Wie Westwing mit einer eigenen Community zum erfolgreichen Online-Möbelhändler wurde

Florian Heide29.9.2021

Co-Gründer und CEO Stefan Smalla zu Gast im OMR Podcast

Stefan Smalla Westwing

Die Online-Plattform Westwing wurde vor zehn Jahren gegründet, heute ist das Unternehmen börsennotiert und zählt zu den erfolgreichsten digitalen Möbel- und Interior-Händlern des Landes. Im OMR Podcast spricht Co-Gründer Stefan Smalla über den Erfolg von klugem Newsletter-Marketing, Schwierigkeiten beim IPO und weshalb Westwing heute dennoch 700 Millionen Euro wert ist.

Fast wäre Stefan Smalla zum CEO eines Sozialen Netzwerks geworden. 2003, rund ein Jahr bevor Facebook an den Start ging, gründete er „Friendity“. Doch seine Social Media Plattform wird nicht profitabel. Nur ein Jahr nach der Gründung gibt er es auf. „Danach war ich pleite und wurde Berater“, erzählt Smalla im Podcast. Bis 2011 bleibt er das auch, danach gründet er gemeinsam mit Delia Lachance den Online-Handel für Home & Living Interior Westwing.

Mit dem Newsletter zum Erfolg

Um Bekanntheit zu erlangen, setzen die Macher:innen von Anfang an auf einen Newsletter. Der soll – passend zum Auftritt als schicker Möbelhändler mit weiblicher Zielgruppe – besonders stylisch aussehen und jeden Morgen um 8 Uhr Kund:innen neue Inspiration per Mail liefern. Und das Konzept geht auf: Heute erreicht Westwing mit dem Newsletter über zehn Millionen Menschen im Monat. Allein 70 Prozent des Umsatzes würden dadurch generiert. Dieser belief sich im vergangenen Jahr auf 440 Millionen Euro, im laufenden sollen es 550 Millionen Euro werden.

Dazu kommen noch die unterschiedlichen Social Media Kanäle, die Westwing bespielt. Instagram ist der wichtigste Kanal, dort folgen dem Möbelunternehmen über acht Millionen Menschen, die Reels erreichen sogar über 20 Millionen. Mehr als 100 Leute seien bei Westwing allein für die Content-Produktion zuständig. Das Konzept sei es, Text, Videos, Live-Shopping-Formate, Interviews mit Designer:innen und andere Content-Formate zu produzieren, die auch auf Pinterest oder jüngst Tiktok gespielt werden können. Das mache sie eher zu einer „Social Commerce Company“, denn zu einem Online-Möbelhändler. „Wir nennen das Shoppable Magazine“, sagt Smalla.

Bestseller? Duftkerzen!

Allerdings steht der Content nicht jedem zur Verfügung. Wer ihn sehen will, muss sich mit seiner E-Mail-Adresse anmelden und Teil der Westwing-Community werden. Das gehöre zur Organic-Marketing-Strategie. „Wir geben relativ wenig für Paid aus“, sagt Smalla. 10 Millionen Euro Budget würden sie für Social Paid Marketing aufwenden. Der Rest des Traffics – insgesamt erreicht Westwing rund 30 Millionen Menschen monatlich – werde organisch generiert, also unter anderem mit Hilfe von eigenem Social Media Content, dem Newsletter und PR.

Die Westwing-Marketingstrategie mit den vielen Touchpoints wirkt sich besonders auf die Kundenbeziehung aus. „Es gibt Menschen, die stehen morgens um 8 Uhr auf und gucken erstmal, was es bei Westwing Neues gibt“, sagt Smalla. Manche Kund:innen würden so mehr als 100 Mal im Jahr auf der Website landen. Natürlich konvertiert nur ein Teil der erreichten Leute zu Käufer:innen. Allerdings: Rund 1,7 Millionen aktive Kund:innen hat Westwing laut eigener Aussage aktuell, also solche, die mindestens einmal im Jahr ein Produkt kaufen. Der Bestseller: Duftkerzen. Zum einen, weil sie schnell nachgekauft werden müssten, aber auch, weil sie ein perfektes Geschenk seien.

Nur rund 40 Prozent der Verkäufe generiert Westwing tatsächlich mit Möbeln. Der Rest seien Deko- und Interieurgegenstände wie Lampen, Gardinen, Bettwäsche, Teppiche oder eben Duftkerzen. Außerdem bietet Westwing neben den Dritthändler-Produkten auch eine Eigenmarke an, die „Westwing Collection“. Mehrere Tausend unterschiedliche Produkte würde die umfassen, darunter Ecksofas, Sideboards und Kissen. Die würden rund ein Drittel des Umsatzes ausmachen.

