Der Musik SEO: Wie Matt Farley mit Keyword-Spam-Songs 2.000 US-Dollar im Monat verdient

Ist das die Zukunft des Musikmarketings im Digitalzeitalter?

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Matt Farley
Inhalt
  1. Keyword ‚zahnpasta’ führt zu Plays
  2. Bis zu 27.000 US-Dollar Jahreseinnamen mit Musik-Spam
  3. Keyword Stuffing im Songtitel
  4. Gebrauchssongs in Hunderten von Variationen
  5. 300.000 Plays mit Fäkalsong

Lassen sich auf Musikplattformen wie iTunes und Spotify mit SEO-Tricks mehr Reichweite und damit mehr Plays für bestimmte Musikstücke generieren? Matt Farley schreibt Songs zu bestimmten Keywords und lädt sie ins Netz hoch – und verdient damit mehr als in seinem Hauptberuf. Online Marketing Rockstars hat den „Musik-Spammer“ interviewt und sich von ihm seine Geschichte erzählen und seine Tricks verraten lassen. Seine Songs heißen „Sneezing Baby Panda (so cute)“, „Meghan Trainor is A Talented Pop Music Star“ oder auch „Do you site or stand to wipe your bum?“. Matt Farley aus Danvers in Massachusetts hat mehr als 18.300 Songs bei iTunes und Spotify hochgeladen – zu den kuriosesten Themen und Namen.

Keyword ‚zahnpasta’ führt zu Plays

„Ich hatte zusammen mit einem Freund eine Band, etwa um 2004 herum, als iTunes langsam beliebter wurde. Wir veröffentlichten 25 Alben im Internet, aber waren sehr sehr unerfolgreich. Die einzigen Songs, mit denen wir wenigstens ein bisschen etwas verdienten waren die mit merkwürdigen Worten im Titel“, so Farley im Gespräch mit Online Marketing Rockstars. Seine Erklärung für dieses Phänomen: „Den Kids wird mit der Zeit langweilig und sie fragen sich, ob es vielleicht ein Lied über Zahnpasta gibt. Wenn ich nach ‚liebe’ suche, finde ich eine Million Songs, aber bei ‚zahnpasta’ hat man als Musiker eine bessere Chance, in den Suchergebnissen aufzutauchen.“

Er beginnt also damit, Songs zu bestimmten Begriffen zu schreiben. Zwar wird nach diesen deutlich weniger gesucht als nach den bekannten Songtiteln. Aber weil Farley sehr schnell produziert, kann er auf Masse gehen. „Anstatt eines großen Hits versuche ich viele Songs zu schreiben, die ein bisschen Geld verdienen.“ In der Suchmaschinenoptimierung würde man sagen, Farley zielt auf „longtail keywords“ ab. „Ich wusste nicht, was SEO ist, bevor andere Leute angefangen haben, Artikel über mich zu schreiben.“

Bis zu 27.000 US-Dollar Jahreseinnamen mit Musik-Spam

Seit 2008 hat Farley mit seinem Verlag Motern Media unter mehr als 70 Künstlernamen („The Toilet Bowl Cleaners“, „Papa Razzi and the Photogs“, „The Passionate and Objective Joker Fan“…) Tausende von Songs veröffentlicht. Er lädt diese über die Website CDBaby.com ins Netz; von dort aus werden sie auf den großen Musikplattformen wie iTunes und Spotify verteilt. Das kostet pro Album 50 US-Dollar. Um seinen potenziellen „Return on Invest“ zu erhöhen, packt Farley seine Alben voll mit so vielen Songs als möglich. Ein Großteil der Platten habe die Investitionskosten wieder hereingeholt.

Pro iTunes-Download erhält der Musik-Spammer einen zweistelligen Cent-Betrag; für einen Stream auf Spotify erhalten Musiker in der Regel weniger als einen Cent. Über alle Plattformen hinweg generiert Farley jährlich einen Betrag zwischen 24.000 und 27.000 US-Dollar. Mit seinen Songs verdient er mehr als mit seinem Tagesjob: 30 Stunden in der Woche arbeitet er in einem sozialen Wohnprojekt für Teenager. Abends bringt er seine zwei jungen Kinder ins Bett und macht danach noch bis Mitternacht Musik.

Eine Übersicht über Farleys monatliches Einkommen (Quelle: PandoDaily

Eine Übersicht über Farleys monatliches Einkommen (Quelle: PandoDaily)

Keyword Stuffing im Songtitel

Seit Kurzem ist Farleys Musik auch bei Amazons Streaming-Dienst vertreten, der Löwenanteil der Einnahmen stammt aber von iTunes und Spotify. Hinzu kommen die Verdienste aus dem Verkauf von personalisierten Songs, die der Musiker für 44 US-Dollar pro Stück anbietet. „In diesem Jahr habe ich schon 500 davon geschrieben“, so Farley.

Beim Finden und Erfinden von Songtiteln und -themen ist der 40-Jährige findig bis bauernschlau. Auch wenn er eigentlich keinen Online-Marketing-Hintergrund hat, wendet er doch Prinzipien aus dem SEO an – etwa Keyword Spamming und Keyword Stuffing. „Je mehr Wörter ich im Titel habe, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich damit in irgendwelchen Suchergebnissen auftauche“, so Farley. „Warum also soll ich kurze Songtitel wählen?“

Gebrauchssongs in Hunderten von Variationen

Außerdem schreibt er Songs über Promis und andere Musiker und versucht auf diese Weise, in den Suchergebnissen aufzutauchen. Mittlerweile habe ihm CDBaby mitgeteilt, dass die großen Musikplattformen keine Songs mehr erlauben, die die Namen anderer Künstler im Namen tragen. „Ich habe zwar keinen Beleg dafür, dass das auf mich zurückzuführen ist, nenne das aber trotzdem gerne die ‚Motern-Media-Regel’“, sagt Farley amüsiert. Zu seinem Glück sind seine bisherigen Promi-Songs nicht gelöscht worden – nur neue hochladen kann er keine mehr.

Er schreibt Stücke über Städte, damit er zu Suchen wie „new york songs“ gelistet wird, schreibt Songs wie „…, gehst Du mit mir zum Abschlussball“ mit 500 verschiedenen Mädchennamen oder Geburtstagssongs für jeden einzelnen aller 366 Tage (inklusive 29. Februar) im Jahr.

300.000 Plays mit Fäkalsong

Neben den Promi-Songs generiert mit einem bestimmten Themenbereich die meisten Plays: „Klo-Humor ist sehr erfolgreich.“ Vor allem Kinder würden wohl nach dem Wort „poop“ suchen, mutmaßt er. In seinem erfolgreichsten Song – „The Poop Song“ – singt Farley für anderthalb Minuten einfach das englische Wort für Kacke. Bislang wurde der Song bei Spotify mehr als 300.000 Mal gestreamt. Mittlerweile hat er Hunderte Songs zum Thema geschrieben, mit seinen Alter Egos „The Toilet Bowl Cleaners“ und „The Odd Man who sings about Poop, Puke and Pee“.

Früher habe er den Traum gehabt, ein zweiter Bob Dylan zu werden. Heute macht es ihm offenbar keine Probleme, einen albernen Song nach dem anderen zu produzieren. Wenn es ihn überkommt, nimmt er ein Album mit ernsten Songs auf. Ihm gefalle der Gedanke, dass die „Toilet Bowl Cleaners“ elf Alben mit Songs über Fäkalien veröffentlicht hätten und eines mit ernsten Liebesliedern. „Einige von denen sind richtig gut!“

MusikSEO
Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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