Wie Loop Giveaways Follower-Zahlen bei Instagram verrückt spielen lassen

Gastautor17.10.2019

Die Taktik verspricht einen Zugewinn an Reichweite und Umsatz, ist aber auch umstritten und gefährlich

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Zehn- oder sogar Hunderttausende neue Instagram-Follower in kürzester Zeit gewinnen – welche Instagram-Account-Betreiber träumen nicht davon? Ein umstrittener Weg, diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen, sind so genannte Loop Giveaways: Gewinnspiele, bei denen User, die an der Verlosung teilnehmen wollen, mehreren Instagram-Accounts folgen müssen. Häufig bewerben große Influencer-Accounts wie die von Kylie Jenner, Kim Kardashian oder Jake Paul die Aktionen. OMR erklärt die Mechanik der Giveaways, hat mit Branchenkennern über deren Sinn bzw. Unsinn gesprochen und einen Blick hinter die Kulissen des Loop-Giveaway-Biz geworfen.

Das Prinzip von Loop Giveaways ist relativ simpel: Mehrere Instagram-Accounts loben gemeinsam einen attraktiven Preis aus – das können das neueste iPhone-Modell, hochpreisige Taschen von begehrten Luxusmarken, eine größere Geldsumme oder eine Kombination aus Bargeld und Luxusgütern sein. Wer gewinnen möchte, muss allen Accounts folgen, die das Loop Giveaway gemeinsam ausrichten.

„Jeder Kommentar erhöht Deine Gewinnchance“

Die Mechanik: Entweder verweist ein Account in seinem Giveaway-Post jeweils auf den nächsten, oder – vielleicht noch häufiger der Fall – ein reichweitenstarker Influencer wirbt für die Verlosung in einem Post und verweist in diesem auf einen weiteren Instagram-Account, dessen abonnierten Accounts die Teilnehmer dann folgen müssen. Damit die Veranstalter überprüfen können, ob Teilnehmer auch wirklich allen Accounts folgen, müssen deren Accounts öffentlich sein.

In den Details können sich die Giveaways unterscheiden. Manchmal müssen die teilnehmenden Nutzer beispielsweise einen bestimmten Post kommentieren oder eine vorgegebene Zahl an Freunden in einem Post markieren. Oder die Teilnehmer können durch solche Aktionen ihre Chancen auf den Gewinn erhöhen, weil jeder Kommentar als eigenes Los gewertet wird.

Nach dem Giveaway verschwinden alle Spuren

Nach dem Verstreichen einer angegebenen Frist wird (so zumindest in der Regel die Darstellung der Veranstalter) der Preis unter allen Teilnehmern verlost; die ursprünglichen Posts über das Giveaway werden bearbeitet, archiviert oder sogar gelöscht. Damit soll nach Darstellung der Veranstalter vermieden werden, dass Instagram-Nutzer weiterhin die Teilnahmebedingungen erfüllen (also anderen Accounts folgen), obwohl das Gewinnspiel schon wieder vorüber ist und sie überhaupt nichts mehr gewinnen können.

Gleichzeitig verschwinden auf diese Weise auch die öffentlichen Informationen darüber, dass die entsprechenden Accounts an einem Loop Giveaway teilgenommen haben – und auf diese Weise (wenn der Plan aufgegangen ist) enorme Follower-Zuwächse generiert haben. Denn das ist, wenig überraschend, das vorrangige Ziel aller Loop Giveaways.

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Bis zu fünfstellige Summen für eine Teilnahme

Jene Accounts, denen die Nutzer folgen müssen, um an der Verlosung teilnehmen zu können, bezahlen dafür Geld – an die Influencer, die das Giveaway bewerben, manchmal auch zusätzlich an spezialisierte Dienstleister. Der Preis für die Teilnahme als Account-Inhaber kann nach Einschätzungen des Unternehmens hinter dem Instagram-Tool Later.com zwischen 150 US-Dollar und einer fünfstelligen Summe liegen.

Die US-Influencer-Marketing-Agentur Popular Chips spekuliert, dass Accounts, die im Mai 2019 an einem von Kylie Jenner beworbenen und über den Instagram Account von Scott Disick (Ex-Freund von Jenners Halbschwester Kourtney Kardashian) gesteuertes Loop Giveaway bis zu 19.000 US-Dollar bezahlt haben. Veranstaltet wurde die Verlosung vom australischen Dienstleister „Curated Businesses“, der seine Verlosungen angeblich durch die örtliche Lotto-Behörde überwachen lässt.

