215.000 Verkäufe an einem Tag: Dieses kaum bekannte Unternehmen ist der Amazon FBA König

Martin Gardt23.1.2017

Ist der „Instant Pot“ die US-Variante des Thermomix?

Instant Pot
Instant Pot

215.000 verkaufte Schnellkochtöpfe an nur einem Tag über Amazon. Das hat die kleine kanadische Firma „Instant Pot Company“ am Prime Day im Juli 2016 geschafft. Aber der Erfolg ist kein einmaliges Phänomen, das Gerät zählt zu den meistverkauften Produkten beim E-Commerce-Riesen in den USA. Wir haben uns genau angeschaut, wieso sich der Instant Pot so gut verkauft und welche Rolle Social Media und Amazon SEO dabei spielen.

Die Geschichte erinnert ein wenig an Vorwerks Erfolgsgerät Thermomix. In einem Interview hatte uns Vertriebsvorstand Andreas Friesch erzählt, dass vor allem Word-of-Mouth für immer neue Umsatzrekorde verantwortlich ist. Ähnliches dürfte auch für das 25-Mann-Unternehmen Instant Pot Company gelten, das sich komplett auf die Herstellung und den Vertrieb eines Schnellkochtopfs spezialisiert hat. 2008 gründen Ingenieure die Firma im kanadischen Ottawa. Das Team entwickelt den Instant Pot als Universalgerät für die Zubereitung von Fleisch, Reis oder Joghurt. Seit 2010 gibt es den Schnellkocher auf dem Markt. Auch bei den US-Supermärkten Wal-Mart, Target und Kohl’s gibt es die Geräte, ein Großteil wird aber schon zu Beginn bei Amazon verkauft. 2013 übersteigen die Verkäufe vom Instant Pot auf der Plattform erstmals die klassischer Druckkochtöpfe für den Herd. 2016 gehen die Verkaufszahlen endgültig durch die Decke.

Instant Pot Produktseite

Die US-Produktseite vom Instant Pot

Word-of-Mouth über bekannte Food-Blogger

„Kochen ist ein sehr soziales Verhalten. Wenn Menschen gutes Essen kochen, erzählen sie davon – und damit auch von den Geräten, die sie benutzt haben“, sagt Robert Wang, CEO der Instant Pot Company zu NPR. Da sich eine Word-of-Mouth-Strategie derzeit am besten auf den Social-Media-Plattformen transportieren lässt, gibt Wang 200 Instant Pots an Blogger und Kochbuchautoren – und erhofft sich für die 20.000 US-Dollar, die die Geräte wert sind, dass sie mit dem Gerät kochen und passende Rezepte erstellen. Das gute an der Strategie ist, dass Blogger ein Interesse daran haben, den Instant Pot zu empfehlen. Viele von ihnen setzen auf Affiliate-Einkünfte und so landet oft ein Link zu Amazon unter den Rezept-Artikeln.

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Besonders massiv passiert das offenbar im Zeitraum rund um den Prime Day am 12. Juli 2016. An diesem Tag bietet Amazon seinen Prime-Nutzern spezielle Rabatte. Nach eigenen Angaben war es der verkaufsstärkste Tag des Jahres auf der Plattform. Viele Blogger wiesen also explizit auf das Angebot für den Instant Pot hin – der Preis lag mit knapp 70 US-Dollar 30 Prozent unter dem Normalpreis. Mit 215.000 verkauften Produkten ist der Schnellkochtopf das meistverkaufte Produkt des Tages. „Das ist alles ein Bonus. Ich würde News über den Instant Pot auch teilen, wenn ich keine Provision bekommen würde“, sagt Lizz Porter, Betreiberin vom Blog More Than Thursdays. Sie hat mit „Instant Pot Diaries“ sogar ein regelmäßiges Rezept-Format eingeführt.

