Millionen-Umsatz mit 1-Mann-Unternehmen: Vier Erfolgsbeispiele zeigen, wie es geht
Diese 1-Mann-Unternehmen beweisen, dass Erfolg auch ganz ohne Mitarbeiter möglich ist
- Tools4Wisdom: Erbauliche Notizbücher aus dem Wohnzimmer
- Automatisierter Druck und Verkauf
- Willow and Everett: Das Power-Paar mit Hang zu Kaffee und Tee
- Zuerst exklusiv auf Amazon
- Science of Skill: Selbstverteidigung als Abo-Modell
- Finanzierung für das Herzensprojekt
- Examine.com: Supplement-Wikipedia
- Mit Content Geld verdienen
Ein Business mit einem Millionen-Umsatz aufzubauen ist schon im Team nicht einfach. Immer wieder beweisen aber auch Einzelgänger, dass es ganz ohne Hilfe von Kollegen klappen kann. In vier Beispielen zeigen wir, mit welchen Strategien die Ein-Mann-Unternehmer ihr Business groß gemacht haben, warum sie dazu meist nicht mal die Wohnung verlassen müssen und welche Tricks Ihr Euch abgucken könnt.
Vor drei Jahren hatten wir hier das erste Mal über zwei Unternehmer gesprochen, die ganz allein Millionen-Unternehmen aufgebaut haben. Das Thema kam bei Euch extrem gut an, deshalb dachten wir: Warum nicht mal ein paar weitere Beispiele zeigen. Auch in Deutschland ist die Zahl der „Solo-Selbstständigen“ in 2017 leicht angestiegen. 2,31 Millionen Deutsche haben eine Firma ohne Angestellte. Darunter sind natürlich viele Handwerker. Wir schauen bei den 1-Mann-Unternehmern auf Marketer und Online-Shop-Betreiber, die für sich eine extrem erfolgreiche Nische gefunden haben.
Tools4Wisdom: Erbauliche Notizbücher aus dem Wohnzimmer
Der 38-jährige Laszlo Nadler lebt in New Jersey und macht über zwei Millionen US-Dollar Umsatz pro Jahr. Und zwar mit einer Kombination aus Planer und Kalender – inklusive gedruckter Aufforderungen, Gedanken und Gefühle zu Papier zu bringen. In seinem Online-Shop und über Amazon verkauft Nadler diese sich nur durch ihre Cover unterscheidenden Heftchen für knapp 40 US-Dollar pro Stück. Vor fünf Jahren startet Nadler mit seinem Unternehmen „Tools4Wisdom“, vor zwei Jahren macht er bereits eine Million Dollar Umsatz und gibt seinen Hauptjob auf. Bis heute kümmert er sich von seinem Wohnzimmer aus um das Wachstum seines Unternehmens.
