Hype wie bei der NFL? So will Christian Seifert Handball und Volleyball beliebter machen

Florian Rinke18.9.2022

Der Ex-Chef der Deutschen Fußball-Liga über seine Pläne für einen Sport-Streamingdienst

Philipp Westermeyer und Christian Seifert beim Treffen in Berlin. Foto: OMR
Philipp Westermeyer und Christian Seifert beim Treffen in Berlin. Foto: OMR

Christian Seifert hat aus der Fußball-Bundesliga ein Milliarden-Produkt gemacht. Andere Sportarten konnten mit dieser Entwicklung in Deutschland nicht mithalten. Handball, Basketball oder Tischtennis finden öffentlich kaum statt. Mit einem eigenen Sport-Streamingdienst will Christian Seifert das jetzt ändern – und setzt dabei auch auf die BILD.

Fußball-Fans können am Wochenende die Bundesliga verfolgen, montags die italienische Serie A, dienstags und mittwochs die Champions League, donnerstags die Europa-League, bevor es dann endlich mit der Bundesliga weitergeht. Fußball ist Volkssport in Deutschland – aber Christian Seifert ist überzeugt, dass es deswegen trotzdem falsch ist, nur auf Fußball zu setzen. Das mag komisch klingen aus seinem Mund, immerhin hat er als langjähriger Manager der Deutschen Fußball-Liga (DFL) dafür gesorgt, dass die Clubs durch hohe Fernsehverträge immer reicher und die Zahl der Anstoßzeiten deutlich vielfältiger wurden. Nun will Seifert sein Meisterstück wiederholen – mit bisherigen Randsportarten.

„In keinem anderen Land in Kern-Europa ist der Abstand zwischen der Nummer-1-Sportart und der Nummer-2-Sportart so groß wie in Deutschland“, sagt Christian Seifert im OMR Podcast. Mit S Nation will er das ändern. Gemeinsam mit dem Medienkonzern Axel Springer hat Seifert das Unternehmen gegründet, das 2023 mit einem eigenen Streamingdienst an den Start gehen soll (hier hat unser Stammgast Sven Schmidt die Idee analysiert). Dazu hat sich das Unternehmen bereits die Rechte für die Übertragung der Bundesligen im Handball, Basketball, Volleyball und Tischtennis gesichert.

S Nation setzt auf Kooperationen mit Medien

Christian Seifert hat 16 Jahre lang die DFL geleitet. Als er anfing, hatten die Medienrechte einen Wert von 270 Millionen Euro. „Die DFL hatte damals 24 Leute und saß auf einer halben Etage in einem Anbau des DFB“, sagt Seifert. Als er die DFL im vergangenen Jahr verließ, lag der Wert der Rechte bei mehr als einer Milliarde Euro. Vor seiner Zeit bei der DFL hatte er unter anderem auch für den Musiksender MTV gearbeitet. Der Mann kennt sich mit verschiedenen Facetten des Entertainments aus. 

Bei S Nation will er daher nicht nur ein reines Streaming-Produkt anbieten, sondern viel mehr. Das Unternehmen soll Content produzieren, der dann auch anderen Medien zur Verfügung gestellt werden soll. Christian Seifert ist überzeugt, dass mehr Berichterstattung über eine Sportart dazu führt, dass das Interesse an ihr steigt. Er sagt daher auch: „Ja, wir wollen Paid-Abos verkaufen. Unser Ansatz ist aber, dass wir unter der Woche sehr viel Content frei zugänglich machen wollen für andere Medien, bis hin zu Fachmedien.“ So könnten kurze Clips von Szenen aus Spielen unter der Woche ausgespielt werden, um dann auch das Interesse am Gesamtprodukt zu steigern. 

Streaming-Angebot soll unter 15 Euro kosten

Dass dieser Prozess Zeit braucht, weiß auch Christian Seifert. Bei einigen Sport-Ligen muss daher aus seiner Sicht auch ein Umdenken stattfinden. „Manche Ligen haben in der Vergangenheit eine falsche Politik gefahren“, sagt Seifert. Verträge mit relativ kurzen Laufzeiten hätten dafür gesorgt, dass Medienanbieter eher versuchen würden, ihre Ausgaben so schnell wie möglich wieder einzuspielen, weil er die Rechte ja bald schon wieder los sein könnte. „Ein Medienanbieter wird dann nie eine Marke aufbauen, der wird nie versuchen, eine Community zu entwickeln.“ Umso mehr freut es ihn, dass die Handball- und Basketball-Bundesliga die Rechte nun für jeweils sechs Jahre an S Nation gegeben haben. „Das sind die längsten Medienverträge, die es je gab für Live-Sport in Deutschland“, sagt Seifert.

Unter 15 Euro soll das Angebot von S Nation im Monat kosten. Dass Konkurrent DAZN seinen Kampfpreis von 9,99 Euro pro Monat nicht lange halten konnte und die Preise drastisch erhöhen musste, schreckt Christian Seifert nicht ab. DAZN und S Nation verfolgen aus seiner Sicht unterschiedliche Ansätze. So habe DAZN sich zum Start sehr teure Rechte wie die Champions League im Fußball eingekauft, S Nation wolle Sportarten eher von unten aufbauen. Die Produktionskosten seien durch den technischen Fortschritt inzwischen sehr viel günstiger als noch vor einigen Jahren. Der 53-Jährige ist überzeugt, dass er langfristig ein Angebot schafft, das mehr Menschen für die jeweiligen Sportarten begeistern kann als aktuell – und dass S Nation eine Begehrlichkeit anbietet, die dauerhaft von Interesse bleibt: „Es wird meines Erachtens nur noch drei Themen geben, die man live wird gucken müssen: Aktienkurse, echte Breaking-News und Sport.“

Im OMR Podcast verrät Christian Seifert außerdem, welche Liga er weltweit für die am besten gemanagte hält, warum ihm der Sender Pro Sieben leid tut und welche Sportrechte er sich gerne noch gesichert hätte.

Im Anschluss an das Gespräch mit Christian Seifert folgt ein kleiner Ausschnitt von „Alles Coin, Nichts Muss“ zum kürzlich erfolgten Ethereum Merge (Alle Folgen von „Alles Coin, Nichts Muss“ findet ihr hier).

Die Themen des OMR Podcasts mit Christian Seifert im Überblick

  • Karstadt, MTV, DFL – der kuriose Karriereweg von Christian Seifert (00:03:30)
  • Christian Seifert über die Pläne mit S Nation (00:19:00)
  • Unter 15 Euro fürs Abo und 1 Million Abonnenten? (00:37:00)
  • S Nation soll eine Content-Maschine werden – und viele Partner gewinnen (00:44:00)
  • Wie sollen sich deutsche Ligen medial gegen NBA und Co. behaupten? (00:56:00)
  • Darum ist Christian Seifert nicht CEO von S Nation geworden (01:06:00)
  • Ausschnitt von „Alles Coin, Nichts Muss“ über den Ethereum Merge (01:14:00)
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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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