So will Mercedes-Chef Ola Källenius den Autohersteller in die digitale Zukunft führen

Florian Rinke13.4.2022

Im OMR Podcast spricht der Schwede über seinen Weg an die Spitze und neue Herausforderungen

OMR-Gründer Philipp Westermeyer und Mercedes-Chef Ola Källenius trafen sich in Stuttgart zum Interview. Foto: OMR
OMR-Gründer Philipp Westermeyer und Mercedes-Chef Ola Källenius trafen sich in Stuttgart zum Interview. Foto: OMR

Seit 2019 ist Ola Källenius Chef des Autoherstellers Mercedes-Benz-Group. Als er den Posten übernahm, lag der Aktienkurs bei unter 40 Euro. Heute steht er bei mehr als 60 Euro. Im OMR Podcast erklärt der Schwede, wie er den Autohersteller auf Zukunftsthemen ausrichten will, warum die Marke ihre Taxi-Modelle neu ausrichtet und warum das Geschäftsmodell von Mercedes künftig stärker dem eines Luxus-Handyherstellers ähneln wird.

Als Ola Källenius ein Kind war, gab es in seinem Umfeld nur zwei Familien: die Volvo-Familie und die Saab-Familie. Die beiden schwedischen Autohersteller dominierten den Markt in Källenius Heimatland. Doch dieser bewunderte schon früh die Hersteller aus einem anderen Land: Deutschland. „Als ich nach dem Studium mit Mercedes in Kontakt gekommen bin, ist ein Traum wahr geworden“, sagt Källenius im Gespräch mit Philipp Westermeyer im OMR Podcast. Dass sein Weg den heute 52-Jährigen mal bis an die Spitze der Mercedes-Benz-Group führen würde, hätte Källenius aber wohl selbst nicht gedacht, als er nach dem Studium in der Nachwuchsgruppe anfing, dem Talentprogramm des Weltkonzerns. 

2019 übernahm er den Chefposten vom langjährigen Konzernlenker Dieter Zetsche – was nicht selbstverständlich war. Denn Ola Källenius hat unter anderem im schweizerischen St. Gallen Betriebswirtschaft studiert. Die Chefposten in der deutschen Autoindustrie waren bislang allerdings bis auf wenige Ausnahmen immer in der Hand von Ingenieuren. Volkswagen-Vorstandschef Herbert Diess (hier zu Gast im OMR Podcast)? Ingenieur. BMW-Chef Oliver Zipse? Ingenieur. Auch die Chefs der anderen beiden Premium-Hersteller Porsche und Audi, Oliver Blume und Markus Duesmann, haben nach dem Abitur Maschinenbau studiert.

Beim autonomen Fahren zählt Mercedes zur Weltspitze

Für Ola Källenius war das allerdings nie ein Problem. Das nötige Wissen, sagt er, habe er sich anders angeeignet: „Vielleicht kann man nicht jede Berechnung für jede Schwingung im Fahrzeug selber machen, aber man muss verstehen, worauf es ankommt: Was macht einen Mercedes zu einem Mercedes?“, sagt Källenius. Und was für den Vorstandschef aktuell noch wichtiger ist: Wofür soll die Marke in Zukunft stehen? 

Denn genau wie die gesamte deutsche Automobil-Industrie muss sich auch der Hersteller aus Stuttgart transformieren. Die Mega-Trends Dekarbonisierung und Digitalisierung machen es nötig. Mercedes investiert große Summen in den Ausbau der Elektromobilität, um die Fahrzeuge sauberer zu machen. Und gleichzeitig muss der Hersteller dafür sorgen, auch bei Zukunftsthemen wie dem autonomen Fahren zu den Vorreitern zu gehören. Nur so lassen sich die hohen Preise für die Fahrzeuge auch künftig noch rechtfertigen; nur so kann der Automobilpionier Tesla und Co. dauerhaft Konkurrenz machen. Beim autonomen Fahren hat Mercedes zuletzt bewiesen, wie leistungsfähig die eigenen Entwickler sind. Im Dezember 2021 erhielt das Unternehmen die Level-3-Freigabe für seine S-Klasse – als erster Hersteller weltweit. Damit können die Fahrzeuge künftig im Straßenverkehr teilautonom fahren.