„Die Größe deines Unternehmens ist nicht entscheidend, wenn du die richtigen Köpfe dabei hast“, sagt Nadler. Er selbst arbeitet jahrelang als Projektmanager bei der Bank of America. Sein Planer-Business soll zu Beginn eigentlich nur eine Möglichkeit für Nebeneinkünfte sein. Aber schon von Anfang an sei es ihm darum gegangen, das Geschäft so automatisiert wie möglich aufzusetzen. Ein Shop mit einfach zu produzierenden Produkten schien ihm am besten dafür geeignet zu sein. „Los ging die Begeisterung für Planer in der Uni“, sagt Nadler gegenüber Forbes. Ich hatte einen Nervenzusammenbruch in meinem ersten Jahr, als ich realisierte, was ich noch alles schaffen muss. Mein Mitbewohner hat sich mit mir hingesetzt und gesagt, ich solle einfach ein Stück Papier nehmen und eine Liste mit Aufgaben schreiben.“
Automatisierter Druck und Verkauf
Nachdem er sich die Planer-Idee in den Kopf gesetzt hatte, gestaltet er die ersten Produktentwürfe mit dem Drucker in seiner Wohnung. Das Produkt selbst testet er in seinem Berufsumfeld an sich selbst. Er entscheidet sich für ein Design und startet mit der Automatisierung. Die hängt vor allem am Druck der Heftchen, den er an ein Unternehmen auslagert. Die ersten Planer verkauft er über Amazon. Er nutzt das Fulfilment des E-Commerce-Riesen und muss so nicht einmal die Produkte verpacken und verschicken, die gehen direkt von seinem Druckdienstleister in Amazons Lager. „Bei Amazon sind deine Startup-Kosten eigentlich nahe an null Dollar“, sagt Nadler. „Du brauchst nur einen Seller-Account für 50 US-Dollar pro Monat.“
Die Automatisierung seines Commerce-Geschäfts sei der Grundstein für die schnell wachsenden Umsätze: „Wenn du deine Lieferkette automatisieren kannst, kannst du eigentlich unendlich skalieren.“ Mittlerweile sei sein größter Wachstumsfaktor aber Kundenservice: „80 Prozent des Tages kümmere ich mich um Wachstum, die meiste Zeit versuche ich, die Erwartungen der Kunden zu übertreffen.“ Dabei gehe es zum Beispiel um das Managen der Rezensionen auf Amazon. Auf der US-Seite der Plattform haben seine 2018er-Planer eine 5-Sterne-Bewertung bei über 100 Bewertungen. Darüber hinaus hat er seine Kunden-Antworten automatisiert. Jeder Nutzer, der ihm eine Mail schreibt, bekomme eine persönliche Nachricht zurück und könne ihm wiederum direkt antworten.
Einen Tipp für Unternehmer, die es im E-Commerce alleine probieren wollen, hat Nadler auch noch: „Suche nach einem simplen Produkt, das wenige Nutzerfragen und Reklamationen auslöst.“ Für Inspiration solle man Top-Seller auf Amazon in Kategorien anschauen, die einen auch interessieren.
Willow and Everett: Das Power-Paar mit Hang zu Kaffee und Tee
Schon als Ben und Camille Arneberg mit ihrem Unternehmen Willow and Everett Anfang 2015 an den Start gehen, haben sie die Umsatzmillion als großes Ziel im Blick. Im April 2016 erreichen sie diese Marke durch den Verkauf von hochwertigen Küchenutensilien – vor allem Tee- und Kaffeekannen. Die beiden verkaufen heute, mit Ende 20, ihre Produkte in die ganze Welt. Wie bei Laszlo Nadler hat Amazon ihnen diese Tür aufgestoßen. Auch auf der deutschen Amazon-Seite gibt es verschiedene Willow and Everett-Produkte.
Vor dem Erfolg mit dem Startup hatten die Arnebergs mit einem Fitness-Unternehmen ihr Glück versucht. Das scheiterte jedoch ziemlich schnell. „Das Produkt war nicht einzigartig oder begehrenswert genug, um bei der Kundschaft gut anzukommen“, sagt Ben Arneberg gegenüber Forbes. Es folgt ein Brainstorming, welche Produkte die beiden noch leidenschaftlich gern verkaufen würden. Weil sie gern Freunde zu Besuch haben, wollten sie hochwertige Produkte rund um Essen und Trinken anbieten, die aber nicht zu viel Geld kosten. Eine Teekanne kostet zum Beispiel 20 Euro, das Paket aus Salz- und Pfefferstreuer 13 Euro.
Zuerst exklusiv auf Amazon
Das Paar baut sein Unternehmen mit 5.000 US-Dollar Startkapital auf, das größtenteils für das erste Produktinventar draufgeht. Sie entscheiden sich in der Folge für das Amazon-Exclusives-Programm, bei dem Unternehmen Amazon versichern, ihre Produkte nur auf der Plattform anzubieten. Dafür bekommen Unternehmer einen Brand-Manager von Amazon gestellt und verschiedene Vorteile wie vergünstigte Schaltung von Display Ads auf Amazon.
