Was machen Adtech-Player wie AppNexus, Rubicon Project, Rocket Fuel & Co. heute?
Mitte der 2010er Jahre waren Adtech-Firmen Milliarden wert. Was hat die Dominanz von GAFA mit ihnen gemacht?
- AppNexus: Vom Hoffnungsträger zur Microsoft-Tochter
- Rubicon Project: Neuer Name, altes Business
- Criteo: Retail Media wichtiger als Retargeting?
- The Trade Desk: Das große Erfolgsbeispiel
- Marin Software: Nur noch Mittelständler
- Rocket Fuel: Erst verkauft, dann pleite, heute Zombie
In der frühen OMR-Phase zwischen 2014 und 2016 waren die großen Adtech-Unternehmen der Zeit tägliches Story-Brot für die Redaktion. Wir hatten sogar ein Aktienportfolio aus Firmen wie AppNexus, Rubicon Project, Marin Software, The Trade Desk, Rocket Fuel, Criteo und weiteren. Doch vor allem die Dominanz von GAFA hat Adtech-Playern seitdem schwer zu schaffen gemacht. Viel hört man nicht mehr von ihnen. Deshalb wollen wir heute zeigen, wie es AppNexus & Co. heute geht. Kleiner Spoiler: Nicht alle Unternehmen heißen noch so wie damals.
Als OMR noch Aktionär von großen Adtech-Unternehmen war, konnten wir an unserem Portfolio immer gut erkennen, wie es der Branche ergeht. Das reichte dann von Erfolgsmeldungen Ende 2014 bis zum legendären Artikel „F**k! 15.000 Euro in weniger als einer Woche verbrannt – Unser Adtech-Portfolio bricht ein“. Irgendwann haben wir es dann aufgegeben, auf steigende Aktienkurse in der Adtech-Welt zu hoffen. Genau in dieser Phase wurde die Marktmacht von Google und Facebook immer stärker. Daher die Frage: Welche Adtech-Player haben eigentlich überlebt? Und gibt es nicht doch noch Erfolgsgeschichten in der Branche?
AppNexus: Vom Hoffnungsträger zur Microsoft-Tochter
2018 erklärte AppNexus-CEO Brian O’Kelley auf der Conference Stage des OMR Festivals noch die Adtech-Welt. Wenig später ging das Unternehmen für kolportierte 1,6 Milliarden US-Dollar an den US-Mobilfunkriesen AT&T. Gleichzeitig wurde AppNexus in Xandr umbenannt – die bereits bestehende Tech-Abteilung des neuen Besitzers. Damals wollte AT&T mehr sein als Infrastruktur-Anbieter, am liebsten das nächste Google. Daraus wurde bekanntlich nichts. „AppNexus sollte das erste Juwel in einer Krone sein, auf den weitere Player folgen. Aber sie haben zu viel bezahlt, an Zugkraft im Markt verloren und es verpasst, interne Unterstützung zu finden. Eigentlich ging es nur bergab“, sagt Doug Knopper, Co-Gründer und ehemaliger CEO von FreeWheel gegenüber Digiday.
Vor wenigen Tagen hat AT&T deshalb das komplette Business abgestoßen. Xandr geht für eine Milliarde US-Dollar an Microsoft. Vorher hatte der Konzern ein Jahr lang nach einem Käufer gesucht. Jetzt wird sich zeigen, ob Microsoft mit dem Programmatic-Player etwas anfangen und Werbetechnologie-Produkte bauen kann, die sich vom Wettbewerb abheben.
Rubicon Project: Neuer Name, altes Business
Eine weitere Ad-Exchange Plattform, die Mitte der 2010er Jahre ein kleiner Adtech-Star war, ist Rubicon Project. Das Unternehmen ging 2014 sehr erfolgreich an die Börse, machte in dem Jahr 125 Millionen US-Dollar Umsatz und konnte den 2016 auf 278 Millionen steigern. Das Problem: Danach ging es ordentlich bergab. 2019 lag der Umsatz bei 156 Millionen Dollar. Durch Corona geht es aktuell aber wieder aufwärts. 2021 explodierte der Umsatz auf 468 Millionen Dollar. Das Wachstum hängt auch damit zusammen, dass Rubicon Project 2020 mit der Video-Ad-Plattform Telaria zur neuen Marke Magnite fusioniert ist. Die schafft es derzeit offenbar ganz gut, sich als Alternative zu den Walled Gardens Google und Facebook am Markt zu platzieren. Nach kurzem Aufwind an der Börse mit einem Kurs von über 50 US-Dollar Anfang 2021 liegt die Aktie jetzt trotzdem wieder nur noch bei knapp über 8,50 Dollar.
