Short and dry: Welche Gesetzesänderungen erwarten die HR-Abteilungen 2025

Ob der gestiegene Mindestlohn, das Selbstbestimmungsgesetz oder der EU-AI-Act – all diese Änderungen erfordern Anpassungen in den HR-Prozessen und der Unternehmenskultur.

Eine junge Frau ist mit dem aktuellen Impuls überfordert. Neben ihr stehen 4 Personen, die auf sie und ihre Arbeit zeigen.
74 Artikel umfasst allein das Bürokratieentlastungsgesetz – und das ist längst nicht alles, was sich 2025 ändert. Überblick gefällig?

Wie üblich: Neues Jahr, neue Gesetze. Doch was bedeutet das für HR? Weniger Bürokratie, mehr Selbstbestimmung, strengere Berichtspflichten – 2025 stellt neue Anforderungen. Dabei heißt es Prozesse optimieren, Systeme anpassen, Effizienz sichern und gleichzeitig compliant bleiben. Doch zuallererst braucht es einen Überblick. Was steht 2025 an?

Für die Humans in HR

Let’s start strong: Der Mindestlohn steigt auf 12,82 € pro Stunde und der Grundfreibetrag sowie der Kinderfreibetrag ebenfalls – mehr Geld für Arbeitnehmer*innen und mehr Aufwand für Personalabteilungen. Neben zusätzlichen lohnsteuerlichen Änderungen gibt es weitere Themen, die mögliche Prozessänderungen mit sich bringen:

Mütter schützen

Unternehmen müssen den Arbeitsplatz von Schwangeren genau auf Risiken prüfen und alles dafür tun, dass sie sicher arbeiten – betriebliche Beschäftigungsverbote sollen wirklich die Ausnahme bleiben. Weiter gibt es die Möglichkeit, weniger anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung durchzuführen – also Überprüfungen, in denen keine Schwangerschaft/Stillzeit im Unternehmen besteht. Die Bedingung für dieses Vorgehen ist, dass es zur besagten Tätigkeit eine Regel des Ausschusses für Mutterschutz gibt, welche die Arbeit für schwangere oder stillende Personen untersagt. Trotzdem muss es dokumentiert werden. Zu finden ist es im § 10 Absatz 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes.

Eine weitere wichtige Änderung, die noch vor den Neuwahlen umgesetzt werden soll, ist der gestaffelte Mutterschutz nach Fehlgeburten. Hier gab es eine Einigung zwischen SPD, CDU und den Grünen – der finale Beschluss steht noch aus. 

⁠Barrieren entfernen – baulich, digital und emotional

Für öffentliche Einrichtungen längst Alltag, für Unternehmen bald Pflicht: Am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Was das heißt? Geräte wie Laptops, Telefone oder Bankautomaten, die ab diesem Stichtag angeschafft werden, müssen barrierefrei nutzbar sein. Und auch interne Software, digitale Kommunikation und Dienstleistungen – zum Beispiel Intranet, Online-Shops oder Online-Banking – fallen unter die neuen Vorgaben.

Und was bedeutet "barrierefrei" konkret? Das regelt die Verordnung zum Gesetz (BFSGV). Darin geht es unter anderem um:

  • Textalternativen für nicht-textliche Inhalte,
  • Kompatibilität mit assistiven Technologien,
  • und die Verständlichkeit von Texten.

Wer nicht liefert, riskiert Ärger: Betroffene können sich an die Landesbehörde für Marktüberwachung wenden – und wenn das nicht hilft, bleibt der gerichtliche Weg. Unternehmen sollten außerdem ihre Mitarbeitenden schulen. Das steht zwar nicht direkt im Gesetz, ist aber in der Praxis unverzichtbar, um die neuen Anforderungen umzusetzen.

