20 Millionen Views: Wie ein Viralvideo einem Foto-Druck-Service zu Rekord-Traffic verhilft

Ein Heimvideo von SEO Daniel Stender geht um die Welt

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(Quelle: Video von Daniel Stender auf Facebook)

40 Sekunden lang und eher schnell aus der Hüfte aufgenommen ist das Video, das Daniel Stender vor rund zwei Wochen ohne große Hintergedanken bei Facebook hochlädt – und doch wird der Clip zum Viralerfolg. Das Video, das ein Fotomosaik aus 900 Einzelbildern von Stenders verstorbenen Hund zeigt, wird millionenfach abgerufen; Facebook-Nutzer aus aller Welt kommentieren den Beitrag. Und nicht nur das: Ein vergleichsweise kleiner Foto-Druck-Service aus dem Sauerland, der das Mosaik produziert hat, konnte dank des Videos seinen Traffic vervielfachen. OMR hat mit beiden Seiten gesprochen und zeigt, was sich aus dem Beispiel fürs Online Marketing lernen lässt.

„Ich habe einfach nach einer schönen Möglichkeit gesucht, wie ich die Erinnerung an unseren Hund Oscar bewahren kann, der vor drei Monaten gestorben ist“, so Daniel Stender am Telefon gegenüber OMR. „Fotobücher stehen in der Ecke herum und man schaut sie nicht mehr an, deswegen habe ich nach Alternativen gesucht.“ Stender stößt auf Fotomosaike: Bilder, die sich aus einer Vielzahl kleinerer Fotos zusammensetzen. Über das Netz findet er den Anbieter MakeMyMosaic aus dem sauerländischen Marsberg, mit dessen Software sich solche Fotomosaike erstellen und produzieren lassen.

Spontan und dementsprechend authentisch

Eigentlich beschäftigt sich Stender hauptberuflich mit Suchmaschinenoptimierung. Unter dem Namen Pagerangers bietet er gemeinsam mit Kollegen eine SEO-Software an. Weil er nebenher einige Affiliate-Seiten, darunter u.a. einen Hundeblog betreibt, gelingt es ihm nach eigener Darstellung, MakeMyMosaic davon zu überzeugen, ihm einen Preisnachlass zu gewähren – als Gegenleistung für einen künftigen Blog-Artikel.

Doch als Stender das fertige Fotomosaik zum ersten Mal erblickt, ist er davon so begeistert, dass er spontan einige Fotos und ein Video mit dem Handy aufnimmt und diese noch bevor er einen Blog-Artikel veröffentlicht auf seinem privaten Profil auf Facebook hochlädt. In dem Video ist lediglich das Bild Oscars von weitem zu sehen; dann geht Stender mit der Handykamera näher heran, um die zweite Ebene des Bildes zu zeigen.

Facebook Gruppen bringen den Stein ins Rollen

„Als ich das Video aufgenommen habe, habe ich mir gar keine Gedanken über Reichweite oder sonst etwas gemacht“, sagt Stender. Trotzdem – oder vielleicht ja auch gerade deswegen – verzeichnet das Video schnell enorme View-Zahlen. Bis heute ist es von Stenders Profil aus mehr als 16 Millionen Mal abgerufen und mehr als 300.000 Mal geteilt worden. „Das einzige, was ich gemacht habe, war, das Video in fünf oder sechs Facebook-Gruppen für Hunde-Besitzer zu posten, weil ich das mit anderen teilen wollte“, so der Online-Marketer.

Facebook stellt Gruppen seit einiger Zeit in den Mittelpunkt der eigenen Plattform. Über dort gepostete Inhalte ist es noch am ehesten möglich, organische Reichweite auf der Plattform zu generieren. Nicht wenige Unternehmen und Medien experimentieren deswegen mit eigenen Facebook Gruppen.

Ladbible übernimmt das Video

Stenders Fotomosaik-Video findet offenbar von Anfang an bei vielen Facebook-Nutzern Anklang. „Das ging relativ schnell, die Abrufzahlen stiegen und stiegen.“ Die Entwicklung sorgt in Stenders unmittelbarem Umfeld zunächst nicht nur für Begeisterung: „Das sind ja private Aufnahmen, die ich da geteilt habe. Ich habe mit meiner Frau schon kritische Gespräche darüber führen müssen, ob wir das so laufen lassen“, so der Online-Marketer. Beide entscheiden sich gemeinsam dafür, das Video online zu lassen.