Criteo: Retail Media wichtiger als Retargeting?
Der große europäische Champion der Adtech-Hochphase ist eindeutig Criteo. Als wir 2014 bis 2016 noch Aktien des Unternehmens halten, ist es vor allem für sein Retargeting-Produkt bekannt – zeigt Nutzenden also Eure Werbeanzeige, nachdem diese Eure Webseite besucht haben, an verschiedenen Stellen im Netz. Mit dem Geschäftsmodell erreicht Criteo in der Zeit einen Umsatz von über einer Milliarde US-Dollar. Doch der sich anbahnende Tod des Third-Party-Cookies gefährdet das Retargeting-Modell. Criteo reagiert frühzeitig und konzentriert sich heute verstärkt auf Retail Media, bietet Shop-Betreiber:innen also die technische Infrastruktur, um Werbeinventare im Online-Shop anbieten zu können. Die Strategie scheint aufzugehen. 2021 lag der Umsatz bei über 2,2 Milliarden US-Dollar.
The Trade Desk: Das große Erfolgsbeispiel
Eine ähnliche Story – zumindest was Umsatzerfolge angeht – lässt sich über The Trade Desk erzählen. Das Unternehmen betreibt eine der größten unabhängigen Demand-Side Platform (DSP) und ist damit für viele Unternehmen die erste Alternative zur Google Marketing Platform (früher DoubleClick) und Facebook Ads. Gleichzeitig gilt The Trade Desk als das unabhängige Unternehmen, das mit seiner Technologie den Tod des Third-Party-Cookies abfedern kann. Das zeigt sich auch an der Steigerung des Umsatzes. Der verdoppelte sich von 660 Millionen US-Dollar 2019 auf knapp 1,2 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr. Gründer und CEO Jeff Green hatte 2019 auf der OMR Conference Bühne übrigens schon über seine Vision gesprochen.
Marin Software: Nur noch Mittelständler
Dagegen scheinen die großen Zeiten von Marin Software vorbei zu sein. Das Unternehmen fristet ein ruhiges Dasein als Plattform für Kampagnenplanung. Seit 2016 sinken die Umsätze kontinuierlich von über 100 Millionen Dollar 2015 und 2016 auf nur noch 24 Millionen Dollar 2021. Entsprechend ist auch der Aktienkurs eingebrochen. Zur besten Zeit war eine Aktie über 600 Euro wert, seit 2018 dümpelt der Wert meist bei unter zwei Euro herum. Aus einem großen Adtech-Player ist jetzt also eher ein Mittelständler mit 150 Mitarbeitenden geworden.
Rocket Fuel: Erst verkauft, dann pleite, heute Zombie
Die wohl verrückteste Zeit unter den Adtech-Playern hatte aber wohl Rocket Fuel. Das Unternehmen war kurz nach dem Börsengang 2013 mal knapp eine Milliarde US-Dollar wert. Danach geht es aber nur noch abwärts. 2017 kauft die Werbetechnologie-Holding Sizmek die Firma für 125,5 Millionen Dollar. Damals ist das noch eine riesige Meldung. Der deutsche CEO von Sizmek Mark Grether plant zu der Zeit mit über einer Milliarde von Vector Capital im Rücken, das Adtech-Duopol Google und Facebook anzugreifen. Daraus wird aber nichts. Bereits 2019 meldet Sizmek Insolvenz an. Zu der Zeit ist die Marke Rocket Fuel schon begraben. Heute lebt sie nur noch als leblose Hülle, ein Zombie sozusagen. Denn als Rocket Fuel tritt heute eine Firma auf, die in die Krypto-Branche investiert und Beratung in dem Bereich anbietet.