Was ein Zufall, da haben wir doch gleich was: Am 13. März 2025 findet bei OMR Education ein Deep Dive zum Thema “Inklusion statt Paragrafen: Das BFSG einfach umsetzen” statt. Darin werden die rechtlichen Grundlagen mitgeteilt und praxisnahe Tipps zur Umsetzung gegeben. Bist du dabei? Hier gehts zur Anmeldung

Selbstbestimmung

Seit dem 1. November 2024 ist das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft. Es macht es Menschen leichter, ihren Namen und ihr Geschlecht offiziell zu ändern – und Arbeitgeber:innen sind in der Pflicht, entsprechend zu handeln.

Damit der Prozess für Betroffene ohne Scham und Vorurteile abläuft, sollten Unternehmen die nötigen Abläufe frühzeitig definieren. Dazu gehören: Änderungen in der Personalakte, Anpassungen von Dokumenten wie Verträgen, Zeugnissen oder anderen Unterlagen und – falls gewünscht – die Aktualisierung von geschäftlichen Adressen wie E-Mail-Adressen. Doch damit hört es nicht auf. Arbeitgeber*innen müssen auch die gesamte Belegschaft sensibilisieren, um Diskriminierung aktiv zu verhindern. Zusätzlich lohnt es sich, infrastrukturelle Anpassungen wie die Einrichtung von Unisex-Toiletten zu prüfen.

Wer hier proaktiv handelt, zeigt nicht nur Offenheit, sondern auch klare Haltung – und das zählt heute mehr denn je.

Deutschlandweit gilt Bürokratieabbau

74 Artikel hat das vierte Bürokratieentlastungsgesetz und einige davon bringen Chancen für die Digitalisierung von Prozessen – das Papier-Chaos hat ausgedient. Und welche? Hier ein kleiner Überblick:

⁠Arbeitsverträge

Ab dem 1. Januar 2025 dürfen Arbeitsverträge in reiner Textform übermittelt werden, dementsprechend bedarf die unterschriebene PDF-Variante nun keiner schriftlichen Bestätigung mehr. Das gilt ebenso für weitere Dokumente, wie zum Beispiel Arbeitszeugnisse. Ausnahmen sind befristete Arbeitsverträge und Arbeitsverträge mit erhöhten Schwarzarbeitsrisiko (benannt in §2 Absatz 1 SchwarzArbG) und für Kündigungen bleibt die Schriftform ebenfalls bestehen. Die Anpassung findet sich in § 2 des Nachweisgesetzes und im §630 bürgerliches Gesetzbuch

⁠Kurzer Exkurs zur Form gefällig? Schriftform besagt, dass ein Dokument auf Papier oder einem anderen dauerhaften Medium zur Verfügung gestellt werden muss, meistens auch mit händischer Unterschrift von einer oder zwei Parteien. Textform bezeichnet die Kommunikation, die keiner grundsätzlichen Form unterliegt. Es kann auf Papier, aber auch per E-Mail oder SMS stattfinden – dabei ist eine Unterschrift nicht notwendig. Die einzige Bedingung ist, dass es dauerhaft lesbar ist (z. B. PDF-Dokument).  ⁠

Verbesserung der eAU

Seit 2023 verpflichtend wird die digitale Krankmeldung zum Jahreswechsel 2024 / 2025 in der Darstellung und Kommunikation verbessert. Zum Beispiel bekommen Arbeitgebende eine Information, wenn spezielle Fälle nicht vollständig digital übermittelt werden können. Geregelt im §109 des Sozialgesetzbesuches IV besser nachzulesen beim GKV-Spitzenverband.

