Jörn Nikolay: Warum General Atlantic zuletzt eher außerhalb von Berlin investiert hat

Florian Rinke26.10.2022

Der Private-Equity-Manager über die Beteiligungen an Parship, Staffbase und Flix Mobility

OMR-Gründer Philipp Westermeyer hatte General-Atlantic-Deutschlandchef Jörn Nikolay zu Gast. Foto: OMR
OMR-Gründer Philipp Westermeyer hatte General-Atlantic-Deutschlandchef Jörn Nikolay zu Gast. Foto: OMR

General Atlantic zählt zu den renommiertesten Growth-Investoren der Welt. In Deutschland führt seit vielen Jahren Jörn Nikolay die Geschäfte. Im OMR Podcast erzählt der Investor, warum viele Beteiligungen zuletzt außerhalb von Berlin getätigt wurden, wie viel Geld man Unternehmen durchschnittlich zur Verfügung stellt – und welchen berühmten Vorgänger er an der Spitze von GA abgelöst hat.

Berlin ist die Startup-Hauptstadt der Republik, aber ausgerechnet das Portfolio einer der weltweit renommiertesten Private-Equity-Gesellschaften spiegelt eher den deutschen Föderalismus wieder: hier ein Investment in Chemnitz, dort eins in Hamburg oder München. „Wir sind eigentlich relativ wenig in Berlin aktiv“, bestätigt Jörn Nikolay, Deutschland-Chef von General Atlantic. Die Gründe sind vielschichtig, aber einer könnte auch mit der Art der Geschäftsmodelle zu tun haben. „Wir sind so ein bisschen Geschäftsmodell-Snobs, wir investieren in Geschäftsmodelle, die wenig Kapital brauchen, um zu wachsen“, sagt Jörn Nikolay im OMR Podcast. 

Seit mehr als 40 Jahren investiert General Atlantic in Wachstumsunternehmen. In der Vergangenheit war das Private-Equity-Unternehmen unter anderem in Tech-Firmen wie Uber, Slack oder Snapchat investiert. In Deutschland zählen aktuell der Fernbus-Anbieter Flix-Mobility oder die Dating-Plattform Parship zum Portfolio (Hier beschreibt der damalige ProsiebenSat.1-Chef Rainer Beaujean im OMR Podcast das Potenzial des Dating-Marktes). 141 Millionen Dollar bekommen Firmen von General Atlantic im Schnitt. Das Risiko? Aus Sicht von Jörn Nikolay dennoch überschaubar: „Wir investieren in sehr, sehr stark wachsende Firmen, aber wir investieren in der Phase, wo sie eigentlich bewiesen haben, dass ein Geschäftsmodell funktioniert und der Markt da ist“.  

Jörn Nikolay beerbt „Mr. Mannesmann“

Jörn Nikolay ist seit 2008 bei General Atlantic, als Managing Director trägt er unter anderem die Verantwortung für die Investments im DACH-Raum. Vorgezeichnet war dieser Weg jedoch nicht. Nicolay kommt zwar aus einer Akademiker-Familie, Firmenbeteiligungen und Finanz-Investments spielten da aber maximal am Rande eine Rolle. Beide Eltern sind Historiker, seine Mutter lehrte an der Universität in Bonn, sein Vater an einer Schule. Doch Jörn Nikolay zog es nach dem Abitur aus der früheren Bundeshauptstadt ins knapp 80 Kilometer entfernte Vallendar. Nach dem Studium an der Privathochschule WHU stieg er erst bei Morgan Stanley ins Investmentbanking ein, wechselte dann zu Bain in die Beratung, bevor er über Umwege bei General Atlantic landete.

Dort trifft Jörn Nikolay auf Klaus Esser. Der frühere Mannesmann-Chef ist damals Deutschland-Chef von General Atlantic und eine der bekanntesten Manager-Persönlichkeiten der Republik – allerdings wohl eher unfreiwillig. Denn Esser wurde zu einem der Gesichter der Mannesmann-Übernahme durch den britischen Mobilfunker Vodafone, nachdem bekannt wurde, dass er als Mannesmann-Chef eine Abfindung in zweistelliger Millionenhöhe erhalten hatte. Er musste sich später auch im Mannesmann-Prozess wegen des Vorwurfs der Untreue vor Gericht verantworten, das Verfahren wurde aber letztlich gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Das Verfahren zählt zu den bekanntesten Strafverfahren der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte, unter anderem weil der damalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann (der als Aufsichtsrat ebenfalls angeklagt war) im Verlauf das berühmt gewordene Victory-Zeichen machte.

Einsatz von General Atlantic beim Axel-Springer-Deal verdreifacht

„Klar, die ersten Termine waren immer so: Wo ist denn der Klaus?“, erinnert sich Jörn Nikolay. Doch der junge Investor macht sich auch schnell selbst einen Namen. Denn Nikolay baute gemeinsam mit einem General-Atlantic-Team und dem Medienkonzern Axel Springer dessen Classifieds-Geschäft rund um Marken wie Stepstone und Immonet auf. Als Springer die Anteile von General Atlantic später übernahm, hatte der PE-Investor seinen Kapitaleinsatz von 300 Millionen Euro nahezu verdreifacht. Dass aktuell mit KKR ein weiterer PE-Investor versucht, seinen Einsatz beim Berliner Medienkonzern zu maximieren, sei dabei kein Zeichen dafür, dass General Atlantic zu früh ausgestiegen sei, betont Jörn Nikolay. Vielmehr würden sich daran aus seiner Sicht die unterschiedlichen Ansätze von Investoren zeigen.

In Deutschland sieht er aktuell viele spannende Investitionsmöglichkeiten, was aus seiner Sicht auch an einer neuen Generation von Unternehmer*innen liegt. „Der deutsche Mittelstand ist heute da, wo er ist, weil es irgendwann eine fantastische Generation von Unternehmern gab“. Und eine ähnliche Entwicklung erkennt der Investor aktuell erneut: „Es ist ja toll, wenn Amazon und Microsoft in München ganz viele Mitarbeiter haben, aber es ist ja viel cooler, wenn dort auch Flixbus, Celonis und Personio die Top-Talente anziehen können“, zieht Jörn Nikolay einen Vergleich zwischen den US-Techriesen und den deutschen Einhörnern. 

Im OMR Podcast verrät Jörn Nikolay außerdem, bei welchen Milliarden-Unternehmen man ein Investment hätte machen können, dann aber verzichtete, warum er gerade mit viel Interesse auf den französischen Markt schaut – und was sich die deutsche Bundesregierung bei Frankreichs Präsident Emmanuel Macron abschauen kann.

Die Themen des OMR Podcasts mit Jörn Nikolay im Überblick:

  • WHU-Absolvent, aber kein Gründer? Wieso Jörn Nikolay lieber Investor wurde (00:04:10)
  • Was Growth-Investoren von Venture Capital und klassischem Private Equity unterscheidet (00:12:00)
  • Springer und die Classifieds – Jörn Nikolays erster großer Deal für GA (00:18:00)
  • Wie GA dabei geholfen hat, Parship zu einem der weltweit größten Player zu machen (00:32:30)
  • Perlen in der Provinz: Das Beispiel Staffbase aus Chemnitz (00:38:00)
  • Flixbus und die Diskussionen um das 9-Euro-Ticket (00:45:00)
  • Wie Jörn Nikolay auf den Standort Deutschland blickt (00:50:00)
  • Sportrechte als weiteres Wachstumsfeld? (01:05:00)
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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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