Aalborg BK: Wie diese drei Influencer es sich mit den dänischen Fußballfans verscherzt haben

Trymacs, ViscaBarca und UnsympathischTV beteiligen sich am dänischen Fußballclub Aalborg BK und ziehen sich keine zwei Wochen später unter Protest der Fans wieder zurück

Das unkonventionell gedachte Influencer-Investoren-Projekt beim Fußballclub Aalborg BK ging nach hinten los.
Das unkonventionell gedachte Influencer-Investoren-Projekt beim Fußballclub Aalborg BK ging nach hinten los.

Dieses Investment hatten sich alle Parteien ganz anders vorgestellt: Die drei reichweitenstarken deutschen Influencer Maximilian Stemmler (als Streamer besser bekannt unter dem Namen Trymacs), Anton Rinas (ViscaBarca) und Sascha Hellinger (UnsympathischTV) beteiligten sich über eine Firma von Ex-Fußballprofi Thomas Hitzlsperger am dänischen Zweitligisten Aalborg BK und zogen am vergangenen Sonntag schon wieder die Reißleine. Wie konnte das passieren?

Am 22. Februar ist die Vorfreude noch groß: "Alle drei Influencer lieben den Fußball, seine Traditionen und die Fankultur. Sie planen, regelmäßig die Heimspiele von Aalborg BK im Aalborg Portland Park zu besuchen, und haben sich bereits mit der Fankultur und der Geschichte des Vereins auseinandergesetzt", heißt es in einer offiziellen Pressemitteilung, in der sich auch ViscaBarca wie folgt zitieren lässt: "Fußball bestimmt mein Leben mehr als alles andere auf dieser Welt. Daher ist es aus meiner Sicht nur logisch, dieses große Puzzleteil hinzuzufügen und weiter in die Geschäftswelt des Fußballs einzutauchen."

Beteiligung über Firma von Ex-Nationalspieler Hitzlsperger

Um genau zu sein, hat ViscaBarca gemeinsam mit Trymacs und UnsympathischTV in die Sport Strategy Excellence 22 GmbH & Co. KG (kurz: SSE22) investiert, die sich wiederum Anfang 2023 für gut zwei Millionen Euro rund 20 Prozent der Anteile am dänischen Zweitligisten Aalborg BK sicherte. Die SSE22 ist ein Unternehmen des 52-maligen Nationalspielers Thomas Hitzlsperger, dem ehemaligen HSV-Vorstand Joachim Hilke sowie Bernhard Peters, seines Zeichens unter anderem Ex-Sportdirektor der TSG Hoffenheim und des Hamburger SV. Auch sportlich läuft es derzeit für den ambitionierten Absteiger gut: In der dänischen Nordic Bet League thront Aalborg nach 20 Spieltagen auf dem ersten Rang.

Abseits des Rasens jedoch ging es in den vergangenen zwei Wochen weniger harmonisch zu. Am 3. März klingen die Statements von ViscaBarca im eigenen Podcast schließlich weniger frohlockend: "Ich glaube, das ganze Projekt war von Anfang an zum Scheitern verurteilt, weil einfach nicht alle Parteien und insbesondere die Fans vom Verein abgeholt worden sind. Aber zu uns wurde gesagt: Hey, ihr seid voll willkommen." Genau wie ViscaBarca erklärt auch Trymacs (via Twitch und Youtube) an diesem 3. März seinen Rückzug aus dem Projekt.

Aalborg BK als "FIFA Manager Modus in real life"?

Die Beiden – und das sei an dieser Stelle ausdrücklich betont – geben in ihren Statements sehr selbstkritisch und offen auch Fehler in ihrer eigenen Kommunikation zu. Denn nach dem Bekanntwerden des Einstiegs als Investoren zog allen voran ViscaBarca mit diversen Aussagen den Ärger von Kreisen der Fanszene auf sich. Beispielsweise bezeichnete ViscaBarca Aalborg in einem Youtube-Video als „unseren eigenen“ Verein. Und weiter: "Stellt euch mal vor, ich lade in ein paar Jahren einen Vlog hoch, wo mein Verein gegen Galatasaray in der Europa League spielt. Was wäre das für eine geile Geschichte." Oder: "Uns wurde die Chance gegeben, FIFA Manager Modus in real life zu spielen."

