Dual-Use-Drohnen: Mit „fliegenden iPhones“ zum Multimillionen-Business

Quantum-Systems-Gründer Florian Seibel und VC Uwe Horstmann von Project A im OMR Podcast

OMR 601 Seibel Horstmann
Florian Seibel und Uwe Horstmann bei der OMR Podcast-Aufnahme mit Philipp Westermeyer (v.r.)

Peter Thiel als Investor, Multimillionen-Bewertung, über 100 Prozent Wachstum, auf Jahre ausverkauft, 50 Prozent Marge. Die Rahmendaten, die Florian Seibel im OMR Podcast nennt, dürften so manche Gründer*innen neidisch machen. Quantum-Systems erzielt diese Werte mit dem Verkauf von Drohnen. Solchen, die nicht nur, aktuell aber vor allem an militärische Abnehmer verkauft werden. Im OMR Podcast sprechen Gründer Florian Seibel und Quantum-Systems-Investor Uwe Horstmann über den deutschen Hightech-Hidden-Champion, die ethischen Abwägungen eines Dual-Use-Drohnen-Startups und Unternehmertum aus patriotischem Antrieb.

Hinter Dual Use verbirgt sich ein wortwörtlich zweischneidiges Thema. Denn zum einem bringt die Entwicklung von Drohnen, die sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt werden, beiden Seiten Vorteile: dem Militär einfach zu steuernde, schnell verfügbare und vergleichsweise preiswerte Aufklärungsdrohnen. Und zivilen Kund*innen Luftfahrzeuge, die extrem leistungsfähig, zuverlässig und robust sind.

Kein Glücksspiel, Drogen oder Waffen

Dual-Use heißt jedoch zugleich, dass Konflikte und Kriege Teil des Geschäftsmodells sind. Aktuell ist die Ukraine Hauptabsatzmarkt und größte Umsatzquelle für Quantum-Systems. Dessen Drohnen werden dort zur Feindaufklärung eingesetzt, also zur Vorbereitung von Angriffen auf Stellungen des Gegners. „Für uns ist natürlich immer wichtig gewesen, das ist kein Waffensystem“, sagt Uwe Horstmann, Partner des Berliner Wagniskapitalgebers Project A, der bei dem bayerischen Drohnen-Startup investiert ist.  

Diese Differenzierung markiert für den Investor eine rote Linie – zu der branchenüblich auch die Themen Glücksspiel und illegale Drogen gehören. Sie bedeutet aber nicht, dass Horstmann verschleiern will, wofür die Drohnen von Quantum-Systems eingesetzt werden. Vielmehr versteht der Bundeswehr-Reservist das Startup als einen wichtigen Akteur, um Europa unabhängiger vor allem von asiastischen Anbietern zu machen.

Den Luxus einer freien Gesellschaft verteidigen

Dual-Use-Unternehmen würden letztlich einen Beitrag zur Absicherung der freiheitlichen Demokratie leisten, betont auch Quantum-Systems-Chef Seibel. Eine Sichtweise, die auch dem Militär eher skeptisch gegenüberstehende Menschen seit dem russischen Angriff auf die Ukraine und angesichts eines schwelenden Konflikts um Taiwans Unabhängigkeit zunehmend teilen dürften.

Im Podcast fordert Horstmann eine offene Diskussion: „Für mich ist völlig okay, wenn jemand sagt, ich möchte mit dem Militär als solches nichts zu tun haben“, sagt er. Es sei jedoch „ein bisschen intellektuell faul“, zu sagen, man wolle sich nicht mit der Frage befassen, ob der Luxus des Lebens in einer freien Gesellschaft letztlich nicht auch mit militärischen Mitteln verteidigt werden müsse. 

Börsengang ist eine Option

Am Ende investiert ein Wagniskapitalgeber wie Horstmann in Quantum-Systems natürlich nicht allein aus ethischen oder geopolitischen Erwägungen. Er kalkuliert, dass sich der Wert des von Project A gehaltenen Anteils „deutlich mehr“ als verzehnfachen könnte. Die Nachfrage nach den pro Stück 200.000 Euro teuren Aufkärungsdrohnen ist hoch, die Orderbücher sind voll. Ein Wachstum aus dem Cashflow heraus wäre möglich, so Seibel im OMR Podcast. Dennoch plane Quantum-Systems im Jahr 2023 eine weitere „substanzielle“ Funding-Runde.Das Ziel: die erreichte Marktführerschaft im Segment auszubauen. Ein späterer IPO sei ebenfalls eine Option.