⁠Verkürzung der Aufbewahrungsfristen

Die Aufbewahrungsfrist für bestimmte Dokumente verkürzt sich um zwei Jahre – also auf 8 Jahre und das auch rückwirkend. Darunter fallen Belege sowie versandte und empfangene Rechnungen. Welche genau? Die genaue Definition ist im §257 Absatz 1 Nummer 4 des Handelsgesetzbuches, im §147 der Abgabenordnung sowie dem §14b des Umsatzsteuergesetzes. Ausnahmen bestätigen die Regel – vor allem im deutschen Gesetz: Manche Branchen sind aktuell von dieser Reglung noch ausgenommen.

eRechnung für die gesamte EU

Unternehmen müssen in der Kommunikation mit anderen Organisationen Rechnungen in strukturierten Daten (XML) bereitstellen, empfangen und bearbeiten. Das bedeutet, die Informationen müssen über Programme automatisiert ausgelesen werden können. Folgende Prinzipien sorgen dafür: 

  • Die passende Software mit dem entsprechenden Workflow existiert, 
  • die betroffenen Mitarbeitenden sind geschult, 
  • der Prozess und die Datenverarbeitung ist in die Datenschutzrichtlinien eingearbeitet 
  • und entsprechende organisatorische und technische Maßnahmen sind getroffen.

Rechnungen an Privatpersonen sind nicht betroffen, hier bleibt weiterhin bestehen, dass der* die Empfänger*in der digitalen Variante zustimmen muss. Die Änderung zur eRechnung ist im §23 des Wachstumschancengesetzes zu finden. 

Nicht neu, aber trotzdem relevant

Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sollten zwei Gesetze in dieser Aufzählung nicht vergessen werden. Künstliche Intelligenz wird immer größer und unverzichtbarer – gerade im Unternehmenskontext. Aber Vorsicht: Transparenz ist hier das A und O. Unternehmen müssen klar kommunizieren, wie KI eingesetzt wird. Ebenso wird das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in 2025 wieder mehr von sich hören lassen. 

⁠Künstliche Intelligenz ≠ Vorurteilsfrei

KI ist eine hilfreiche Entlastung im Arbeitstag, aber auch eine Risikoquelle bei einem falschen Einsatz oder fehlender Kontrolle. Die Vorgeschichte und eine ausführliche Betrachtung gibt es im Beitrag “Unseretwegen: KI diskriminiert Menschen” meines Kollegen Marvin Behrens. Um zukünftig für Chancengleichheit und Transparenz zu sorgen, hat die EU den AI-Act erlassen. Darin sind verschiedene Punkte geregelt, zum Beispiel die Information über die Nutzung von KI-Systeme, eine interne Risikobewertung, Schulungen für Beschäftigte und die menschliche und strukturierte Überwachung der Systeme. Dazu können noch weitere konkrete Maßnahmen kommen, sobald Deutschland ein nationales Durchführungsgesetz erlassen hat. 

⁠Die Sorgfaltspflicht in der Lieferkette

Auch wenn das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bereits seit 2023 in Kraft ist, bleibt es 2025 relevant. Themen wie faire Arbeitsbedingungen, Menschenrechte und nachhaltige Standards entlang der Lieferkette rücken weiter in den Fokus, und die Anforderungen an die Berichterstattung sowie interne Schulungen werden immer wichtiger. Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie die Standards nicht nur erfüllen, sondern auch in der Unternehmenskultur verankern sind – besonders mit Blick auf die erste Berichtserstattung zum 31. Dezember 2025.

Zukunftsmelodie oder lieber gleich handeln?

Noch nicht in Kraft, aber auf dem Weg: Anfang 2025 haben in der Betrachtung kommender Gesetze noch weitere Themen Aufmerksamkeit verdient. Zum Beispiel die digitale Zeiterfassung, bei der sich Deutschland sehr viel Zeit lässt – aber auch die erweitere Berichterstattung zur Transparenz und Gleichberechtigung. 

Digitale Zeiterfassung 

Ankommen, Pause und Gehen – Zeiten, die Unternehmen schon heute von ihren Arbeitnehmern dokumentieren müssen, seit das Bundesarbeitsgericht sein Urteil am 13. September 2022 gefällt hat. Doch die finale Ausgestaltung des Gesetzes ist noch nicht passiert. Dementsprechend wissen viele Unternehmen noch nicht, ob oder zu wann sie eine digitale Zeiterfassung einführen müssen. Jedoch soll es laut des aktuellen Referentenentwurfes Unternehmen ab 10 Beschäftigten betreffen. 

