Martin Ott: So will Facebooks Ex-Europa-Chef aus Taxfix ein Milliarden-Business bauen

Florian Rinke23.10.2022

Die Steuer-App zählt zu den deutschen Unicorns. Martin Ott reicht das nicht.

OMR-Gründer Philipp Westermeyer und Tatfix-CEO Martin Ott im Hamburger OMR-Studio. Foto: OMR
OMR-Gründer Philipp Westermeyer und der CEO der Steuer-App Taxfix, Martin Ott, im Hamburger OMR-Studio. Foto: OMR
Inhalt
  1. „Viele Leute haben Angst vor dem Thema Steuern“
  2. Taxfix soll zur Geldanlage-Lösung werden
  3. Die Themen des OMR Podcasts mit Martin Ott im Überblick:

Martin Ott hat für Facebook das Europa-Geschäft aufgebaut. Jetzt soll er die Berliner Steuer-App Taxfix international groß machen. Am Kapital sollte es nicht scheitern, erst im April konnte das Unicorn eine 220-Millionen-Dollar-Runde bekanntgeben. Im OMR Podcast verrät der neue CEO, was ihn am eher langweiligen Thema Steuern fasziniert – und waren Taxfix langfristig ein Konkurrent für Neobroker wie Trade Republic werden könnte.

Wenn man sich den Lebenslauf von Martin Ott anschaut, könnte man auf die Idee kommen, er habe eine Vorliebe für exzentrische Vorgesetzte: Seine Karriere beginnt der heutige CEO der Steuer-App Taxfix bei Jamba, dem Klingelton-Anbieter der in der deutschen Gründerszene berühmt-berüchtigten Samwer-Brüder. Später arbeitet er jahrelang für Mark Zuckerberg und dessen umstrittenen Facebook-Konzern, bevor er dann sogar noch einen Abstecher zu WeWork macht. Die Extravaganzen von Gründer Adam Neumann reichten am Ende sogar für eine mehrteilige Serie beim Streamingdienst Apple+, die unter dem Namen „WeCrashed“ den Aufstieg und Fall des Co-Working-Space-Betreibers nachzeichnet.

Das Gastspiel bei WeWork währte nicht lang, Martin Ott sagt lachend im OMR Podcast: „Ich kam erst, als die Party vorbei war.“ Bei der Unterschrift unter seinen Vertrag war WeWork eine milliardenschwere Börsenhoffnung, als er startete ein Sanierungsfall. Der Deutsche kümmert sich um die Restrukturierung – und zieht dann weiter. Ob der Wechsel ein Fehler war? Martin Ott sagt: „Ich glaube auch weiterhin an das Produkt und an den Markt.“ Dennoch legt er erstmal eine Auszeit ein. Und startet dann erneut in einer ganz neuen Branche. Im August 2021 wird bekannt, dass er den Chefposten beim Berliner Unicorn Taxfix übernimmt.

„Viele Leute haben Angst vor dem Thema Steuern“

Die Personalie ist ein Signal. Denn Martin Ott kennt sich mit der Internationalisierung von schnell wachsenden Unternehmen aus. Er hat sich schon um die rasante Expansion von Facebook in Europa gekümmert, als dessen größter Konkurrent in Deutschland noch StudiVZ hieß (und war in dieser Funktion schon 2018 zu Besuch im Podcast). Und nun soll er sich darum auch bei Taxfix kümmern. Gründer Mathis Büchi hat Ott dafür seinen CEO-Posten überlassen und ist in den Aufsichtsrat gewechselt, während sein Co-Gründer Lino Teutenberg weiterhin die Produktentwicklung verantwortet. Seit Ott beim 2016 gegründeten Startup übernahm, ist die Zahl der Mitarbeitenden noch einmal deutlich auf aktuell rund 500 gestiegen. Im April konnte Taxfix außerdem eine Finanzierungsrunde über 220 Millionen US-Dollar verkünden.

„Ich hätte jetzt auch nicht gedacht, dass ich mich mal so für Steuern begeistern kann“, räumt Martin Ott im Gespräch mit OMR-Gründer Philipp Westermeyer ein. Doch nachdem eine Personalberatung ihn wegen des Postens angesprochen hatte, begann er sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen – und sah schnell das Potenzial. Denn obwohl Millionen Menschen in Deutschland durch eine Steuererklärung Geld vom Staat zurückbekommen könnten, machen viele diese nicht. „Viele Leute haben Angst vor dem Thema Steuern“, sagt Martin Ott. Ihnen will Taxfix durch eine Lösung per App einen leichteren Einstieg bieten. 

Taxfix soll zur Geldanlage-Lösung werden

Fünf Millionen Mal wurde die Taxfix-App bereits heruntergeladen, verrät Ott im OMR Podcast. Der Aufbau des Geschäfts ist dabei deutlich schwieriger als bei Otts vorherigem Arbeitgeber Facebook. „Steuern sind kein simples Produkt, bei dem man sagt: Okay, das machen wir jetzt nochmal in einer anderen Sprache und gehen dann in 100 Ländern live. Es ist eher ein komplexes Produkt“, sagt Martin Ott. Trotzdem ist Taxfix inzwischen unter anderem in Frankreich, Spanien und Italien aktiv.

Die Expansion ist kostenintensiv. Allein 2020 lag der Verlust laut Bundesanzeiger bei mehr als 30 Millionen Euro – bei rund 13 Millionen Euro Umsatz. Hinzu kommt, dass es nicht nur verschiedene Steuer-Apps, sondern natürlich auch für den Desktop-PC verschiedene Steuersoftware-Angebote gibt. Doch Martin Ott setzt darauf, dass sich Taxfix letztlich gegen diese, gerade im Desktop-Bereich oft sperrigen Angebote durchsetzt. Langfristig verfolgt er sowieso eine viel größere Vision. Denn die Steuerrückerstattungen könnten die Kund*innen sich natürlich nicht nur auszahlen lassen, sondern beispielsweise auch mit zukünftigen Angeboten von Taxfix direkt wieder anlegen. Die Steuer-App würde damit zu einem direkten Konkurrenten von Neobrokern wie Trade Republic und Co. – die inzwischen mehrfache Unicorns sind. Viel Potenzial also für jemanden, der schon bei Facebook ein gutes Gespür für große Wachstumsgeschichten bewiesen hat. 

Im OMR Podcast verrät Martin Ott außerdem, wie viel Geld Taxfix-Kunden im Schnitt durch eine Steuererklärung zurückbekommen, wie er Mark Zuckerberg erlebt hat – und warum einzelne Mitarbeitende bei Taxfix ein Veto bei Neueinstellungen einlegen können.

Die Themen des OMR Podcasts mit Martin Ott im Überblick:

  • Jamba, Facebook, Wework – die steile Karriere von Martin Ott (00:03:20)
  • Steuer-App? Was Martin Otts Interesse an Taxfix geweckt hat (00:13:00)
  • Fokus auf die simplen Fälle zum Start – das ist die Go-To-Market-Strategie von Taxfix (00:24:30)
  • Wie Taxfix sein Geschäftsmodell weiterentwickeln will (00:32:30)
  • Steuer-Rückzahlung per Sofort-Erstattung (00:45:45)

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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