Dieser Typ kommentiert Deutschrap-Gossip und ist damit zur Youtube-Kultfigur geworden

Torben Lux11.10.2019

Der Kanal "Rap Schau" kommt bereits auf fast 100.000 Abonnenten

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Mr. Rap präsentiert sich auf seinem Youtube-Kanal "Rap Schau" ausschließlich mit einer bunten Maske. Unter anderem hatte er schon Sido zu Gast.

Streaming-Rekorde, nie dagewesene Chart-Erfolge und Millionen-Reichweiten auf sozialen Plattformen – Deutschrap erlebt seit ein paar Jahren einen absoluten Hype. Dass das Interesse der Fans am Gossip ihrer Stars riesig ist, haben auch zwei Freunde erkannt. Seit Sommer 2018 betreiben sie den Youtube-Kanal „Rap Schau“, auf dem der maskierte „Mr. Rap“ neue Tracks und die aktuellen Entwicklungen der Szene meist mit viel Ironie kommentiert. Fast 100.000 Nutzer folgen dem Channel bereits, auch unter Rappern selber ist er längst Kult. OMR hat mit Mr. Rap gesprochen.

„Was für Tagesschau?! Wir bringen die wirklich wichtigen Newz. Egal ob Albumpromo, Beef oder die peinlichen Versuche der deutschen Medien, sich mit Deutschrap zu befassen – bei uns kommt alles aufn Tisch. Alles rund um Deutschrap – sonst nichts! RapSchau!“, so die kurze Beschreibung des Youtube-Kanals „Rap Schau“. Anfang August 2018 haben die Betreiber den ersten Clip hochgeladen, bis heute sind 352 weitere hinzugekommen. Über 14 Millionen Mal wurden die Videos bisher angeschaut, 96.500 Fans haben den Channel abonniert. 

In den häufig nur drei bis fünf Minuten kurzen Videos mit Titeln wie „Wie KOLLEGAH seine Alphas abzieht! || RapSchau“, „CAPITAL BRA: Statement zu BUSHIDO, Trennung von EGJ und der Marke „Capital Bra“! || RapSchau“ oder „Fake Streams: XATAR, MERO428, FERO47, SERO EL MERO, FLER, CAPO uvm. äußern sich! || RapSchau“ spricht immer der mit einer bunten Sturmhaube maskierte Mr. Rap direkt in die Kamera; im Hintergrund eine mit Fotos dutzender deutscher Rapper beklebte Wand. 

Wer ist Mr. Rap?

Hinter dem Format Rap Schau stecken zwei befreundete Rap-Fans. Thomas (Name von der Redaktion geändert) steht als Mr. Rap vor der Kamera, sein Kumpel (Mr. Beatz) macht unter anderem Videoschnitt, sucht ebenfalls ständig Themen und arbeitet an Formaten. „Wir kennen uns seit der fünften Klasse und haben eigentlich schon immer was in die Richtung zusammen gemacht“, so Thomas gegenüber OMR. „Mal Mucke, mal ein paar Videos. Aber alles nie professionell und nur für uns selber.“ Vor rund eineinhalb Jahren fassen die beiden Rap-Fans dann den Entschluss, Youtube etwas ernsthafter auszuprobieren; eine Nachrichtenshow rund um Hip Hop, die sich selber und die Szene nicht zu ernst nimmt, sollte es werden. 

Für beide steht schon vorher fest, dass sie auf keinen Fall in der Öffentlichkeit stehen wollen. Weil es aber ein Nachrichtenformat inklusive Moderator sein soll, entsteht die Idee, Thomas aka Mr. Rap eine Maske tragen zu lassen. „Es sollte ja nie um uns als Personen gehen, sondern die Themen im Vordergrund stehen“ sagt er. „Und mit der Zeit habe ich auch gemerkt, dass es ganz cool ist, dass in der Szene nicht direkt jeder weiß, wer ich bin.“ Klar: Auch wenn der Vortragsstil des Großteils aller Videos sehr ironisch bis hin zu satirisch wirkt – beispielsweise nimmt Mr. Rap in fast jeder Folge die verschiedensten Gangzeichen von Hip-Hop-Gruppen auf den Arm, und Beef, öffentlich ausgetragener Streit zwischen Rappern, wird fast immer mit einem völlig überzogenem „Aiaiaiaiaiaiaiaiai!“ kommentiert – geht es häufig ja doch um ernste Themen. 

Körperliche Gewalt, Drogen, Waffen & Co. dienen zwar häufig auch nur dem bösen Image eines Gangster-Rappers und finden als Stil-Elemente nur in Videoclips und den Songtexten statt. Oft genug ist das aber eben auch nicht nur eine Fassade zu Entertainment-Zwecken, sondern ziemlich echt. „Wenn wir ein Thema daneben finden, wird es natürlich auch kritisiert“, sagt Thomas. Das sei zum Beispiel der Fall gewesen, als die Ex-Freundin vom Hamburger Rapper und Mitglied der 187 Strassenbande Gzuz ihm auf Instagram schwerwiegende Vorwürfe machte. Ähnlich wie viele Artikel zu dem Thema wurde auch das Video sehr schnell gelöscht. „Wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung“, wie Thomas erklärt. „Ich wollte das Thema einfach ein wenig am Leben erhalten mit ein bisschen Humor.“

Überraschend schnelles Wachstum dank hoher Frequenz?

