Dieser Marketing-Guru hat Nikes Jordan Brand aufgebaut – und er kommt zum OMR Festival!

Erin O. Patton war der ursprüngliche Architekt der Marke

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Erin Patton
Inhalt
  1. Virales Marketing, bevor es den Begriff überhaupt gab
  2. Der Frisör als Influencer
  3. Vorbild für Supreme
  4. Der Schritt zur eigenen Marke
  5. Von Kopf bis Fuß in Jordan
  6. Jahresumsatz von einer Milliarde US-Dollar
  7. Leben von den guten alten Zeiten

Die Jordan Brand (ehemals Air Jordan) hat unter dem Dach von Nike über Jahrzehnte hinweg weltweit Sport, Popkultur und Lifestyle mit geprägt, Jordan Sneakers sind begehrtes Objekt der Leidenschaft von Sneakerheads und Thema zahlreicher Hip Hop Tracks. Das ist auch das Ergebnis eines Maßstäbe setzenden Marketings, das häufig seiner Zeit voraus war. Nun kommt der Kopf hinter der Jordan Brand zum OMR Festival.

Es war ein absoluter Glücksgriff von Nike: Bereits 1984, im allerersten Jahr von Michael Jordans NBA-Karriere, verpflichtet der Sportausrüster den „Rookie“ der Chicago Bulls als Namensgeber für einen Turnschuh. 1985 kommt der erste „Air Jordan“ auf den Markt. Das Sneaker-Modell entwickelt sich zu einem immensen Erfolg – in einem nahezu ähnlichen Tempo und Ausmaß wie Jordans Sportler-Karriere. In heute legendären TV Spots rätselt der afroamerikanischen Regisseur Spike Lee als Kunstfigur „Mars Blackmon“ über die Gründe für Michael Jordans Erfolg als Basketballer – „it’s gotta be the shoes!“

Virales Marketing, bevor es den Begriff überhaupt gab

Zehn Jahre nach dem ersten Air Jordans Modell wird Erin Patton 1995 Leiter der Public-Relations-Abteilung bei Nike. Der junge Pittsburgher war zuvor bei zwei Werbeagenturen angestellt und hat dort u.a. gelernt, wie er Popkultur (und zwar vor allem Hip Hop) und Werbung zusammenbringt. Als US-PR-Chef von Nike ist er künftig dafür verantwortlich, Aufmerksamkeit für neue Produkte zu generieren. Patton weiß, welche Multiplikatoren für ihn wichtig sind. Fortan spielt er den richtigen Leuten Bilder von den neuesten Turnschuhen zu und lädt Journalisten hinter die Kulissen von Werbeaufnahmen ein.

Mit einigen Methoden wirkt Patton rückblickend seiner Zeit voraus. Lange vor der Entstehung von Begriffen wie viralem und Influencer Marketing setzt auf etwas, was er „Product Seeding“ nennt: „Ich stellte sicher, dass alle Sportler die neuen Jordan Schuhe trugen. Dann fingen wir an, die Produkte an Hip-Hop-Künstler wie NAS, A Tribe Called Quest, KRS One und andere zu verschicken“, so Patton in einem Interview. Auch andere Künstler und Prominente versorgt er mit Nike-Artikeln, wenn die in Film, Fernsehen oder Musikvideos auftreten.

Der Frisör als Influencer

„Dann bin ich einen Schritt weitergegangen: Ich habe mir angeschaut, wer den größten Einfluß im Jugendsegment hat. Das waren die Frisöre!“ In der afro-amerikanischen Kultur sind „Barbershops“ nicht nur Frisörsalons, sondern auch sozialer Treffpunkt. „Die waren das Epizentrum der urbanen Kultur, und hatten nicht nur Einfluss auf die jungen Kids, sondern auch auf die älteren, die am Wochenende noch Basketball spielten und eine Nähe zur Marke von Nike hatten.“

Patton schickt also zunächst in Los Angeles, dann auch in anderen Großstädten wie Chicago und New York seine Produkte an Frisöre und Barbershop-Betreiber – manchmal Monate vor einer Markteinführung. Die Ladenbetreiber informieren ihre Kunden dann frühzeitig über die neuesten Trends. „Man muss nicht viel Geld für einen TV Spot ausgeben, wenn man solche Sachen macht. Das hält Marke authentisch und viral“, so Patton. „Wir haben sehr stark darauf geachtet, dass wir das Produkt an die richtigen Leute bringen, die andere damit ansteckten“, so Patton in einem weiteren Interview.

Vorbild für Supreme

Eine weitere Innovation Pattons ist es, die Markteinführung eines neuen Produktes zum Event zu erheben. Er veranstaltet „Sneaker Launch Parties“ für neue Schuhe. „Ich habe gesagt: Lasst uns das neue Modell so feiern, wie ein Künstler seine neue CD feiert. Also haben wir uns mit dem Hip-Hop-Magazin Vibe in Verbindung gesetzt und einen Event durchgeführt.“

Pattons Ideen tragen maßgeblich dazu bei, dass sich „Jordans“ in der jugendlichen Gruppe im Verlauf der Jahre immer mehr zu Statussymbolen entwickeln. Wenn das neueste Modelle in die Läden kommt, geraten die Käufer nicht selten untereinander in Schlägereien, weil die Nachfrage deutlich größer als das Angebot ist und die Sneaker sehr schnell ausverkauft sind. Die Markteinführungsstrategie der Jordan Brand gilt noch heute als Vorbild für die Drops von Streetwear-Marken wie Supreme.