Endgültig international durch die Decke geht der Clip, als der britische Social Publisher Ladbible (36 Millionen Facebook Fans, hier im OMR-Porträt) ihn nach Genehmigung durch Stender in einer bearbeiteten Version auf seiner Seite teilt. Über Ladbible kommen nochmals 4,6 Millionen Aufrufe für das Video hinzu. Er habe mittlerweile mehrere Tausend Nachrichten in seiner Facebook-Inbox, so Stender. Darunter befänden sich fünf oder sechs weitere, noch unbeantwortete Anfragen von Publishern, die das Video ebenfalls übernehmen wollen.

Bis zu 100.000 Shop-Besucher in der Stunde

Die enorme Aufmerksamkeit bekommt auch MakeMyMosaic zu spüren. „Wir hatten auf einmal zwischen 50.000 und 100.000 Besucher pro Stunde auf der Seite“, so Geschäftsführer Volker Schlenke gegenüber OMR. Das Unternehmen aus dem Sauerland betreibt bis dahin eine deutschsprachige Seite für die DACH-Region und eine englischsprachige für die USA. In einer Hauruck-Aktion bringt das Unternehmen eine Website für potenzielle Kunden aus dem europäischen Ausland ins Netz, um das enorme Interesse abfangen zu können.

Der Video-Urheber Daniel Stender profitiert nach eigenen Angaben nicht von potenziell entstehenden Sales. „Viele meiner Kumpels aus der Online-Marketing-Szene haben gesagt: ‚Da musst Du einen Affiliate-Link reinpacken!‘ Aber ich wollte ja nicht den Verlust des Tieres zu monetarisieren. Ich freue mich einfach darüber, dass ein Bild meines Hundes so viele Menschen berührt hat.“

„Jeder Hundebesitzer kann das nachempfinden“

Was hält Stender für die Gründe des Erfolges? „Alle Hundebesitzer müssen sich irgendwann damit befassen, was sie tun, wenn ihr Hund stirbt, und wie sie damit umgehen. Ich wollte einfach eine schöne Erinnerung haben; und ich vermute, dass die Freude, die an dem Bild habe, fast jeder andere Hundebesitzer nachempfinden kann“, so Stender. „Das führt dann auch schon zum zweiten von mir vermuteten Erfolgsgrund: Das Video ist kein werblicher Content, sondern authentisch. Das merken die Zuschauer.“

Mehr als eine Woche nachdem er sein Video online gestellt hat, bearbeitet Stender sein Original-Posting. Er ergänzt es um bis dahin schon vielfach nachgefragte Informationen darüber, wie Interessierte solch ein Mosaik erstellen können –nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch. Auch einen Rabattcode für den Online-Shop von MakeMyMosaic, der eigentlich für den Blog-Artikel gedacht war, packt er in den Posting-Text.

Fazit? – „Erst in einigen Wochen“

„Was uns die aktuelle Aufmerksamkeit wirtschaftlich bringt, werden wir erst in einigen Wochen sagen können“, so MakeMyMosaic-Geschäftsführer Volker Schlenke. „Unser Produkt bringt es mit sich, dass einem Kaufprozess ein relativ langer Prozess vorangeht. Wenn Leute uns kennenlernen und zum ersten Mal auf unsere Seite kommen, probieren sie unsere Gratis-Vorschau in der Regel einmal schnell mit zehn Bildern aus. Aber wirklich Sinn ergibt es ja erst mit einem großen Fundus an Bildern – und den muss man erst einmal zusammentragen.“

Ein Provision pro erzielten Sale haben Schlenk und Stender nach wie vor nicht vereinbart. „Aber wir werden uns da schon einig; wir werden Daniel nicht vergessen“, sagt Schlenk. Bis dahin kann der SEO-Experte Stender immerhin von den gewonnen Learnings profitieren: „Vor dem Video hatte ich mit Social Media gar nichts am Hut. Nun habe ich das Gefühl, dass ich Social Media zumindest ein bisschen besser verstanden habe.

Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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