E-Commerce-Legende Stephan Schambach: „Amazon ist nur eine Steuer für etablierte Marken“

Martin Gardt6.4.2020

Wie der Intershop-Gründer mit seinem neuen Unternehmen NewStore On- und Offline großer Brands verbindet

Sephan Schambach
Stephan Schambach (r.) mit Philipp Westermeyer (Hinweis: Die Podcast-Folge wurde vor der Verschärfung der Corona-Krise aufgenommen – daher das nette Beisammensein)

Stephan Schambach hat kurz nach dem Mauerfall sein erstes Internet-Unternehmen gegründet – und mit Intershop E-Commerce in Deutschland etabliert. Im OMR Podcast spricht er über die Anfangsjahre des Digitalgeschäfts in Deutschland, Begegnungen mit Steve Jobs und Tim Berners-Lee und die E-Commerce-Welt in Zeiten von Amazon.

Kleiner Einwurf, bevor wir zu Stephan Schambachs beeindruckender Story kommen: Wir hatten den Podcast vor der Verschärfung der Corona-Krise aufgezeichnet. Deshalb sprechen er und Philipp auch nicht über das Thema. Wer in der aktuellen Phase aber die Augen nicht von Corona lassen kann, der bekommt spannende Insights von Stefan Mölling, Managing Director Digital beim Vermarkter Media Impact, im „Markt Update“:

„Wir sehen da weiterhin relativ große Verunsicherung. Aber einige Partner wollen wieder richtig Gas geben“, sagt er im kleinen Vorgespräch zum Podcast zu Philipp Westermeyer. „Es wird konkret Bezug genommen auf Corona. Andere sind weiterhin dabei, ihre Produkte zu pushen.“ Was sich in der Arbeit für ihn und sein Team derzeit vor allem verändere, sei die Schnelligkeit. Kunden würden derzeit erwarten, dass Kampagnen in extremer Geschwindigkeit umgesetzt werden. Gleichzeitig arbeite sein Team mit Hochdruck am Start der #wirfüreuch-Aktion. Im Zuge der Initiative stellt Media Impact einen hohen Mediabetrag für die kommunikation von gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung. „Die #wirfüreuch-Kampagne läuft megamäßig an, wir haben extrem viele Anfragen bekommen. Nächste Woche geht es schon los“, sagt Mölling. Ihr wollt mehr Infos zur Aktion oder in der aktuell Traffic-starken Phase bei Bild.de und Welt.de werben? Dann meldet Euch direkt bei Stefan Mölling per Mail. 

Stephan Schambach und der E-Commerce-Start in Deutschland

Nun aber zu einem der größten Internet-Pioniere Deutschlands: Schon kurz nach der Wende gründet Stephan Schambach Intershop und bietet ab 1994 die erste E-Commerce-Software der Welt an (erste Kunden: Otto und HP). „Wie die Investorensuche damals lief? Wir haben in einer Annonce geschrieben, dass wir eine Beteiligung suchen – in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, erzählt Schambach im OMR Podcast. „Es gab etwa 60 Rückmeldungen. Die meisten waren Geldwäsche.“ Nach turbulenten Anfangsjahren geht es aber stetig bergauf für Intershop. Kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 ist das Unternehmen über elf Milliarden Euro wert. Durch den Crash stürzt auch Intershop in eine Krise. Stephan Schambach tritt 2003 ab.

„Ich konnte Intershop nicht so ausbauen, wie ich wollte, weil der Dotcom-Crash kam“, sagt er. Er habe schon damals erkannt, dass die Zukunft in der Cloud liege – in der schwierigen Phase sei für eine Umstellung des kompletten Unternehmens auf ein solches Software-Angebot einfach nicht das Geld verfügbar gewesen. Also gründet Schambach schon 2004 Demandware, sein cloudbasiertes Shop-System. 2016 verkauft er das Unternehmen an US-Riese Salesforce für 2,8 Milliarden US-Dollar – aus Demandware wird die Salesforce Commerce Cloud. „Das ist letzten Endes Pulver für die nächste Unternehmung“, sagt Schambach im OMR Podcast.

