Roncalli-Direktor Bernhard Paul über Hologramme und Roboter in der Manege

Florian Rinke15.2.2023

Der Österreicher hat mit seinem Zirkus ein Millionen-Business aufgebaut

Roncalli-Chef Bernhard Paul und OMR-Gründer Philipp Westermeyer bei der Aufnahme des Podcasts in Pauls Kölner Wohnung. Foto: Julian Huke
Roncalli-Chef Bernhard Paul und OMR-Gründer Philipp Westermeyer bei der Aufnahme des Podcasts in Pauls Kölner Wohnung. Foto: Julian Huke

Schon als kleines Kind wollte Bernhard Paul zum Zirkus. Heute leitet er selbst einen. Rund 250.000 Besucher*innen sehen jedes Jahr die Shows im Circus Roncalli. Eine Manege gibt es dort auch fast 50 Jahre nach der Gründung noch. Doch sonst hat sich fast alles verändert.

Feuerwehrmann, Fußballer, Astronaut – wenn Jungen sagen sollen, was sie später mal beruflich machen wollen, kommen oft die gleichen Antworten. Bernhard Paul wollte immer zum Zirkus. Schon mit sechs Jahren war ihm das klar. Durch Zufall hatte einer Station gemacht im 6.000-Einwohner-Dörfchen Wilhelmsburg in Österreich. Vielleicht sei damals eine Spielstätte weggebrochen, mutmaßt Bernhard Paul. Am Ende ist es auch egal, der Zirkus war da. „Ich gehe in der Früh in die Schule und da standen in jeder Gasse, in jeder Straße unzählige Zirkuswagen“, erinnert er sich im OMR Podcast. Bernhard Paul sieht exotische Menschen, Tiere, am liebsten würde er sofort mitreisen.

Aus dem Traum wurde Realität. Bernhard Paul studierte zwar unter anderem Hoch- und Tiefbau, arbeitete zwischendurch als Art Director für das österreichische Nachrichtenmagazin Profil und machte Musik. Doch mit 28 Jahren hatte er seinen eigenen Zirkus: Roncalli. Fast 50 Jahre ist die Gründung inzwischen her. Der Zirkus hat sich seitdem verändert, berühmte Namen wie Sarrasani sind verschwunden, andere wie Zirkus Krone stehen massiv in der Kritik, weil sie immer noch Tiere in der Manege einsetzen. Roncalli hat keine Tiere mehr – und verkauft trotzdem noch jährlich 250.000 Tickets.

Manege frei für Roboter und Hologramme

Bernhard Paul ist überzeugt, dass sich ein Zirkus nicht dem Zeitgeist unterwerfen sollte. Anpassen muss er sich aber allemal. Der heute 75-Jährige hat eine große Sammlung historischer Zirkus-Artikel, träumt von einem eigenen Museum. Und gleichzeitig hat er Roncalli im Laufe der Jahre immer wieder neu erfunden. In den Shows tauchen heute Roboter auf, die sonst nur in der Autoproduktion zum Einsatz kommen. Bei Roncalli dienen sie als Halterung beim Handstand. Das Team um Zirkusgründer Bernhard Paul experimentiert auch mit Hologrammen und anderer moderner Technik. Bloß kein Stillstand.

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Umgekehrt ist Gründer Bernhard Paul ein Nostalgiker. Er lebt den Zirkus, in dem er viele Jahre auch selbst als Clown aufgetreten ist, bis heute. 1975 hat er Roncalli gemeinsam mit dem Künstler André Heller gegründet. Nach einem Zerwürfnis führte er ihn alleine weiter, holt Artisten aus Italien oder Russland, heute auch Kuba oder Südamerika. Die Shows werden immer wieder angepasst, das Zelt bleibt überschaubar. Rund 1.500 Gäste passen pro Vorstellung hinein, mehr sollen es laut Paul auch nicht werden. „Das Bestreben, gemessen am Zelt der größte Zirkus der Welt zu sein, war nie mein Ding“, sagt Bernhard Paul. Zu große Zelte seien sogar eher schädlich: „Wenn ich aus der letzten Reihe den Clown nur zwei Millimeter groß sehe, dann sehe ich die Mimik sicher nicht.“

Das Roncalli-Reich ist heute mehr als Zirkus

Doch natürlich ist auch Roncalli gewachsen. Drei Zelte könnten heute parallel auf Tour gehen, etwa wenn wieder wie in der Vergangenheit Konzerte in einem Zelt stattfinden und Vorstellungen in einem anderen. Zum Reich des Bernhard Paul gehört unter anderem das Apollo-Varieté in Düsseldorf, in Hamburg betreibt er einen historischen Weihnachtsmarkt, seine Shows sind mitunter auch auf Kreuzfahrtschiffen zu sehen. Rund um den Zirkus hat sich ein Millionen-Business entwickelt, das jährlich knapp 25 Millionen Euro Umsatz einbringt – und damit deutlich weniger als Freizeit-Parks wie der Europa-Park (hier im Podcast). Doch das ist Bernhard Paul egal. „Wir sind Idealisten, aber leben müssen wir auch“, sagt der 75-Jährige im OMR Podcast.

Der Roncalli-Gründer selbst redet generell sowieso lieber über die Inhalte als über die Zahlen. Doch wie entsteht eigentlich ein gutes Zirkus-Programm? „Da gibt es keine Regel. Man muss das im Gefühl haben“, sagt er: „Wenn ich jemanden engagiere, muss ich einen Gegenpart haben. Also nach einer total spannenden Nummer, wo man schweißnasse Hände hat, muss danach ein Clown kommen oder sowas.“ Das sei wie beim Kochen, es komme auf die richtige Mischung der Zutaten an.

Im OMR Podcast verrät Bernhard Paul außerdem, was der Auftritt seiner Tochter Lili in der RTL-Show „Let’s dance“ gebracht hat, warum er niemals so sein wollte wie Walt Disney und welche Zukunft der Zirkus hat.

Die Themen des Podcasts mit Bernhard Paul im Überblick:

  • Der kleine Junge und der große Traum vom Zirkus (00:03:10)
  • Der Kauf des ersten Zirkuswagens und die Partnerschaft mit André Heller (00:10:00)
  • Wie Roncalli nach Köln gekommen ist und Bernhard Pauls Karriere als Clown (00:20:00)
  • Auftritte bei „Alarm für Cobra 11“ und die Marketing-Strategie von Roncalli (00:30:00)
  • Clown ja, Zauberer nein? Wie man eine gute Zirkusvorstellung zusammenstellt (00:39:30)
  • Roncalli-Schokolade und Weihnachtsmärkte als Geschäftsmodell (00:46:00)
  • Vorbild Charly Chaplin – was einen guten Clown ausmacht (00:57:00)
  • Hat der Zirkus als solches eine Zukunft? (01:01:30)

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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