Vom zockenden Nerd zum führenden VC der Gaming Industrie

Ein Ausnahme-CV vom Reißbrett: Die Karriere von Moritz Baier-Lentz, Partner bei Lightspeed Ventures

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OMR Podcast-Host Philipp Westermeyer und Moritz Baier-Lentz. Foto: OMR

„Auf dem Sterbebett soll das Letzte, was ich sage, sein: War geil.“ Wer so einen Satz ins OMR Podcast-Mikrofon spricht, schürt gewisse Erwartungen. Im Fall von Moritz Baier-Lentz muss man sagen: zurecht. Beinahe-Profi-Gamer, Stanford MBA, Forbes 30 under 30, Investmentbanker bei Goldman Sachs und nun – mit nicht mal 40 Jahren – Partner bei einer der führenden VC-Firmen mit Hauptwohnsitz Malibu. Und über seine extremen Hobby-Projekte haben Philipp Westermeyer und Baier-Lentz da noch gar nicht gesprochen.

Der Werdegang des zockenden Nerds aus Niedersachsen zum Finanzierer der Gaming-Blockbuster der nächsten Generation ist dabei nicht nur das Ergebnis von Talent und Willen. Seine Karriere sei das Resultat präziser Planung, erzählt Baier-Lentz im OMR Podcast. Einmal im Jahr, meist zwischen Weihnachten und Neujahr, nehme er sich zwei Tage Zeit. Dann ziehe er Bilanz und plane die Ziele für die jeweils kommenden fünf Jahre, beruflich wie privat.

Fester Punkt auf dem Chart seien immer „transcendental experiences“, wie Baier-Lentz es nennt. Das klingt ein bisschen nach Drogen-Erfahrungen (was er nicht verneint), äußert sich aber auch in Form extremer Marathon-Projekte. Der 37-Jährige hat bereits den Marathon des Sables absolviert, einen 230-Kilometer-Lauf durch marokkanische Geröll- und Sandwüsten. Im Februar 2023 war er als einziger deutscher Teilnehmer bei der World Marathon Challenge dabei, einer irrsinnigen Serie von sieben Marathons auf sieben Kontinenten an sieben aufeinanderfolgenden Tagen.

Ein eigenes System, persönliche Ziele zu erreichen

Sowas schafft man – neben dem Hauptjob – nur durch konsequente Planung. „Ich bin sehr gut darin, mir Ziele zu setzen und dann einfach ein System für mich aufzubauen, die Ziele zu erreichen“, sagt Baier-Lentz. Das Ergebnis sieht dann so aus: Trotz Einser-Abi weiß er zunächst nicht, welche Karriere er einschlagen soll. Er entscheidet sich dann für ein duales Studium bei IBM. Dort steigt Baier-Lentz schnell auf und sieht sich irgendwann von lauter Harvard- und Stanford-Absolvent*innen umgeben. Nachdem eines seiner Projekte geholfen hatte, eine komplette Abteilung von IBM durch Computercode und einen automatisierten Prozess zu ersetzen, habe ihn der damalige CEO eingeladen und gefragt, was IBM ihm Gutes tun könne. So erzählt es Moritz Baier-Lentz . „Ich habe in dem Meeting dann einfach kackdreist gesagt: Ich würde gerne mal nach Harvard. Worauf die Antwort war: kein Problem.“

Um den Makel der zweitklassigen akademischen Ausbildung in Form des dualen Studiums dann vollends auszuwetzen, legt Baier-Lentz später noch einen MBA an der Elite-Uni Stanford drauf. Eine „lebensverändernde“ Erfahrung, wie er in der Rückschau sagt. Und die nach einem Praktikum zum Sprungbrett in seinen nächsten Job im Investment-Banking werden sollte.

Mit einem Essay über „Diablo 2“ nach Stanford

Bei Goldman Sachs ist er ganz nah dran an millardenschweren Übernahmen. Baier-Lentz begleitet den Kauf eines Chipherstellers durch Dell und die Übernahme des Softwareherstellers Red Hat durch seinen früheren Arbeitgeber IBM. Der Mittzwanziger sitzt in Meetings mit Elon Musk, der damals noch Mühe hatte, an Kapital für sein Weltraum-Startup Space X zu kommen. Doch so spannend Baier-Lentz die Rolle des Beraters findet, es zieht ihn näher an das operative Geschäft. Und zurück zu seinen Ursprüngen: zum Gaming.

Moritz Baier-Lentz. Foto: OMR

Bereits in Stanford hatte Baier-Lentz sich mit einem Essay über „Diablo 2“ beworben. Das Spiel habe er als Jugendlicher knapp unter Profi-Niveau beherrscht, wie er im Podcast sagt. Der Verkauf dort erspielter virtueller Güter habe ihm mehr als ein nur auskömmliches Taschengeld eingebracht. Bei Goldman Sachs betrachtet Baier-Lentz das wirtschaftliche Potenzial dieses Sektors dann in etwas größeren Dimensionen.

Top Games mit 5 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr

„Gaming heute ist größer als Musik, Film und TV zusammen“, sagt Baier-Lentz. „Die besten Spiele generieren fünf Milliarden Umsatz pro Jahr oder mehr.“ Gaming wachse nach wie vor stärker als alle anderen Sektoren, die er kenne. Das überzeugt seine Vorgesetzten bei Goldman. Unter Führung von Baier-Lentz entsteht ein Bereich, der sich dem boomenden Entertainment-Segment widmet.