Budget für sein neues Baby

Das Geld investiert er direkt in sein aktuelles Unternehmen NewStore. Das ist diesmal kein klassisches Shopsystem, sondern eine Omnichannel-Plattform. „Das reine E-Commerce, das ist vorbei. Omnichannel ist das wichtige Thema“, sagt Schambach. „Die Marken wollen On- und Offline unbedingt integrieren. Das ist aber hochkomplex. Das Ordermanagement muss immer genau wissen, was wo ist.“ Mit seinem neuen Unternehmen biete er jetzt einen On- und Offline-Service in einem Paket. In den Geschäften ersetzt NewStore ein Kassensystem, da alles über das System auf iPhones läuft. Weil NewStore immer anzeigt, wo genau welche Ware vorrätig ist (anderer Store, E-Commerce-Lager) kann der Verkäufer seinem Kunden im Laden auch direkt Produkte verkaufen, die dann aus einem anderen Lager oder einer Filiale an den Kunden verschickt werden.

Mittlerweile habe er zwölf Kunden an Bord, die NewStore nutzen – darunter bekannte Namen wie Burton oder Decathlon. Seine Zielgruppe seien Marken, die eine eigene starke Brand haben und daher über den eigenen Onlineshop und eigene Filialen verkaufen. „Solche Firmen designen Produkte selbst, haben eine große Marge, sind global und hatten zum Start nur Verkauf über Retailer“, so Schambach. Potenziell sehe er weltweit 7.000 Unternehmen, die in dieses Raster passen. Er wolle dabei helfen, dass diese Unternehmen ihre Filialen so betreiben könnten, wie ihre Webseiten – mit ähnlichem Erkenntnisgewinn zu Customer Lifetime Value und Customer Akquisition Cost. „Alles ist darauf ausgerichtet, zu wissen, wer kauft“, sagt Schambach. Man könne das System mit dem vergleichen, das Apple in seinen Filialen einsetzt. Warum Omnichannel so wichtig ist? „Neukundengewinnung kostet online 30 Prozent mehr als im Laden“, so Schambach.

Nichts bleibt, wie es ist

Stephan Schambach wolle an der Spitze von unausweichlichen Verschiebungen stehen. „Retail ändert sich: weg von den großen Kaufhäusern hin zu kleinen Läden mit guter Beratung und konsistenter Markenwelt“, sagt der NewStore-Gründer. „Wer vom Wiederverkauf lebt, der hat es schwer. Galeria Karstadt Kaufhof wird in zehn Jahren weg sein.“ Erfolgsversprechender seien clever agierende DTC-Brands (Direct To Consumer): „Solche Unternehmen fangen mit einer Website an und einem Flagship-Store. Und dann machen sie Filialen auf, um günstig neue Kunden zu gewinnen“, sagt er. 

Marken, die es so schaffen, sich zu etablieren, könnten auch mit der Unterstützung von NewStore von Plattformen unabhängig agieren. „Amazon ist für etablierte Marken nur eine Steuer“, so Schambach. „In einem Webshop kann ich die Kunden in die Welt der Marke entführen. Das geht auf Amazon gar nicht.“ Mit Commodity-Produkten gewinne Amazon. Produkte, die von der erwähnten Markenwelt leben würden, könnten andere Margen erzielen, die nicht auf Marktplätzen möglich wären. 

Wie Stephan Schambachs Begegnungen mit großen Tech-Persönlichkeiten gelaufen sind, warum er sich aktuell auf US-Unternehmen konzentriert und ob Zalando langfristig eine Chance gegen Amazon hat, hört Ihr im neuen OMR Podcast.

Noch mal der Hinweis: Philipp hat den Podcast noch vor der Verschärfung der Corona-Krise aufgezeichnet, daher sind die Pandemie und ihre Auswirkungen kein Thema.

Unsere Podcast-Partner im Überblick:

An dieser Stelle möchten wir mal wieder auf den hervorragenden Podcast „Digitale Vorreiter“ mit Christoph Burseg unseres Partners Vodafone hinweisen. In der aktuellen Folge spricht er mit Ann-Katrin Schmitz über die aktuelle Lage im Influencer Marketing. Schmitz hat gemeinsam mit Farina Opoku den Account Novalanalove aufgebaut und weiß deshalb genau, wie das Influencer-Business läuft. Hört rein! Wenn Euer Business aktuell im Homeoffice stattfindet, hat Vodafone noch ein besonderes Angebot für Euch: das Homeoffice Paket für Geschäftskunden, das unter anderem Microsoft Office 365-Paket zum sechs Monate kostenlosen Test beinhaltet. Mehr Infos bekommt ihr hier.