In der Anfangszeit veröffentlicht die Rap Schau nur ein Video pro Woche. „Wir haben aber schnell gemerkt, dass die Themen meistens sehr kurzlebig sind und nach zwei Tagen niemanden mehr interessieren“, sagt Thomas. Schuld daran dürften die Rapper in solchen Fällen selber sein, die ihre Millionen-Reichweite vor allem auf Instagram häufig dafür nutzen, nahezu rund um die Uhr zu senden (die Post-Frequenz von Bonez MC hatten wir in der diesjährigen „State of the German Internet“-Präsentation bei OMR19 analysiert, ab Minute 40). 

„Aktuell veröffentlichen wir zwei Videos pro Tag“, so Mr. Rap. Für das Schreiben der Texte benötige er aktuell bis zu einer Stunde, das Filmen und die Nachbearbeitung beanspruche dann weitere zwei Stunden. Ideen für Themen entstehen durchgehend automatisch, weil beide die Rap-Szene eh seit Jahren intensiv verfolgen. „Anfangs haben wir natürlich davon geträumt, langfristig mal davon leben zu können“, so Thomas. „Das ist auf jeden Fall das Ziel.“ 

Sido und Kollegahs „Alpha Mentoring“ als wichtigste Abonnenten-Bringer für Rap Schau

Neben der erhöhten Veröffentlichungsfrequenz und Humor, der offenbar in der Rap-Szene sehr gut ankommt, haben besonders zwei Videos für einen Wachstumsschub gesorgt. Im April widmete Mr. Rap Kollegahs „Alpha Mentoring“-Programm eine Folge. „Wie KOLLEGAH seine Alphas abzieht! || RapSchau“ kommt bis heute auf etwa 290.000 Views, laut Socialblade kamen in den zwei Wochen um die Veröffentlichung rund 20.000 neue Abonnenten hinzu. 

Der zweite Push folgte Anfang Juni dank einer Premiere: Zum ersten Mal hatte Mr. Rap einen Interview-Gast. Das nicht ganz so ernste Gespräch mit Rapper Sido ist mit über 460.000 Aufrufen bis heute das meistgeschaute Video des Kanals und sorgte für rund 10.000 neue Abonnenten. „Sido hatte uns mal in einer Instagram Story erwähnt und sich sogar ein Interview gewünscht“, sagt Thomas. „Dann haben wir ein bisschen hin und her geschrieben und schließlich dieses Gespräch in unserem ein bisschen bescheuertem Stil geführt.“ Einige Wochen später folgte das zweite Interview mit Rapper Achtvier, der sich auch von sich aus an die Rap Schau gewendet habe.

Kultstatus in der Rap-Szene und erste Werbedeals

Inzwischen scheinen Mr. Rap und die Rap Schau innerhalb der Rap-Szene so etwas wie einen Kultstatus erreicht zu haben – nicht nur bei Fans, sondern auch bei den Künstlern selber. Neben Sido und Achtvier hatte zuletzt auch Fler in seinen Instagram Storys Sympathiebekundungen gepostet. Offenbar war er mit der Art und Weise, wie Thomas das virale Video einer Festnahme des Rappers behandelt hatte, recht zufrieden. 

Geld verdient das Rap-Schau-Team mit diesem Hype – im Juni stellte die Vice einen Superlativ mit der Headline „Dieser YouTuber hat Rap-Journalismus neu erfunden“ auf – natürlich nicht direkt. „Wir verdienen bisher leider nur über Adsense Geld und es reicht auf jeden Fall noch nicht für beide“, so Thomas aka Mr. Rap. „Die CPMs sind im Deutschrap eher niedrig und meistens dauert es auch recht lange, bis Videos zur Monetarisierung freigegeben werden.“ Neben den Anzeigen innerhalb der Videos habe es aber auch schon eine Produktplatzierung gegeben: für das neue Album des Rappers Jonesmann

Wachstum des Youtube-Kanals „Rap Schau“ (Quelle: socialblade.com)

In den kommenden Monaten dürften sich bei weiterem starkem Wachstum des Kanals sicher neue Monetarisierungs-Chancen ergeben. Solange Deutschrap weiterhin solche Erfolge feiert, geht schließlich auch der Content nie aus. Neben dem Youtube-Kanal und einem Instagram-Account mit 26.000 Abonnenten (Fotos bekannter Rapper plus hineinmontierter Mr. Rap) seien auch eine oder mehrere Spotify-Playlisten geplant. Und auch an Merchandise werde bereits gearbeitet: „Viel will ich da noch nicht verraten. Es dauert sicher noch ein halbes Jahr, wird aber ziemlich geil“, sagt Mr. Rap. 

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Torben Lux
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Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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