Mit diesem Trick ist Alo Yoga zur nächsten Milliarden-Yoga-Brand nach Lululemon geworden

Torben Lux20.6.2023

Das US-Unternehmen konnte seinen Umsatz zuletzt auf über eine Milliarde US-Dollar verdoppeln

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Hailey Bieber, Gigi Hadid, Taylor Swift, Bella Hadid und Kendall Jenner (v. l.) in Yoga-Hosen von Alo Yoga (Fotos: aloyoga.com, Montage: OMR).

Für die allermeisten Marken wäre es Ritterschlag und Marketing-Jackpot zugleich, wenn auch nur eine prominente, reichweitenstarke Person aus eigenem Antrieb positiv in sozialen Medien über sie reden würde. Bei Alo Yoga dürfte man da inzwischen andere Maßstäbe anwenden. Denn die Yoga-Klamotten-Marke hat mit Hailey und Justin Bieber, Kendall Jenner sowie den Hadid-Schwestern die Influencer-Champions-League als Fans. Aber auf dem Instagram Account von Alo Yoga sind sie nicht zu sehen. Warum das so ist und wie die Marke so wachsen konnte lest ihr hier.

Über eine Milliarde US-Dollar Umsatz im Jahr 2022 und 43 eigene Stores kann Alo Yoga laut Co-Gründer und CEO Danny Harris vorweisen. Damit ist die Marke, wie das Wall Street Journal richtig feststellt, im Vergleich zu einem Global Player und dennoch Wettbewerber wie Nike (fast 50 Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr 2022) natürlich noch ein Zwerg. Und auch zu Lululemon, sowas wie der Yoga-Pants-Platzhirsch, und seinen 8,1 Milliarden US-Dollar Umsatz im vergangenen Jahr fehlt Alo Yoga noch ein bisschen. Dennoch: Das Momentum scheint derzeit bei Alo Yoga zu liegen.

Schon 2007 gründen die beiden Kindheitsfreunde Marco DeGeorge und Danny Harris, heute beide 50 Jahre alt, Alo Yoga. Der Name Alo setzt sich aus den Anfangsbuchstaben von „air“, „land“ und „ocean“ zusammen. Die Marke sollte vor allem Menschen dazu anspornen, mehr Yoga zu machen – mit Hilfe der Klamotten-Designs, natürlich. Die Berufung der Brand: „Spreading mindful movement, inspiring wellness and creating community“. Was schon auf englisch leicht esoterisch klingt, lässt sich kaum ins Deutsche übersetzen. Es dürfte aber eben auch dieser Fokus auf Trend-Themen wie Achtsamkeit sein, der Alo Yoga zuletzt enormen Rückenwind verliehen hat.

Hosen, Matten, Schmuck, Hüte – und was sonst noch (nicht) mit Yoga zu tun hat

Die Produktpalette hat sich in den vergangenen Jahren stark vergrößert. Neben dem klassischen Yoga-Outfit, also meistens Hose und Top, findet man im Online-Shop von Alo Yoga heute außerdem Unterwäsche, Sonnenbrillen, Schmuck, Taschen, Hüte, Körperpflege-Produkte – und das seit 2015 und zuletzt verstärkt auch für Männer. Optisch ist die Marke dabei manchmal fast schon aufdringlich zurückhaltend. Schlichte, einfarbige Teile und wenn überhaupt ein kleines, hin und wieder etwas verstecktes Logo. Das scheint nicht nur den Zeitgeist gut zu treffen, sondern sorgt auch dafür, dass prominente Fans die eigentlich als Funktionskleidung gedachte Marke immer wieder als Streetwear interpretieren.

Die Liste der Mega-Influencer, die Teil der sogenannten „Alo-Community“ sind, liest sich wie ein Promi-Who’s-who: Hailey und Justin Bieber, Kendall Jenner, Taylor Swift, Jennifer Lopez, Addison Rae, DJ und Produzent Diplo, US-Basketball-Profi Jimmy Butler, Schauspielerin Olivia Wilde, die Models Bella und Gigi Hadid. Bezahlte Deals sollen das laut Alo Yoga nicht sein, viele Promis bekämen die Klamotten lediglich zugeschickt und würden zudem die Flagship-Stores nutzen, die mehr Wellness- und Fitness-Tempel als Klamottengeschäft sind.

Der Trick: Sieh uns bei den Promis, kauf uns wegen der Yogis

Auf den ersten Blick erstaunlich ist dabei, dass keine*r der Prominenten auf dem Instagram Account von Alo Yoga zu sehen ist. Sondern dort sind nur Yoga-Lehrer*innen und -Influencer*innen zu sehen, die bei Instagram in der Regel fünf- bis sechsstellige, selten siebenstellige (so wie Sjana Elise Earp) Follower-Zahlen verzeichnen. Angeblich hat sich die Marke eine Community (die „Alo Family“) aus 4.000 solcher „Yoga Pros“ aufgebaut. „Wir wollen der Community auf Instagram eine Bühne geben“, so die damalige Marketingchefin Amanda Porter in einem Interview im Jahr 2017. Das hat das Unternehmen nicht davon abgehalten, Medien per Pressemeldungen und eigene Blog-Artikel darüber zu informiert, welche Promis nun wieder Alo-Klamotten getragen haben.