Das Wichtigste sei gewesen, mit immer neuen Produkten den Markt zu testen. „Wir haben gelernt, dass du bei fünf Produkten, die du auf den Markt bringst, vielleicht ein oder zwei Hits dabei hast. Der Rest sind Nieten“, sagt Ben Arneberg. „Wir rechnen schon damit, nicht funktionierende Produkte dabei zu haben, wenn wir neue auf den Markt bringen.“ Mittlerweile verkaufen sie nicht mehr nur auf Amazon, sondern auch im eigenen Online-Shop, Amazon ist aber immer noch Umsatztreiber Nummer 1. Der Prime Day (Amazons Rabatte-Tag) brachte den beiden Gründern 2017 das 15-fache des täglichen Bestellvolumens auf der Plattform.
Science of Skill: Selbstverteidigung als Abo-Modell
Gar nicht auf Amazon angewiesen ist Dan Faggella. Der hat nicht nur einen schwarzen Gürtel in brasilianischem Jiu-Jitsu, sondern auch eine Millionen-Company aufgebaut. 2012 startet er Science of Skill, heute ein Anbieter von Kursen und Produkten rund um Martial Arts und Selbstverteidigung. Nachdem das Dach seines Fittnesstudios eingestürzt war, wollte er ein skalierbares Geschäft aufbauen und hatte die Idee mit den Lernvideos. Über kürzere Clips seiner Kämpfe auf Youtube (meist der schmal gebaute Faggella im Duell mit größeren Gegnern) zieht er die ersten Kunden auf seine Webseite. Auch ein Buch über Techniken, um größere Gegner zu besiegen, habe viele Nutzer auf seine Seite gespült. In der Kategorie „Skill Development“ habe es lange Platz 1 der Amazon Bestseller belegt. Ein halbes Jahr nach dem Start von Science of Skill macht er über 20.000 US-Dollar Umsatz im Monat.
Mittlerweile mache das Unternehmen deutlich über 200.000 US-Dollar Umsatz pro Monat, den Großteil über Abos. Der 29-Jährige hat es offenbar geschafft, seine Zielgruppe von den Vorteilen einer Subscription zu überzeugen. Wer zum Beispiel sieben US-Dollar pro Monat zahlt, bekommt Rabatte auf Produkte im Shop (Messer, Waffen, DVDs usw.). Kunden, die 57 US-Dollar pro Monat berappen, können Produkte auf Kredit kaufen und alle Video-Kurse ansehen – die kosten normalerweise etwa zehn Dollar. Den Zugang zum Membership-Programm hat Faggella ziemlich clever gestaltet. Jeder kann ein „Lifetime Membership“ kostenlos abschließen und bekommt gratis Versand und Zugriff auf die Blog-Artikel. Beides hat keinen großen Gegenwert, macht die Nutzer aber mit dem Abo-Modell von Science of Skill bekannt.
Finanzierung für das Herzensprojekt
„Um wirklich zu wachsen mussten wir einfach mehr machen als nur brasilianisches Jiu-Jitsu“, sagt Faggella gegenüber Business Insider. Das Thema Selbstverteidigung habe erst so richtig für Wachstum gesorgt. Hinzu kommt, dass er sich im digitalen Marketing ganz gut auskennt. 2013 gründete Faggella den Marketing-Automation-Blog CLV Boost. Die hier beschriebenen Marketing-Techniken habe er auch für sein Millionen-Business eingesetzt.
Mittlerweile hat Faggella sein Unternehmen an einen privaten Käufer für über eine Million US-Dollar verkauft. Sein Ziel sei es schon seit längerem gewesen, mit Science of Skill genug Geld zu machen, um sein eigentliches Herzensprojekt zu starten. „Ich bin nicht der Typ, der ein Unternehmen auf 40 Millionen Dollar Umsatz bringt. Ich will das Business nicht machen, bis ich 85 Jahre alt bin“, sagt Faggella. Heute führt er das Startup Emerj (vorher TechEmergence) als CEO. Die Company agiert als Unternehmensberatung im Bereich AI und Automatisierung.