Ola Källenius hat Mercedes neu ausgerichtet

Als Ola Källenius am 19. Mai 2019 den Posten des Vorstandschefs übernimmt, liegt der Kurs der damaligen Daimler-Aktie bei unter 40 Euro. Der Schwede richtet das Unternehmen neu aus, setzt ein Sparprogramm durch und spaltet den traditionsreichen Konzern in mehrere Teile. Daimler – das ist heute der Name der Lkw-Sparte, die eigenständig an der Börse notiert ist. Källenius wiederum führt die Mercedes-Benz-Group, in der das Geschäft mit den PKW, Transportern und natürlich die Formel-1-Aktivitäten gebündelt sind. Heute liegt der Aktienkurs bei mehr als 60 Euro.

„In der Transformation wird unser Geschäftsmodell dem eines Luxus-Handyherstellers ähnlicher: Man hat einerseits ein qualitativ hochwertiges, wunderschönes physisches Produkt, aber man hat auch ein Ökosystem“, sagt Ola Källenius im OMR Podcast. Nachdem die Premiumhersteller in den vergangenen Jahren mit kleineren Modellen versucht haben, eine immer breitere Zielgruppe zu erreichen, fokussiert sich man sich in Stuttgart inzwischen wieder stärker auf das Premium-Segment. Denn dort werden die Margen verdient, mit denen die Transformation bezahlt werden soll. 

Mercedes zieht sich ein Stück weit aus dem Taxi-Markt zurück

An anderen Stellen zieht sich der Konzern hingegen ein Stück weit zurück – etwa im traditionsreichen Taxi-Geschäft. Mercedes hatte zuletzt bestätigt, die Modelle E- und B-Klasse nicht mehr als Taxi-Version anbieten zu wollen. Speziell die E-Klasse galt aufgrund ihres Komforts und Fahrverhaltens lange Zeit als besonders beliebt bei Taxi-Fahrern. Mercedes will künftig im Taxi- und Mietwagenbereich nur noch Vans anbieten. Der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland hatte die Entscheidung nach Bekanntwerden als „katastrophal“ bezeichnet und einen Protestbrief an Ola Källenius geschickt.

Im OMR Podcast hat Ola Källenius die Entscheidung noch einmal bekräftigt: „Es gibt nach wie vor gewisse Modelle, die wir für Taxis entwickeln. Aber es ist nicht unser Hauptgeschäft.“ Mercedes sei als Luxus- und Tech-Marke eine Art Aspirational Brand, sagte er. Damit sind Marken gemeint, die viele Menschen gerne besitzen möchten, sich aber nicht leisten können. „Wenn du deinen ersten Mercedes kaufst, dann hast du das Gefühl: Ich bin angekommen. Das ist etwas ganz, ganz besonderes”, sagte Ola Källenius im Gespräch mit Philipp Westermeyer.

Im OMR Podcast verrät der Mercedes-Vorstandschef außerdem, wie er den Aktienkurs von Tesla bewertet, warum der Bau eines Top-Autos wie ein Zehnkampf ist und was er während der Formel-1-Rennen macht, wenn er nicht live vor Ort sein kann.

Die Themen des OMR Podcast mit Ola Källenius im Überblick:

  • Wie wird man als Betriebswirt Entwicklungsvorstand? (00:04:30)
  • Das Auto wird zum Smartphone auf Rädern (00:11:15)
  • Die Abspaltung des Truck-Geschäfts (00:19:00)
  • So blickt Källenius auf die Bewertung von Tesla (00:24:20)
  • Der Wettkampf beim autonomen Fahren (00:30:20)
  • Die Rolle der Formel 1 (00:42:00)
  • Digitalisierung und Dekarbonisierung (00:48:20)
  • Warum Ola Källenius für die Frauenquote in Vorständen ist (00:51:20)
  • Die Bedeutung von China für die Automobilbranche (00:55:00)
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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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