Wenig überraschend kommen derartige Aussagen selbst bei den gegenüber Investoren tendenziell offenen dänischen Fans alles andere als gut an. Vor allem dann nicht, wenn man bedenkt, dass sich das Influencer-Trio laut Trymacs über sein Investment in Summe nur knapp ein Prozent der Anteile an Aalborg BK sicherte. "Das war wirklich nicht viel Geld und da gab es auch nicht viel Geld zu holen", sagt Trymacs in seinem Rückzugs-Statement.

In einer gemeinsamen Mitteilung erklärte Aalborg gemeinsam mit einigen Fangruppen anfangs zunächst, dass einige Äußerungen in den Videos der Influencer "irreführend" gewesen seien. Die entsprechenden Videos wurden daraufhin angepasst. "Im Dialog mit allen Beteiligten wurde klargestellt, dass alle Entscheidungen in Bezug auf die sportlichen Aspekte des Vereins, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft, ausschließlich von der Geschäftsführung des Clubs getroffen werden", hieß es vonseiten des Clubs, um zu beschwichtigen. Doch dafür war es offensichtlich schon zu spät. Insbesondere von der Fan-Vereinigung "Vesttribunen" hagelt es massive Kritik über das Auftreten der Influencer.

Views bei Youtube: 2,4 Milliarden vs. 2,4 Millionen

Der dänische Club hatte sich von dem Einstieg unter anderem erhofft, zu mehr Aufmerksamkeit zu kommen. Und das Potenzial war ziemlich groß: ViscaBarca gilt als der größte Stadion-Vlogger Deutschlands, während Trymacs unter anderem den Hamburger Amateurfußballverein SSV Hardstuck ins Leben gerufen hat und zudem ein Team in der neuen Baller League von Mats Hummels und Lukas Podolski stellt – genauso wie auch Sascha Hellinger von UnsympathischTV, der sich übrigens bis dato noch gar nicht zur Thematik geäußert hat.

Allein bei Youtube kommen die Videos von Trymacs, ViscaBarca und UnsympathischTV auf zusammengerechnet rund 2,4 Milliarden Aufrufe. Zum Vergleich: Bei den Views von Aalborg-BK-Inhalten steht ebenfalls eine 2,4 – dahinter allerdings die Angabe Millionen, es fehlen also ganze drei Nullen. Bei Instagram kommen die drei Internet-Größen derweil zusammen auf 3,4 Millionen Follower, während Aalborg BK auf der Plattform gerade einmal 45.600 zählt.

Gesteigerte Reichweite sollte auch Sponsoren anlocken

"Neben dem sportlichen Erfolg ist es wichtig, den Verein dabei zu unterstützen, neue Fans über verschiedene Kommunikationsplattformen zu erreichen. Fans und Sponsoren wollen so viele Informationen über ihren Lieblingsverein und ihre Idole wie möglich. Das gilt nicht nur für die 90 Minuten auf dem Platz, sondern auch zwischen den Spielen", sagte Thomas Hitzlsperger über die strategische Bedeutung der neuen Geldgeber. Laut Geschäftspartner Joachim Hilke könnten künftig "auch Sponsoren stärker in die Content-Creation eingebunden werden". Denn "mit der zunehmenden Reichweite des Vereins und der Spieler" werde sich auch die Reichweite für die Partner vergrößern.

Ihre unkonventionell gedachten Pläne mussten Aalborg BK und die SSE22-Verantwortlichen um Hitzlsperger und Hilke nun zwar vorzeitig begraben. Aber immerhin waren sie sowohl für alle Beteiligten als auch für Außenstehende "Lessons Learned" an der sensiblen Influencer-Investoren-Schnittstelle im Profifußball – und zwar "in real life".

SportbusinessInfluencerTrymacsFußball
Henning Eberhardt
Autor*In
Henning Eberhardt

Henning ist bei OMR seit Anfang 2023 für Sport- und Gaming-Inhalte zuständig. Von 2010 bis 2019 pendelte er für den Sportbusiness-Verlag SPONSORs als Redakteur zwischen Fußballstadion und Formel-1-Rennstrecke. Anschließend wechselte der waschechte Insulaner zum Marketing-Medium absatzwirtschaft in die Handelsblatt-Gruppe.

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