„Du kannst gewinnen – du musst nur 70 Accounts folgen“

Da die Nutzer im Fall des von Kylie Jenner beworbenen Giveaways 70 Accounts folgen mussten, wäre – sollte die Annahme richtig sein – durch das Giveaway also möglicherweise ein Gesamtumsatz von rund 1,3 Millionen US-Dollar erwirtschaftet worden. Noch höher soll zufolge die Teilnahmegebühr bei einem Giveaway von Youtuber Jake Paul und dessen „Team 10“ gewesen sein: Hier mussten Privatpersonen 25.000 und Marken sogar 30.000 US-Dollar zahlen, bei insgesamt 50 zu vergebenen Plätzen.

Für die teilnehmenden Accounts stellen die Giveaways eine Möglichkeit dar, schnell Follower zu gewinnen, die (anders als viele andere Methoden, wie etwa Bots) nicht gegen die Nutzungsbedingungen von Instagram verstößt, so lange diese nicht Instagrams Richtlinien für Promotions verletzen. „Dieses Verhalten verstößt nicht gegen unsere Richtlinien. Unsere Richtlinien werden stetig überprüft, damit Instagram ein authentischer und sicherer Ort der Inspiration und des Ausdrucks bleibt“, so eine Unternehmenssprecherin gegenüber OMR zu den von Curated Businesses veranstalteten Giveaways. Facebook betont allerdings, dass sich diese Einschätzung nur auf diese konkreten Beispiele bezieht.

Hinweis auf den Erfolg der Kampagne mit einem Loop Giveaway von Kylie Jenner und Curated Businesses, © Curated Businesses

RTL-Serien-Darsteller nutzen Loop Giveaways

Curated Businesses erklärt auf der eigenen Website, dass die teilnehmenden Accounts durch die Giveaways bis zu 230.000 Follower gewonnen hätten – ob sich diese Zahl auf einzelne Accounts bezieht, oder über mehrere Accounts verteilt, bleibt unklar. Jake Pauls Manager Adam Quinn soll in einer Instagram Story den potenziellen Teilnehmern eines Loop Giveaways von Team 10 Zuwächse von bis zu 500.000 Followern in Aussicht gestellt haben.

Wer hat bereits Loop Giveaways genutzt, um Follower zu gewinnen? Wenig verwunderlich viele kleine Account-Betreiber und -Betreiberinnen, die auf die große Karriere als Influencer hoffen. Wie Later.com berichtet, sollen sich aber auch renommierte Marken, wie etwa die Mode-Online-Shops Nastygal und Prettylittlethings sowie die Upscale-Architekturzeitschrift „Architectural Digest“ schon dieses Mittels bedient haben. Im deutschsprachigen Raum haben in den vergangenen Wochen beispielseise Thomas Adamek und Aline Jost-Di Raimondo, beide jeweils Darsteller in der RTL-Serie „Krass Schule“, an Loop Giveaways teilgenommen, die von dem Account „germans.giveaways“ veranstaltet wurden.

Marketing-Experten zeigen sich skeptisch

Aber kann es aus Marketingsicht wirklich ratsam sein, auf diese Weise Follower aufzubauen? Von OMR befragte Experten im Influencer Marketing zeigen sich hier zumindest skeptisch. „Die Methode eignet sich dazu, um in kurzer Zeit ein rasantes Account-Wachstum zu erreichen“, so Mona Hellenkemper vom Instagram-Analytics-Tool Influencer DB. „Ähnlich wie beim Thema Followerkauf muss man sich jedoch fragen, was das Ziel ist: Möchte ich möglichst schnell möglichst viele Follower bekommen, die keinen Bezug zu mir oder meinem Content haben, oder möchte ich mir langfristig eine loyale Community aufbauen? Loop Giveaways begünstigen eher ersteres.“ „Was gewinnst du denn für Leute?“, fragt auch Sarah Kübler, Geschäftsführerin der YouTube- und Influencer-Marketing-Agentur HitchOn. „Gewinnspieltouristen machen hier einen markanten Anteil aus“.

Zudem bleibt die Frage, wie nachhaltig das auf diese Weise generierte Wachstum ist. Eine Analyse der Follower-Zahlen der Accounts, denen User für das Loop Giveaway von Germans.Giveaways folgen müssen, zeigt zwar klare Zugewinne bei den Followern, beispielsweise bei Art Creator ChiaraKokosnuss. Sie gewann unmittelbar nach der Veröffentlichung des Posts zum Loop Giveaway zu ihren bis dato mehr als 34.000 Followern knapp 3.400 dazu.

Follower-Zuwachs bei Instagrammerin ChiaraKokosnuss (der Klick aufs Bild führt zur größeren Ansicht), Quelle: InfluencerDB

Die Effekte sind nur meist nur kurzfristig

Das entspricht einem Wachstum um fast zehn Prozent durch diese Aktion. Die Langzeitfolgen sind bei ihr genauso wenig absehbar wie bei Schauspieler und Influencer Alexander Heinen alias Mr.Alexito. Der hat bereits 192.000 Follower, aber gerade bei Posts zu Loop Giveaways generiert er eine starke Performance. Das zeigen Daten von InfluencerDB.