Der Schritt zur eigenen Marke

1997 überlegen Michael Jordan und Nike im Hinblick auf ein mögliches Karriereende des Sportlers, welche Zukunft Air Jordans langfristig haben. Die Partner fassen den Entschluss, aus Air Jordan eine eigene Marke unter dem Dach von Nike bauen. Damit wollen beide Seiten sich u.a. die Möglichkeit eröffnen, andere Sportler als Markenbotschafter für ihre Produkte zu gewinnen, deren Karrieren die von Jordan selbst überdauern. Zudem können sie ihre mögliche Zielgruppe um Frauen erweitern.

Als „Architekt“ der neuen Marke wählt Jordan höchstpersönlich Erin Patton aus. Als Director of Product & Marketing der Jordan Brand muss er anfangs bei Nike viele interne WIderstände überwinden, Allianzen schmieden und um Budgets buhlen.

Erin Patton (links) mit Michael Jordan in den 90ern

Von Kopf bis Fuß in Jordan

Zu den ersten anderen Sportlern, für die die Jordan Brand eigene Schuhe herstellt, gehören die Basketballer Eddie Jones und Vin Baker. Über die Jahre kommen beispielsweise Ray Allen und Carmelo Anthony hinzu. Aber auch in anderen Sportarten wird die Jordan Brand aktiv und steigt in der US-Football-Liga, der Baseball-Liga und im NASCAR-Rennsport ins Sponsoring ein. Seit 2018 sponsert Jordan mit Paris St. Germain erstmals ein Fußball-Team.

Doch nicht nur die Öffnung für weitere Markenbotschafter steht hinter der Auskopplung zur eigenen Marke, sondern auch die Chance zur Erweiterung des Produktportfolios in Richtung Bekleidung. „Mir war klar, dass Jordans ein ikonisches Produkt waren, dass nicht nur für sportliche Leistung, sondern auch für Lifestyle stand. Der Schuhe hatte immer einen Premium-Aspekt“, so Patton. „Der Gedanke war also eine Brücke von Performance zu Lifestyle zu schlagen, und Bekleidung war ein Schlüssel in dieser Gleichung.“  Heute kann sich Lifestyle-affine Zielgruppe wenn sie möchte von Kopf bis Fuß in Jordan einkleiden; es gibt Mützen, Hosen, Pullover und Socken mit dem ikonischen „Jumpman“-Logo.

Jahresumsatz von einer Milliarde US-Dollar

Gleich in den ersten zwei Jahren des Bestehens der Marke mehr als 350 Millionen US-Dollar Umsatz erwirtschaftet haben. Später setzt Nike mit der Jordan Brand doppel so viel um wie mit der eigentlichen Basketballsparte des Unternehmens. Über lange Jahre hinweg soll der jährliche Umsatz der Jordan Brand den Betrag von einer Milliarde US-Dollar überstiegen haben.

Erin Patton verlässt Nike im Jahr 2000 nach fünf Jahren. Kurz arbeitet er für eine Agentur, dann gründet er ein eigenes Unternehmen, mit dem er Firmen wie Pepsi, Mercedes-Benz, Adidas und MTV berät. 2006 bringt er gemeinsam mit Stephon Marbury, dem damaligen Point Guard der New York Knicks, die preisgünstige Sneaker-Marke Starbury auf den Markt. 2007 bringt er ein Buch über den Einfluss von Hip Hop auf Marken, Sport und Popkultur heraus. Heute arbeitet Patton an mehreren Projekten im Bereich Sportvermarktung, zuletzt im Wearable-Tech-Bereich.

Leben von den guten alten Zeiten

Die Jordan Brand hat in den vergangenen zwei bis drei Jahren eher mit rückläufigen Zahlen von sich Reden gemacht. Eine Vervielfachung der Releases habe dazu geführt, dass die Schuhe anders als vor einigen Jahren nicht mehr immer ausverkauft worden seien – was dem Marken-Image geschadet habe. Noch dazu seien Basketball-Schuhe aktuell eher aus der Mode. Die größten Erfolge feiert die Marke Medienberichten zufolge noch mit neuaufgelegten Vintage-Modellen. Immerhin: Mit LeBron James hat Nike den aktuellen Basketball-Superstar ebenfalls unter Vertrag – und dessen Schuhe ist auch der sich am besten verkaufende im Segment.

Ihr wollt hören, mit welchen anderen Tricks Erin Patton die Jordan Brand groß gemacht hat, was er Brandbuildern heute raten würde und wie er auf die heutige Sport- und Lifestylebranche blickt? Dann kommt zum OMR Festival am 7. und 8. Mai – dort wird Erin Patton erstmals in Deutschland auf einer Bühne zu sehen und hören sein. Hier gibt es Tickets!

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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