Die Pandemie bringt den Boom

2018 geht Westwing an die Börse. Der Kurs rutscht ab, der Marktwert liegt zwischenzeitlich bei gerade einmal 60 Millionen Euro. Und das, obwohl Investoren wie Oliver Samwer von Rockert Internet in Westwing bereits mit rund 200 Millionen Euro beteiligt sind. Eine Weile sieht es für den Online-Mobelhändler so schlecht aus, dass Samwer große Teile seiner Aktien abstößt. Dann aber kommt die Corona-Pandemie. Und während andere Unternehmen mit Unterbrechungen der Lieferketten zu chinesischen Händlern zu kämpfen hatten, habe Westwing bereits zehn Millionen Euro vorab investiert und sich damit ausreichend Lagerbestand gesichert. Gleichzeitig senkten sie die Marketingausgaben. Und so steigen die Umsätze während der Pandemie, Westwing erholt sich, Oliver Samwer steigt wieder ein. „Wir mussten sogar das Team im Lager verdoppeln“, sagt Smalla.

Heute, nachdem sich die Situation fast wieder normalisiert hat, sei klar: Der Aktienwert würde nicht mehr zurückfallen auf ein Vor-Corona-Niveau. „Wir konnten das Level halten“, sagt Smalla. Der Marketcap des im SDax notierten Unternehmens springt sogar zwischenzeitlich auf über eine Milliarde Euro, aktuell liegt er bei rund 700 Millionen Euro. Dieses Jahr sind rund 50 Millionen Euro Ergebnis angestrebt – damit zählt Westwing eindeutig zu den Corona-Gewinnern.

So viele Ikeas sind ein Westwing

Auch wenn Westwing kurzzeitigen Unicorn-Status inne hatte: Der Anteil am europäischen Möbelmarkt belaufe sich auf gerade einmal 0,4 Prozent oder so viel wie sieben Ikea-Häuser. „Wir sind eine Ameise“, scherzt Smalla. Dennoch sei nun das Ziel in die Top 30 der europäischen Möbel-Retailer zu kommen. Dafür bräuchten sie eine Umsatzverdopplung auf eine Milliarde oder eben 0,8 Prozent Marktanteil. „Dann sind wir ein Maikäfer“, sagt er.

Wenn Ihr außerdem wissen wollt, welch ungewöhnlichen Draht Westwing zu den Gründern von Scalable Capital, Foodora und Personio hat, welche Rolle Delia Lachance im Unternehmen spielt und weshalb AR die Zukunft von Möbelhändlern sein könnte, dann hört Euch unbedingt den neuesten OMR Podcast an.

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Alle Themen des OMR Podcasts mit Stefan Smalla im Überblick:

  • Smallas Karriere vor Westwing und wie es zu dessen Gründung gemeinsam mit Delia Lachance kam (ab 5:30)
  • Frühe Investoren von Westwing (ab 7:30)
  • Weshalb der Newsletter noch heute für den Großteil des Umsatzes sorgt (ab 8:30)
  • Wie generiert Westwing noch immer neue Signups für den Newsletter und wie wird die Community bespielt? (ab 14:30)
  • Welche Produkte Westwing anbietet und wieso es auch eine Eigenmarke gibt (ab 17:00)
  • Der internationale Expansion, der Umsatzwachstum und die Möbel-Marge (ab 19:20)
  • Wie steht es um die Konkurrenz auf dem Markt? (ab 23:00)
  • Wie hat sich das Business durch die Pandemie und den IPO entwickelt und wie kam der Rebound zum Unicorn? (ab 24:30)
  • Wie Westwing Social Media bespielt und damit den Umsatz hebelt (ab 29:30)
  • Ist es eine Option bestehende Medien wie Schöner Wohnen zu kaufen? (ab 32:40)
  • Welche Rolle spielt Delia Lachance als Person der Öffentlichkeit im Unternehmen? (ab 34:30)
  • Warum Offline-Stores für Westwing nicht wichtig sind und warum es trotzdem bald einen Flagship-Store geben könnte (ab 37:00)
  • Die Westwing-Clique: Welche Unicorn-Gründer mit Westwing connected sind (ab 39:30)
  • Persönliche Investments von Smalla und wieviel Prozente Smalla an Westwing hält (ab 41:00)
  • Wie das Fundraising von Westwing abläuft und Oliver Samwer dazukam (ab 42:20)
  • Die Rolle von Smalla im Unternehmen und wie er zum Pandemiebeginn klug vorsorgte (ab 43:30)
  • Warum die Lieferketten von China bis heute noch nicht intakt sind und wie Westwing das abfedert (ab 46:40)
  • Wie hoch ist der Anteil von Westwing am europäischen Möbelmarkt? (ab 48:50)
  • Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Westwing? (ab 51:30)
  • Ist AR die Zukunft von Westwing? (ab 55:30)
  • Wie hat sich die Indexierung im SDax ausgewirkt (ab 1:00:30)?
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Florian Heide
Autor*In
Florian Heide

Florian arbeitet seit fast zehn Jahren als Print-Journalist. Angefangen beim Lokalblatt, später als Praktikant und Freelancer für DIE ZEIT und GEO. Seit 2020 ist er Redakteur bei OMR, wo er über Startups, Viraltrends, den Wandel von Social Media Plattformen und neue Technologien berichtet. Er hat nie Bargeld dabei und verbringt die Wochenenden am liebsten weit weg von Technologie in der Natur.

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