Die Loop Giveaway Posts im Beispiel zeigen deutlich mehr Engagement als andere, Quelle: InfluencerDB

Ein deutlicher Fingerzeig, dass Loop Giveaways oft nur temporär Engagement erzeugen. Mona Hellenkemper erklärt: „Hier zeigt sich deutlich, dass ein Großteil der Audience ausschließlich an den Giveaways interessiert ist, jedoch sonst keinerlei Bezug zu diesem Influencer hat […] In den meisten Fällen folgen die User dem Influencer tatsächlich nur wegen des Giveaways, nicht etwa, weil sie an dessen Content oder ihm als Person interessiert sind. Viele Follower springen also nach dem Gewinnspiel wieder ab.“ Das lässt sich auch beim Account BellaBeeBlog erkennen. Dieser war Teil eines Loop Giveaways von Curated Businesses, bei dem Kris Jenner (29,6 Millionen Follower) als Teilnehmer-Magnet eingesetzt wurde.

Viele Follower springen später wieder ab

Die Zahl der Follower von BellaBeeBlog ist seither in wenigen Tagen von knapp 40.000 auf über 77.000 gestiegen. Beim aktuellen Loop Giveaway von Luxury Giveaway hat etwa der Tourismus-Account lofoten (nun 265.000 Abonnenten) auf einen Schlag über 21.000 neue Follower gewonnen.

Doch wie sieht die Entwicklung aus, wenn einige Zeit ins Land gegangen ist? Bei BellaBeeBlog gab es bereits im Juni einen Aufschwung von knapp 16.000 auf über 60.000 Follower in nur zwei Tagen. An genau diesen Tagen gab es ein Loop Giveaway von Curated Businesses und Kris Jenner, ähnlich wie das, an dem BellaBeeBlog kürzlich teilgenommen hat. Von Ende Juni bis Anfang Oktober ist die Zahl der Follower bei BellaBeeBlog nun von 60.000 wieder auf unter 40.000 gefallen. Das zeigt, dass viele Follower wieder abspringen, wenn das Gewinnspiel vorüber ist. Trotzdem hat BellaBeeBlog als Account heute weit mehr Follower als vor der Teilnahme an Loop Giveaways. Auch die Makeup-Influencerin Denisa Simam gewann nach einem Loop Giveaway im November 2018 tausende Follower. Danach sank die Zahl der Abonnenten wieder, aber nicht so stark, dass alle zuvor hinzugewonnenen Follower wieder verloren gegangen wären.

Die Follower-Entwicklung bei Denise Simam nach ein Loop Giveaway im Herbst 2018 (der Klick aufs Bild führt zur größeren Ansicht), Quelle: InfluencerDB

Ein bisschen was kann hängen bleiben

So können Loop Giveaways als Growth Hack offenbar also durchaus auch funktionieren. Gegenüber OMR erklärt Mona Hellenkemper: „Auch wenn viele Follower wieder abspringen, gelingt es dem Influencer dennoch, seine Follower-Base nach und nach zu steigern, wenn er wiederholt solche Loop Giveaways promotet. Denn selbst wenn viele Follower danach wieder abspringen, bleiben doch einige hängen.“

Der Wert dieser Follower dürfte jedoch in vielen Fällen immer noch fragwürdig sein. Bei der Plattform InfluencerDB, die Werbewert der Abonnenten von Influencern analysiert, können Loop Giveaways zu einer schlechten Bewertung der Audience führen. Denn häufig interagieren Follower, die durch Loop Giveaways gewonnen wurden, nach Ablauf des Gewinnspiels nicht mehr wirklich mit den jeweligen Accounts. „Besteht also die Audience eines Influencers zum Großteil aus Teilnehmern von Loop Giveaways, hat der Influencer eine dementsprechend schlechte Audience Quality Grade, hat also eine eher wenig wertvolle Followerschaft,“ so Hellenkemper weiter.

Das Risiko für Influencer bleibt

Dazu kommt, dass etwaige künftige Partner oder Influencer-Plattformen von sehr unregelmäßigem Wachstum abgeschreckt werden könnten. Auch das kann Geld kosten. Sarah Kübler von Hitchon sagt: „Wenn der Wert pro Follower krass sinkt, bleibt die Frage, wie stark der Benefit wirklich ist“. Daher rät die Agentur-Geschäftsführerin Influencern von der Taktik ab. Trotz Chancen haben Loop Giveaways also ein großes Risikopotenzial.

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