Dahinter steckt offensichtlich eine bewusste Strategie: Potenzielle Neukund*innen lernen die Marke über Promis kennen und sehen dann auf dem Instagram-Feed der Marke, dass dort nur Yoga-Profis das Produkt empfehlen – was die Marke glaubwürdiger erscheinen lässt, als wenn sie nur von Promis gegen Bezahlung gepusht werden würde. „Wenn wir nur unser Megaphon in unsere Yoga-Welt hinausstrecken, wie sollen wir dann den Markt wirklich erweitern?“, so Gründer und CEO Danny Harris 2017 gegenüber Fashionista. „Aber Selena [Gomez] kann hoffentlich das Interesse der Leute an Alo wecken, und wenn sie dann auf unsere [Instagram]-Seite kommen, werden sie sehen, dass es sehr auf Yoga ausgerichtet ist.“

Aggressive Expansion und Fokus auf das digitale Geschäft

Dass Alo Yoga weiterhin viel Wachstumspotenzial sieht, zeigt auch folgender, durchaus ambitionierter, Plan: Während das Unternehmen Anfang 2023 noch auf nur insgesamt zehn Stores in den USA und Kanada gekommen sei und es aktuell 43 seien, sollen es im kommenden Jahre bereits 100 werden. „Wir werden jede Woche einen neuen Store eröffnet“, sagt CEO Danny Harris gegenüber footwearnews.com. Und da ginge es nicht nur um die USA. Man arbeite an drei großen Locations in London und an ein paar weiteren in Paris.

Bei dieser Offline-Offensive verwundert es dann fast schon ein wenig, dass Harris gleichzeitig nicht müde wird, das Tech-Mindset hinter Alo Yoga zu betonen. Man sehe sich mehr als digitale Marke und weniger als Fashion Brand oder stationärer Einzelhändler. Im Gespräch mit der Washington Post zieht er einen überraschenden Vergleich: „Ich sehe Alo wirklich eher als ein Tesla“, so Harris. Die anderen – also vermutlich der Wettbewerb – seien Ford, Chrysler und General Motors.

Alo Yogas Kunden-Suche bei Roblox…

Wie dieses Tesla der Yoga-Brands aussieht: Seit Anfang 2022 ist Alo Yoga mit einem virtuellen Store bei Roblox vertreten. Die Spiele-Plattform zieht mit seinem Metaverse-Ansatz seit Jahren viele große Brands an. Alos Angebot bei Roblox: saisonal limitierte Items, die User zum Beispiel durch Meditationen erspielen können. Das kann ein virtueller Schlapphut sein, die neueste Yogamatte oder spezielle Posen. Damit unterscheidet sich Alo Yoga nicht groß von anderen Fashion-Playern, die ihre Produktpalette bei Roblox feilbieten.

Nike beispielsweise ist mit „Nikeland“ bereits seit September 2021 auf Roblox dabei. Das Spiel wird regelmäßig aktualisiert, zuletzt erst vor wenigen Tagen am 15. Juni. Oder Gucci, mit „Gucci Town“ seit Ende Oktober 2021 auf Roblox aktiv, ebenfalls am 15. Juni aktualisiert. Beide Mega-Brands schaffen es aber nicht, auf die Anzahl der Besuche des Roblox-Spiels zu kommen, die Alo Yoga schon jetzt generiert hat. Während es bei Nike 33,2 Millionen und Gucci 44,8 Millionen Besuche seit fast zwei Jahren waren, stehen bei Alo Yoga bereits über 83 Millionen Besuche auf dem Profil.

…und im Web3

Bei einer Roblox-Präsenz hört es für Alo Yoga allerdings nicht auf. Im März dieses Jahre launchte die Marke in Kooperation mit dem Krypto-Spiel „The Sandbox“ (hier im OMR-Porträt) eine virtuelle Kollektion. Insgesamt seien 2022 so mehr Alo-Leggings im Metaverse getragen worden, als im echten Leben, betont Angelic Vendette, Global Head of Marketing bei Alo Yoga.

Kurz vorher hatte Alo Yoga bereits erste Schritte im Web3 gemacht: Teile der Kollektion „Aspen Ski“ gab es für Kaufende zusätzlich als NFT, VR-Shopping auf Metas Headset „Quest 2“ gibt es ebenfalls schon. Seit Juni 2022 kann man im Check-Out-Prozess des Online-Shops außerdem mit Kryptowährungen bezahlen, wenn man sich in den USA aufhält, Mitarbeitende können entscheiden, ihr Gehalt in Kryptowährungen ausgezahlt zu bekommen. Für Co-Gründer und CEO Danny Harris steht fest: „Web3 wird schnell zur Zukunft von Fashion und Wellness.“ Bei all den Aktivitäten will man ihm glauben.

Wann endet der Hype?

Wenn einige der größten Influencer*innen der Welt die Workout-Kombis einer Marke auf der Straße tragen, ihr so massive Reichweite verschaffen und das Wachstum erst so richtig anfeuern, stellt sich dennoch eine Frage: Wie lange kann man das Momentum halten? Lässt sich, zum Teil auch zufälliger Erfolg, langfristig skalieren? Was passiert, wenn Kendall Jenner, Hailey Bieber & Co. die Marke zwar noch mögen, aber Geld für ihre Werbeleistungen verlangen?

Der Sneaker von Alo Yoga war nach einer halben Stunde ausverkauft. Zur Zeit gibt es lediglich eine Warteliste.

So richtig konkrete Antworten scheint es auf diese Fragen (zumindest öffentlich) noch nicht zu geben. Zuletzt erweiterte Alo Yoga erst einmal erneut seine Produktpalette. Der „Alo X 01 Classic“, ein Sneaker für 185 US-Dollar, war nach 30 Minuten ausverkauft. Beim zweiten Drop hat das sogar nur 27 Minuten gedauert. Interessierte können sich aktuell online in eine Warteliste eintragen.

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Torben Lux
Autor*In
Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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