Mit Quantum-Systems oder Anduril, einem expliziten Defense-Drohnen-Startup, hinter dem Oculus-Gründer Palmer Luckey steht, entstehen aktuell viele ambitionierte Newcomer. Während die klassische Rüstungsindustrie in den vergangenen Jahren durch Zusammenschlüsse zu immer größeren Konzernen angeschwollenen ist, entwickeln, produzieren und implementieren diese ihre Produkte schneller und preiswerter. Durch den Dual-Use-Background seien Startup-Produkte oft auch deutlich unkomplizierter im Handling, so Florian Seibel. 

Fliegen in Stunden statt Monaten

„Ich habe meinen Ingenieuren immer gesagt: Wir brauchen das fliegende iPhone“, so Seibel. Die Drohnen müssten schließlich von Menschen beherrschbar sein, deren Job in erster Linie die Analyse von Geodaten ist. Und davon profitierten auch die Soldat*innen. Die Bundeswehr bilde Drohnenpiloten mehrere Wochen oder gar monatelang aus, so Seibel. Die Systeme von Quantum-Systems seien dagegen so intuitiv zu bedienen, dass jede*r sie innerhalb weniger Stunden beherrsche.

Wie Peter Thiel zum Investor von Quantum-Systems wurde, warum das von diesem mitgegründete Analytics-Unternehmen Palantir bald eine wichtige Rolle für das Startup spielen könnte und welche Bedeutung künstliche Intelligenz für die Drohnen aus Gilching bei München hat, darum geht es in der neuen Episode des OMR Podcasts mit Florian Seibel und Uwe Horstmann.

Die Themen im Podcasts mit Uwe Horstmann und Florian Seibel:

  • (00:03:43) Uwe Horstmanns Interesse an Dual-Use-Startups
  • (00:07:19) Florian Seibels Weg von Bundeswehr zum Startup
  • (00:09:21) Gründung des Drohnen-Startups Quantum-Systems
  • (00:12:11) Wie Horstmann und Seibel zusammengetroffen sind
  • (00:13:58) Investments in Militärtechnik aus VC-Perspektive
  • (00:16:12) aktueller Umsatz von Quantum-Systems
  • (00:17:36) Funktionsweise der Drohnen, Einsatzzwecke und Produktion
  • (00:22:38) Erwartungen von Project A an das Investment
  • (00:26:23) Software und Supply Chain als Differenzierung
  • (00:31:41) Umsatzanteile zivile und militärische Kunden
  • (00:32:45) Seibels Rolle als Produkt-Guy von Quantum-Systems
  • (00:34:07) Palmer Luckey und sein Defence-Startup Anduril
  • (00:37:55) Dynamik bei der Entwicklung neuer Technologie
  • (00:42:44) die anstehende Finanzierungsrunde
  • (00:46:00) das Verhältnis der Industrie zu China
  • (00:49:06) der Quantum-Systems-Investor Peter Thiel
  • (00:51:56) Perspektive eines Börsengangs
  • (00:53:04) ein US-Konkurrent von Quantum-Systems
  • (00:55:31) Seibel über den Krieg in der Ukraine
  • (00:57:05) Seibels Meinung zu Flugtaxis
  • (00:59:32) fehlende Sprunginnovation im Tech-Sektor
  • (01:06:24) Beseitigung der Mängel bei der Bundeswehr

Alle Infos zu ausgewählten Werbepartnern findet Ihr hier.

DrohneDual-UserKIMilitärStartupsTechnologieVenture Capital
Christian Cohrs
Autor*In
Christian Cohrs

Editor & Content Strategist bei OMR und Host des FUTURE MOVES-Podcasts. Zuvor war er Redaktionsleiter des Wirtschaftsmagazins Business Punk in Berlin, Co-Autor des Sachbuchs "Generation Selfie".

Alle Artikel von Christian Cohrs

Ähnliche Artikel

Kostenlose Online-Seminare

Bjoern Sjut

Digital Marketing Analytics für Beginner: So baust du ein Dashboard

30.4.2024 11:00 - 12:00 Uhr
Sarah Böning

Bauchgefühl trifft Struktur: 5 Tipps für eine valide Personalauswahl

28.5.2024 10:00 - 11:00 Uhr
Aktuelle Stories und die wichtigsten News für Marketeers direkt in dein Postfach!
Zeig mir ein Beispiel