Doch Baier-Lentz will nicht nur Deals begleiten, sondern dorthin, wo die Zukunft des Gamings gemacht wird. Er wechselt zu Bitkraft Ventures, einem kleinen, ursprünglich in Berlin beheimateten VC-Unternehmen. Dort befasst er sich mit neuen Spielen, aber auch grundlegender Technologie, vor allem im Bereich künstlicher Intelligenz. In den drei Jahren, die Baier-Lentz bei Bitkraft ist, wächst das verwaltete Kapital von 100 auf 850 Millionen Dollar.

Ein Jobangebot im Yoga-Resort

Der nächste Karrieresprung beginnt mit einer Yoga-Session. Bei einem Retreat in einem griechischen Luxusresort habe er eine Partnerin von Lightspeed Ventures kennengelernt. Sie habe ihn eingeladen, das Bewerbungsverfahren des Wagniskapitalgebers zu durchlaufen. Seit Anfang 2022 ist er nun selbst Partner und managed einen auf Gaming-Themen spezialisierten VC-Fonds von rund einer halben Milliarde Dollar.

Das Geld investivere er in kommende Technologie und Spiele-Projekte, sagt Baier-Lentz. Vor allem aber in Personen. Bei seinen Investments steckten dahinter „fast ausschließlich Leute, die Lead Producer oder Lead Designer bei Videospielen waren, die 250 bis 500 Millionen Dollar pro Jahr generiert haben“. Sie kündigten ihre Jobs bei den großen Studios wie Riot Games, Blizzard oder Epic Games, um nun mit dem Geld von Lightspeed eigene Titel umsetzen.

Sieben Siege gegen Andreessen Horowitz

Ob seine Wetten aufgehen, werde er erst in zwei oder drei Jahren sehen, wenn die ersten Games sich dem Release nähern. Im günstigen Fall, so Baier-Lentz, sei dann eines der Spiele dabei, das er als „Forever Games“ bezeichnet. Damit meint er Titel, die nicht nur durch den Verkauf des eigentlichen Spiels Umsatz machen. „Fortnite“ nennt Baier-Lentz als Beispiel eines Games, das durch immer neue Erweiterungen, virtuelle Güter und Nebengeschäfte zur potenziell unerschöpflichen Einnahmequelle werden kann. „Die großen Spiele sind im Grunde heutzutage Plattformen“, sagt Baier-Lentz.

Die Entwicklung eines potenziellen Megasellers wie „Fortnite“ oder „Starcraft“ verschlingt viel Geld. Er selbst sei gerade an einer Seedrunde über 55 Millionen Dollar beteiligt gewesen, sagt Baier-Lentz. Doch obschon es eine relativ neue Entwicklung sei, dass Wagniskapitalgeber auf diesem Niveau Geld in Gaming-Ventures stecken, bedeute das nicht, dass er auf dem Feld ohne Konkurrenz unterwegs sei. Wie umkämpft der Sektor unter Investoren inzwischen ist, zeigt sich etwa darin, dass einer der legendärsten Geldgeber der US-Startup-Szene ebenfalls mitmischt – wenn auch nicht immer mit Erfolg, wie Baier-Lentz im OMR Podcast berichtet. Bereits sieben Mal sei er gegen Andreessen Horowitz angetreten. „Und ich habe sieben Mal gewonnen.“

Die Themen des Podcasts mit Moritz Baier-Lentz von Lightspeed Ventures:

  • (00:00:00) seine Anfänge als professioneller „Diablo 2“-Gamer
  • (00:08:40) duales Studium bei IBM und Wechsel in die USA
  • (00:12:52) MBA in Stanford und Wechsel ins Investmentbanking
  • (00:16:03) Gründung der Gaming-Sparte von Goldman Sachs
  • (00:19:37) der Wechsel in den Venture-Capital-Sektor
  • (00:29:03) nächste Station: Partner bei Lighspeed Ventures
  • (00:39:52) Status der Gaming-Industrie in Deutschland
  • (00:41:16) Forever Games und Spiele als Plattform-Business -> wird verlängert
  • (01:17:34) Pläne zur Gründung einer eigenen Firma
  • (00:45:00) seine Leidenschaft für extreme Marathons
  • (00:51:09) Planung und Execution der eigenen Biographie
  • (00:56:09) sein Zusammentreffen mit Elon Musk
  • (01:19:47) Wie er auf die Entwicklung von AI blickt
  • (00:59:06) Peter Thiels Invite-only-Event „Dialogue“
  • (01:23:23) Verantwortung für gesellschaftliche Herausforderungen
  • (01:03:30) eine mögliche Rückkehr nach Europa
  • (01:06:58) weitere Deutsche in der US-Investmentszene
  • (01:11:18) sein Blick auf aktuelle Video Games

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Christian Cohrs
Autor*In
Christian Cohrs

Editor & Content Strategist bei OMR und Host des FUTURE MOVES-Podcasts. Zuvor war er Redaktionsleiter des Wirtschaftsmagazins Business Punk in Berlin, Co-Autor des Sachbuchs "Generation Selfie".

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