Noch ein Vodafone-Angebot für die Zeit Zuhause: Schaut Euch mal GigaTV an – das digitale TV-Angebot von Vodafone. Aktuell bekommt Ihr hier extrem günstig verschiedenste Inhalte für Kinder und Erwachsene. Darunter bekannte Formate wie Benjamin Blümchen, Fix & Foxi, Garfield oder Spiderman. Vodafone-Kunden und solche, die es werden wollen, können GigaTV super einfach zu ihrem Internet-Tarif dazubuchen. Mehr Infos gibt’s hier.

Genauso passend zur aktuellen Zeit ist das Angebot von Fiverr, dem globalen Marktplatz für digitale Dienstleistungen. Kunden können inzwischen aus 300 Kategorien auswählen, in denen Freelancer ihre Expertise zur Verfügung stellen. Gerade in der aktuellen Situation ein extrem praktischer Weg, sich benötigten Support unkompliziert einzukaufen – oder auch selbst anzubieten. Probiert es am besten selbst einmal aus.

Zum Ende ein Hinweis auf ein OMR-Produkt, das Ihr derzeit perfekt nutzen könnt: die OMR Academy. Gemeinsam mit unserem Partner Headstart Studios bieten wir zehnwöchige digitale Weiterbildungskurse an. Derzeit könnt Ihr Euch hier für den Kurs rund um Grundlagen für Facebook und Instagram anmelden. Der startet am 8. Mai 2020. Und hier geht’s zur Anmeldung für den Google-Ads-Kurs, der am 21. Mai startet. Pro Woche könnt Ihr mit zwei bis drei Stunden Aufwand rechnen – am Ende kennt Ihr Euch dann ganz genau aus mit dem Marketing auf den jeweiligen Plattformen. Hier bekommt Ihr alle Infos zur OMR Academy.

Alle Themen des Podcasts mit NewStore-Gründer Stephan Schambach im Überblick:

  • Wie Stephan Schambach kurz nach dem Mauerfall E-Commerce in Deutschland erfunden hat (ab 8:32)
  • Wie der Dotcom-Crash Anfang der 2000er das Wachstum von Stephan Schambachs Intershop komplett gebremst hat (ab 9:52)
  • Wie genau haben die Geschäftsmodelle von Schambachs Unternehmen Intershop und Demandware funktioniert? (ab 12:22)
  • Warum hat er beide Unternehmen an die Börse gebracht? (ab 15:02)
  • Schambachs Begegnung mit dem Erfinder des Internets Tim Berners-Lee und anderen Legenden (ab 16:41)
  • Wie ist er schon als 20-Jähriger im Digitalgeschäft gelandet? (ab 18:57)
  • Hat Stephan Schambach Alando, also eine der ersten Samwer-Firmen, mitfinanziert? (ab 21:03)
  • Wie hat er seine Projekte jeweils finanziert? (ab 22:05)
  • Salesforce hat 2016 seine Firma Demandware gekauft – wie lief sein Abschied? (ab 24:44)
  • Was macht sein neues Unternehmen NewStore aus? (ab 25:34)
  • Wie ist die Wettbewerbssituation in dem Bereich? Und wie erfolgreich agiert NewStore? (ab 28:33)
  • Welche Art von Firmen gehört zur NewStore-Zielgruppe? (ab 31:53)
  • Macht es für Marken noch Sinn, eigene Online-Shops zu betreiben? (ab 36:54)
  • B2B-Marketing ist ja nicht so einfach. Wie löst das Stephan Schambach? (ab 39:53)
  • Warum ist er mit seinem neuen Projekt zuerst in den USA gestartet? (ab 42:50)
  • Ist es jetzt schon erkennbar, dass Ladenlokale wieder eine stärkere Bedeutung bekommen? (47:30)
  • Gibt es Marktplätze wie Zalando, die gegen Amazon eine Chance haben? (ab 50:01)
  • Glaubt Stephan Schambach an einen nachhaltigen Erfolg von DTC-Brands? (ab 52:24)
  • Zara, H&M & Co. – wie wird sich die Lage im Fast-Fashion-Bereich entwickeln? (ab 55:39)
  • Was sind Stephan Schambachs Wünsche, um Deutschland im digitalen Business noch wettbewerbsfähiger zu machen (ab 58:26)
  • Wie sieht Stephan Schambachs Alltag derzeit aus? (ab 1:04:17)
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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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