Wie hat dieser Twitch-Streamer das erste Messi-Interview nach dessen PSG-Wechsel bekommen?

Florian Heide17.9.2021

Dieser 26-jährige Spanier spricht mit den Fußballstars – und lässt Sportjournalisten blass aussehen

Ibai Llanos
Ibai Llanos interviewt Leo Messi exklusiv auf der Präsentation des PSG.
Inhalt
  1. Llanos als Pandemie-Gewinner
  2. Ist Twitch das neue Live-Fernsehen?
  3. Llanos kauft eigenes E-Sports-Team

Ibai Llanos hat etwas, um das ihn tausende Sportjournalisten beneiden: Exklusiven Zugang zu Profi-Fußballspielern. Im Laufe seiner kurzen Moderatoren-Karriere interviewte der 26-jährige schon Stars wie den FC-Barcelona-Neuzugang Sergio Agüero, Stürmer Paulo Dybala von Juventus Turin oder den brasilianischen Ex-Nationalspieler Ronaldinho. Über Twitch, Spotify und Youtube erreicht er damit wöchentlich ein Millionenpublikum. Wie macht er das?

Zu internationaler Bekanntheit gelangte der 26-jährigen aus Barcelona im vergangenen August, nachdem er ein Exklusiv-Interview mit Lionel Messi geführt hatte. Messi, der zu den besten Fußballspielern der Welt zählt, wechselte nach 21 Jahren beim FC Barcelona zum Fußballclub Paris Saint-Germain. Zwar dürften sich unzählige Journalist:innen um ein Interview mit dem medienscheuen Messi bemüht haben, doch statt eines erfahrenen Medienprofis lud er ausgerechnet den Twitch-Streamer Llanos auf sein Präsentationsevent ein. Das Interview selbst verlief zwar holprig. Llanos, sichtlich nervös, stellte auch nur eine einzige Frage zum Fußball: Wie attraktiv es sei, von nun an gemeinsam mit Neymar und Mbappé zu spielen. Dennoch verfolgten über 100.000 Zuschauende das Interview live. Auf Youtube erreicht es nach rund einem Monat bereits fast sechs Millionen Views.

Während Sportjournalist:innen Llanos immer wieder für seine mangelnde Professionalität kritisieren, scheint das Internet den Twitch-Star zu lieben. Die Videos seiner vor sieben Monaten gestarteten Interview-Reihe „Charlando Tranquillamente“ (zu dt. „leise plaudernd“), in denen er mit Fußballweltstars ein freundliches Pläuschchen hält, erzielen regelmäßig Millionen Views. Ebenso wie die, in denen er sich von Neymar portugiesisch beibringen lässt. Llanos Standing in der Welt der Profifußballer geht mittlerweile so weit, dass sich ein argentinischer Radiomoderator öffentlich darüber beschwerte, kein Interview mit Sergio Agüero bekommen zu haben und immer wieder fragte: „Wer ist dieser Ibai?“

Llanos als Pandemie-Gewinner

Llanos Karriere startet im Alter von 15 Jahren, als er noch in seiner Heimatstadt Bilbao im Norden Spaniens lebt. Damals filmt er sich mit seinen Freunden beim zocken von Call of Duty, einem bekannten Ego-Shooter. Später nimmt er einen Job als Sprecher der spanischen E-Sports-Liga Videojuegos Profesional (L.V.P.) an und baut sich dadurch ein erstes Netzwerk aus Veranstaltern, Marken und Sportlern auf.

Kurz vor der Pandemie wechselt Llanos die Seiten, produziert zunächst Content rund um das E-Sports-Team G2 Esports, widmet sich aber bald dem Aufbau seines eigenen Twitch-Accounts. Mit Erfolg: 7,8 Millionen Follower zählt der heute. Damit ist Llanos einer der zehn reichweitenstärksten Streamer der Plattform. Auf Instagram folgen ihm weitere 5,5 Millionen Menschen und auf Youtube zusätzliche sieben Millionen.

Ist Twitch das neue Live-Fernsehen?

Aber was hat Llanos, was andere nicht haben? Weshalb bevorzugen es Fußballer, mit einem Twitch-Streamer gemeinsam Fortnite zu zocken und zu plaudern, statt Journalist:innen professionell geführte Interviews zu geben? „Vielleicht bin ich die Art von Mensch, die sie mögen“, sagt Llanos gegenüber der New York Times. Er würde ungezwungen mit ihnen sprechen, nicht ins Privatleben eindringen wollen. „Sie kommen, weil es ihnen Spaß macht“, sagt er weiter. Und dass die Spieler für die Auftritte nicht bezahlt würden.

Hinzu kommt, dass Twitch während der Pandemie einen massiven Rückenwind erlebt hat. Waren es im Jahr vor der Pandemie noch knapp über eine Million gleichzeitige Zuschauer:innen im Durchschnitt, hat sich die Zahl zwischenzeitlich verdreifacht. Allein 2020 verbrachten die Nutzenden über 18 Milliarden Stunden auf Twitch. Das verändert die Plattform. „Twitch wird zu einem Fernsehsender“, sagt Julian Aquilina, ein Medienexperte der Analyseplattform Enders Analysis, gegenüber der New York Times.

Llanos kauft eigenes E-Sports-Team

Twitchs Mutterkonzern Amazon versucht schon eine Weile, sich als Live-Sendeplattform zu positionieren. Und scheint allmählich damit erolgreich zu sein, zumindest, wenn man sich die Streamingzahlen von Llanos ansieht. Laut Analysetool Social Blade hat Llanos allein im vergangenen August fast 230 Millionen Views mit seinen Streams generiert. Seine Interview-Streams erreichen bis zu einer halbe Million Zuschauer gleichzeitig. Zum Vergleich: Das Bundesliga-Topspiel im Mai 2021 zwischen dem FC Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach erreichte beim Bezahlsender Sky 1,07 Millionen Zuschauer:innen. Llanos’ Reichweite ist also durchaus ernstzunehmen.

Sullygnome Ibai

Im August generierte Ibai auf Twitch fast 230 Millionen Views. Quelle: Sullygnome

Der Streamer selbst dürfte Twitchs großen Broadcast-Plan nur bedingt interessieren. Er selbst scheint mit seinen Streaming-Plänen noch nicht am Ziel angelangt zu sein. Gerade hat er sich gemeinsam mit dem spanischen Nationalspieler Gerard Piqué für 300.000 Dollar ein eigenes E-Sports-Team gekauft. Sein Traum sei es, so sagt er dem spanischen E-Game-Magazin Dotesports, dass sich die Zuschauerzahlen verdoppeln, wenn sein Team spielt. Sollte er weiterhin so reichweitenstarke Interview-Partner an Land ziehen (Messi hat 265 Millionen Follower auf Instagram), sollte das durchaus umsetzbar sein.

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Florian Heide
Autor*In
Florian Heide

Florian arbeitet seit fast zehn Jahren als Print-Journalist. Angefangen beim Lokalblatt, später als Praktikant und Freelancer für DIE ZEIT und GEO. Seit 2020 ist er Redakteur bei OMR, wo er über Startups, Viraltrends, den Wandel von Social Media Plattformen und neue Technologien berichtet. Er hat nie Bargeld dabei und verbringt die Wochenenden am liebsten weit weg von Technologie in der Natur.

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