Clevere Amazon-Strategie

Auch über ein halbes Jahr nach dem Prime-Day-Erfolg ist der Schnellkochtopf auf Platz 1 der meistverkauften Produkte in der Kategorie „Home & Kitchen“ auf Amazon US. „Der Artikel ist aus Amazon SEO Gesichtspunkten sehr gut optimiert, inklusive sehr gutem Content in Sachen Bildern und einer Produkttabelle im unteren Drittel“, sagt Amazon-SEO-Experte Tim Nedden vom Beratungsunternehmen Finc3 zu Online Marketing Rockstars. Die Bilder des Produkts sind wie von Amazon vorgegeben vor weißem Hintergrund und zeigen verschiedene Details des Instant Pots. In den Beschreibungen besetzt das Unternehmen Keywords wie „Pressure Cooker“, „Rice Cooker“ oder „Slow Cooker“. Hinzu kommen über 15.000 Bewertungen, was selbst für Amazon-Verhältnisse extrem viel ist. 84 Prozent der Reviews sind 5-Sterne-Bewertungen, im Durchschnitt bekommt der Instant Pot 4,7 Sterne. Wie wichtig die Community ist, zeigt sich auch an den beantworteten Fragen auf Amazon – über 1.000 wurden gestellt und beantwortet.

Beim Sales-Rank liegt der Instant Pot bei Amazon US weit oben. (Quelle: Keepa / Klick zum Vergrößern)

Das Gerät hat es außerdem auf die „College Checklist“ von Amazon US geschafft. Hier führt die Plattform 103 Produkte, die Studenten während der Uni-Zeit brauchen dürften. Solche Listen schaffen zusätzliche Aufmerksamkeit für die Produkte. „Das ist mit Sicherheit ein guter Sales-Hebel und damit platziert sich das Unternehmen in einer gut vernetzten Zielgruppe“, sagt Tim Nedden. Es kommen also junge Fans des Produkts nach, die wieder andere mit reinziehen in den Kult rund um den Instant Pot.

Über Facebook-Gruppen neue Kunden erreichen

Nach eigenen Angaben gibt die Instant Pot Company kein Geld für Werbung auf Facebook oder anderen sozialen Netzwerken aus: „Wir mussten bisher kein Marketing machen. Die Händler kommen zu uns und wir erwarten, dass wir unsere Verkaufszahlen im nächsten Jahr verdoppeln oder verdreifachen“, sagt Wang in einem Interview mit dem Ottawa Citizen. Stattdessen nutzt das Team clever die Möglichkeiten, die Facebook bietet. Wie beim Thermomix entsteht auch um den Instant Pot eine Community, die sich über das Gerät austauscht oder Rezepte teilt.

Das Unternehmen muss nur noch etwas nachhelfen und gründet im Mai 2015 die Instant Pot Community als Facebook-Gruppe. Hier findet der Austausch zwischen knapp 350.000 Mitgliedern statt. Es gibt unzählige weitere Gruppen mit teilweise 50.000 oder 100.000 Mitgliedern. Oftmals drehen sich diese um speziellere Anwendungen wie vegane, italienische oder chinesische Rezepte. Neulinge finden hier Antworten auf ihre Fragen und Langzeitnutzer immer wieder neue Inspiration – ohne, dass die Company eingreifen muss.

„Ich wurde allein von den Diskussionen in der Gruppe süchtig“, sagt Purnima Thakre, die Mitglied in der Instant Pot Community und der Gruppe rund um indisches Kochen mit dem Gerät ist. „Es ist wie ein Kult. Manche Menschen sprechen über ihre Instant Pots, als ob sie ihre Liebhaber wären und darüber, wie das Gerät ihr Leben verändert hat.“ Das erinnert vielleicht auch ein bisschen an Tupperware mit Plastik-Schüsseln, die auch Fans auf der ganzen Welt haben. In Deutschland hat das offenbar auch Benno Waldhauer erkannt. Er betreibt die Affiliate-Seite instantpot.de. Die liefert nicht viel mehr als Links zum Produkt und passendem Zubehör bei Amazon.

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Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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