Examine.com: Supplement-Wikipedia
Sol Orwell hat aus einer Idee, die er bei Reddit bekam, ein Millionen-Business aufgebaut. 2009 war er noch übergewichtig und versuchte mit Hilfe der Fitness-Community auf der Plattform abzunehmen. „Als ich dem Subreddit r/Fitness beigetreten bin, waren da 5.000 Leute drin. Beim Start von Examine.com 2011 waren es 50.000 und heute sind 6,4 Millionen Nutzer in der Gruppe“, sagt Orwell. Schon zu Beginn fällt ihm auf, dass neu hinzukommende Community-Mitglieder immer wieder die gleichen Fragen stellen – vor allem zu Nahrungsergänzungsmitteln. Also beschließt er, ein digitales Lexikon zu dem Thema aufzubauen und kauft für über 40.000 US-Dollar die Domain Examine.com (dt. untersuchen).
Mit einem Partner sammelt Orwell wissenschaftliche Untersuchungen und Informationen zu den jeweiligen Supplements und baut so Schritt für Schritt sein digitales Lexikon auf. Den ersten Traffic für die Seite holt Orwell folgerichtig von Reddit. „Es war wie eine Symbiose gleich zum Start“, sagt Orwell. „Wenn Leute auf Reddit anfingen, Fragen zu stellen, verlinkten auch andere Nutzer direkt zu uns.“ Er selbst habe die Plattform nicht nur genutzt, um einfach Links zu verteilen, sondern sei weiterhin aktiv Teil der Community gewesen. Der Traffic-Erfolg bei Reddit habe vor allem Auswirkungen auf Search-Rankings gehabt, so sei Examine.com bei vielen Keywords auf der ersten Google-Seite platziert. Bis zu 50.000 Visitors kommen laut Orwell pro Monat organisch von Google. „Das Schöne ist, wenn du eine Autorität bei einem Thema bist, wollen die Leute mit dir arbeiten. Wir verzeichnen zwei Millionen Visitors pro Monat und unsere E-Mail-Liste umfasst ein paar Hunderttausend Nutzer“, sagt Orwell.
Mit Content Geld verdienen
Wer an die Nahrungsergänzungsbranche denkt, dem fällt der folgerichtige Schritt für Examine.com eigentlich direkt ein, wenn es um potenziellen Millionenumsatz geht: einfach selbst Supplements verkaufen. Orwell habe sich aber der Glaubwürdigkeit wegen sofort gegen das Geschäftsmodell entschieden. Stattdessen verdient das Unternehmen seinen siebenstelligen Umsatz durch den Verkauf von Informationen. Examine.com hat derzeit drei Produkte im Angebot: ein Step-by-Step-Guide zur richtigen Kombination von Supplements (50 US-Dollar), eine Hilfstabelle zum Erreichen von Fitness-Zielen (50 US-Dollar) und ein Monatsabo der aktuellen Forschungsergebnisse zum Thema (30 US-Dollar pro Monat).
Das Abo-Produkt habe Orwell vor allem über Influencer und Affiliate-Deals groß gemacht: „Ich habe über 500 Leute aus der Fitness-Community angeschrieben und ihnen 40 Prozent Provision versprochen. Ich habe mit Influencern auf Facebook gesprochen und gefragt, ob sie das Produkt promoten – sie haben ja gesagt.“ Statt Affiliate-Netzwerke zu nutzen, habe Orwell auf das persönliche Verhältnis zu den Influencern gesetzt. Das erste Ziel sei der Verkauf von 1.000 Abos insgesamt gewesen. Nach dem ersten Tag hatte Orwell schon 800 verkauft, nach der ersten Woche waren es 3.000.