Dieser Instagram-Aggregator mit fast 13 Millionen Fans krempelt das Tourismus-Marketing um

Martin Gardt1.8.2019

Der Instagram-Account "Beautiful Destinations" war mal ein Hobby von Brüdern. Jetzt ist er Marketing-Tool für ganze Länder

Beautiful Destinations
Beautiful Destinations

Mehr als 12,7 Millionen Instagram-Follower können in der Regel nur größere Influencer vorweisen – oder eben „Beautiful Destinations“. Mit spektakulären Fotos aus der ganzen Welt machen die Brüder Jeremy und Tom Jauncy seit 2012 Lust aufs Reisen. Wie die beiden auf den Instagram-Account ein Business aufsetzen, warum ihnen ganze Länder mit ihrem Tourismus-Marketing vertrauen und wie das Unternehmen voraussagen will, welche Bilder die meisten Likes verzeichnen werden, lest Ihr hier.

2012, also in dem Jahr als Facebook Instagram für eine Milliarde US-Dollar kauft, starten die Brüder Jeremy und Tom Jouncy aus Schottland damit, Bilder von schönen Orten auf der Foto-Plattform zu teilen. Schnell steigen die Follower-Zahlen. „Wir hatten Glück, weil wir so früh angefangen haben“, sagt Jeremy Jouncey gegenüber Esquire. „Heute ist es nicht mehr so einfach, große Follower-Zahlen aufzubauen. Aber wir haben viel Zeit und Energie in Social Media gesteckt, bevor Leute darüber nachgedacht haben, es kommerziell zu nutzen. In den Anfangstagen haben alle großen Travel Brands Social Media einfach ignoriert“, so Jouncey.

Schon Mitte 2014 erreicht ihr Account Beautiful Destinations auf Instagram über 1,7 Millionen Follower, seitdem legt das Team ständig um durchschnittlich 83.000 Abonnenten pro Monat zu und verzeichnet heute über 12,7 Millionen Follower allein auf Instagram. 2014 erkennen die Jouncey-Brüder, dass sie aus der Reichweite mehr machen können und machen aus Beautiful Destinations ein Unternehmen, das heute 40 Mitarbeiter in London, New York und Hong Kong beschäftigt.

Bilder mit Viralpotenzial sammeln

Schon seit seinen Anfängen wächst der Account von Beautiful Destinations auf dem Rücken anderer Instagrammer. Als Aggregator sichtet das Team Hunderte Instagram-Accounts und sucht nach Fotos mit dem größten Viral-Potenzial. Die Fotografen würden aber laut Jouncey jeweils vor der Veröffentlichung auf dem Beautiful-Destinations-Account gefragt und müssten erst ihre Zustimmung geben. Der Lohn: Aufmerksamkeit. Der Fotograf Jason Goh erzählt zum Beispiel der Financial Times, dass er 23.000 Follower in einer Woche gewonnen habe, nachdem eines seiner Fotos bei Beautiful Destinations erschienen war.

Beim Monitoring der unzähligen Travel-Fotos auf Instagram hilft dem Team der Hashtag #beautifuldestinations. Allerdings sind mittlerweile auch schon mehr als 37 Millionen Bilder damit versehen. Gleichzeitig hat das Unternehmen ein Netzwerk aus über 200 sogenannten „Ambassadors“ aufgebaut: Foto- und Videografen, die auf Zuruf spezielle Motive fotografieren können, oder auf die sich das Team verlassen kann, wenn es neuen Content braucht. Wenn Fotografen auf den Wunsch von Beautiful Destinations rausgeschickt werden, bekommen sie dafür auch Geld.

Echtes Business aufgesetzt

Für viele wäre es sicher naheliegend, die Reichweite mit klassischen Influencer-Sponsorings zu monetarisieren. Beautiful Destinations fungiert aber eher als Social-Agentur für seine Kunden. Und das sind weniger klassische Brands sondern Tourismusverbände ganzer Länder. Alles sei 2014 mit Dubai und dem Burj Al Arab Jumeirah Hotel gestartet, die erkannt hätten, dass sie auf Social Media aktiv werden müssen. Jaunceys Team lud jede Menge Influencer in das Hotel ein und startete den Hashtag #mydubai. Laut Jauncey seien die Buchungszahlen des Hotels im Monat der Kampagne um 38 Prozent gestiegen.

Der Instagram Feed ist zwar das Aushängeschild des Unternehmens, 90 Prozent des Umsatzes (über den Jeremy Jauncey nicht sprechen will) mache Beautiful Destinations aber über das Schalten von Werbekampagnen auf den Plattformen – oft aber kombiniert mit Partnerschafts-Posts im Feed. Von solchen Kampagnen erhoffen sich ganze Länder im Branding-Wettkampf um die junge Zielgruppe zu gewinnen. „Wir haben enormen Einfluss darauf, auf welchen Plattformen diese Marken aktiv sind“, so Jauncey. „Eine Sache, die ich auch Tourismusverbänden immer wieder sage ist, dass sie im Marketing früher vielleicht saisonal nachgedacht haben. Heute funktioniert Social Media in Echtzeit, jede Sekunde an jedem Tag.“

Kann Beautiful Destinations das viralste Bild vorhersagen?

Nach dem ersten Erfolg mit der Dubai-Kampagne habe der Beautiful-Destinations-Gründer damit begonnen, stärker auf die Daten zu achten, die der eigene Instagram-Feed geliefert habe. Gegenüber der Financial Times spricht er von einer „Vorhersage-Maschine“, die seine Data Scientists entwickelt hätten. Mit dieser könne er heute Klienten zeigen, welche Bilder auf welcher Plattform am besten funktionieren würden. Dabei bilde eine Art Fingerabdruck des Fotos die Grundlage. Dieser setze sich aus Farbe, Farbton, Helligkeit, und Verteilung von Personen im Verhältnis zu Landschaft zusammen.

Das große Problem bei all den Vorhersagen und viralen Fotos: Instagram bietet noch zu wenige Möglichkeiten, das Engagement auch in direkte Sales zu übersetzen. Ein Foto kann noch so viele Likes verzeichnen, ob am Ende daraus Buchungen entstehen, lässt sich noch schwer vorhersagen. Trotzdem will Beautiful Destinations an seinem Modell festhalten. Auf Youtube hat das Unternehmen zwar mit 235.000 Abonnenten vergleichsweise wenig Reichweite, trotzdem produziert Beautiful Destinations aufwändige Promo-Videos für verschiedene Länder und Regionen – und hoffe laut Gründer Jauncey in Zukunft auf die Budgets von Streaming-Anbietern wie Netflix oder Amazon Prime.

Food- und Hotel-Verticals mit Millionen Followern

Sein Business-Model hat Beautiful Destinations schon vor einiger Zeit auf andere Themen übertragen – die aber direkt mit dem zentralen Thema zu tun haben. So hat der Instagram-Account „Beautiful Cuisines“ über 1,2 Millionen Follower, „Beautiful Hotels“ kommt sogar auf mehr als 3,2 Millionen Follower. Das Prinzip ist dabei genau das gleiche: Ziemlich schöne Fotos von Essen oder Hotels von verschiedenen Fotografen werden gesammelt und dann auf den Accounts gepostet. Am Ende zahlen beide Kanäle auf das Kernbusiness, also das Marketing für Tourismusverbände ein.

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Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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