⁠Unternehmensberichte zu Umwelt & Diversity

Deutschland hat 2024 die Frist verschlafen, aus der Corporate Sustainability Reporting Directive nationales Recht zu machen. Trotz eingeleitetem Vertragsverletzungsverfahren der EU wurde aus dem Regierungsentwurf in 2024 kein passendes Gesetz. Hoffentlich wird das noch was zu Anfang 2025, denn die ersten Unternehmen sind schon für das Geschäftsjahr 2024 berichtspflichtig. Grundsätzlich geht es in der Richtlinie, um eine transparente Darstellung des aktuellen Unternehmensstatus zu Nachhaltigkeitsthemen wie Umweltschutz, sozialer Verantwortung und Unternehmensführung. Da die Berichtspflicht stufenweise eingeführt wird, lohnt es sich prozessseitig schon jetzt Vorbereitungen zu treffen. Zum Beispiel mit der Sammlung der genannten Daten – natürlich datenschutzkonform. Dabei beachtet werden sollte, dass die Prüfung durch Externe passieren wird.

Wie viel verdienst du eigentlich? – Transparenz in Gehaltsstrukturen

Mit dem 26. Juni 2023 hat das Europäische Parlament einen Meilenstein für Transparenz und Gleichberechtigung auf den Weg gebracht – zumindest was Gehälter angeht. Folgend sind ein paar Punkte der EU-Entgelttransparenzrichtlinie aufgeführt, die bis zum 7. Juni 2026 in deutsches Recht umgewandelt werden müssen. 

  • Arbeitssuchende müssen in der Stellenausschreibung oder vor dem ersten Gespräch über das Gehalt oder mindestens die Gehaltsspanne informiert werden. Dabei ist die Frage nach dem vorherigen Gehalt nicht mehr zulässig. 
  • Arbeitnehmende dürfen nach dem Gehaltsdurchschnitt für ähnliche Positionen im Unternehmen fragen – aufgeschlüsselt nach Geschlecht.
  • Unternehmen berichten über das unternehmensinterne Lohngefälle je nach Beschäftigtenzahl in bestimmten Jahresrhythmen. 
  • Falls es in diesen Berichten zu nicht rechtfertigbaren Geschlechtsunterschieden kommt, müssen sich Unternehmen rechtfertigen und ggf. mit Sanktionen rechnen. 
  • Opfer von geschlechtsspezifischer Gehaltsdiskriminierung sollen einen besseren Zugang zu Gerechtigkeit und Entschädigung erhalten. Zum einen durch die Umkehr der Beweislast – also das Unternehmen muss beweisen, dass es keine Diskriminierung gab. Zum anderen können Arbeitnehmervertreter*innen und Gleichstellungsbeauftragte mit einer Sammelklage für die Beschäftigten eintreten. 

Es ist eine Sammlung, dementsprechend lässt sich schwer ein Fazit ziehen. Wenn dennoch eins gewünscht ist, sollte auf die Menschen geblickt werden. Und das machen die neuen Gesetze und Gesetzesänderungen – ob Gleichberechtigung, Schutz, Transparenz oder den Abbau von Barrieren. Nicht nur durch die zentrale Steuerung eines Unternehmens sollten sich alle mit diesen Themen beschäftigten. 

Rebecca Feucht
Autor*In
Rebecca Feucht

Rebecca ist Content & Project Manager bei OMR Jobs & HR und schreibt seit 2017 für die HR-Zielgruppe. Mit ihrer Erfahrung aus der E-Learning-Branche versteht sie, wie Wissen verständlich und praxisnah vermittelt wird. Was sie selbst nie erwartet hätte: Dass ihr das Thema Compliance dabei so sehr ans Herz wachsen würde.

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