen 1,5 Millionen verkaufte Flaschen erreicht haben; glossy.co zufolge gehen Branchenbeobachter von zweistelligen Millionenumsätzen aus. Das neueste Modell unterstreicht die Positionierung als Luxus- und Beauty-Artikel: Das berühmte Londoner Kaufhaus Harrods wird zum Start exklusiv die “Bkr 500 Collection” verkaufen. Der Deckel des 185 US-Dollar teuren Modells ist mit 500 Swarovski-Kristallen besetzt. Der Gewinn soll an “Water for People” gespendet werden.
Kostenlose Mega-PR dank prominenten Influencern
Dass es Bkr in recht kurzer Zeit mit einer Trinkflasche überhaupt so weit bringen konnte – inzwischen führen Beauty- und Luxushändler wie Saks, Neiman Marcus und Sephora die Marke – liege vor allem an der frühen Positionierung. Glossy.co sagt Tal Winter: “If we hadn’t committed to the beauty space from the start, the doors that are open now wouldn’t be open.” Neue Produkte im Beauty-Bereich sollen folgen. Marketingkosten wollen die Gründerinnen bis Anfang 2017 noch keine gehabt haben; jetzt unterhalten sie ein Inhouse-Marketing-Team.
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Von außen betrachtet, könnte allerdings auch der Eindruck entstehen, dass vor allem eine große Portion Glück die größte Rolle beim Erfolg von Bkr spielt: Dank Promis wie Jessica Biel, Jennifer Garner und Gisele Bündchen, die mit Trinkflaschen von Bkr fotografiert werden, und daraus resultierenden Artikeln sowie Bilderstrecken in Beauty-Magazinen kann die Nachfrage schnell mal in die Höhe schießen. Bkr selber nutzt diese Gratis-Influencer natürlich auch für den eigenen Instagram-Account mit fast 72.000 Followern.
S’well: Ähnliches Produkt, ähnliche Positionierung und ein Jahr früher am Markt
Vielleicht ist Bkr aber auch einfach nur zum richtigen Zeitpunkt auf den offenbar noch nicht komplett besetzten Nischen-Zug der hippen Trinkflaschen aufgesprungen. Ein fast zum Verwechseln ähnliches Produkt gibt es mit S’well nämlich schon seit 2010 – und damit ein Jahr länger. Und auch bei der Mission von Gründerin Sarah Kauss aus New York hat man das Gefühl, dass sich die Bkr-Gründerinnen hier eventuell haben inspirieren lassen: ”My mission is to make the world a more beautiful place”, sagte sie kürzlich gegenüber Forbes. Das Magazin bezeichnete die Unternehmerin in dem Artikel als “One Of America’s Most Successful Self-Made Women”.
Bei einem Blick auf die Umsatzentwicklung wird klar, woher diese Einschätzung stammt. So soll S’well den Umsatz von zehn Millionen US-Dollar in 2014 auf rund 100 Millionen US-Dollar in 2016 gesteigert haben. Das Unternehmen verkaufe die Flaschen, die – immerhin ein Unterschied – anders als bei Bkr aus Edelstahl sind, inzwischen in 65 Länder. Sarah Kauss hält immer noch 100 Prozent am Unternehmen und beschäftigt inzwischen über 50 Mitarbeiter; Forbes schätzt ihr Vermögen auf 180 Millionen US-Dollar.
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Auch die S’well-Bottles kommen bei Promis gut an und dürften so ebenfalls von deren Reichweiten profitiert haben. So sehr, dass das Unternehmen von Sarah Kauss vermutlich in Sachen PR sehr lukrative Deals eingehen konnte: Seit 2015 verkauft Starbucks die Flaschen in tausenden amerikanischen Filialen, bei TED-Konferenzen sollen nur Getränke in S’well-Bottles erlaubt sein und Google bezieht bereits gebrandete Versionen der Flaschen. Auch S’well kooperiert in diesem Jahr mit Swarovski. Auf Instagram ist S’well mit aktuell 194.000 Abonnenten Bkr übrigens auch noch ein gutes Jahr voraus.
Schneller Hype oder langfristiges Business?
Auch wenn wir zugegebenermaßen den modischen Aspekt der angesagten Wasserflaschen nicht so ganz nachvollziehen können, kann man das Benutzen von Glas- und Edelstahl- statt Plastikflaschen im Prinzip nur gutheißen. Die Nische für solche ausgefallenen Modetrends dürfte mit S’well und Bkr allerdings gut besetzt sein. Und wenn wir ehrlich sind, war sie das auch schon vor 25 Jahren: Damals war der gute alte Emil die Flasche der Stunde in der Grundschule.