"heynanny": Die Lösung für Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Julia Kahle und Anna Schneider haben eines gemeinsam – sie finden beide, dass es mehr Angebote für einfache und flexible Kinderbetreuung geben muss. Deswegen haben sie “heynanny” gegründet.
Für viele Elternteile ist es mittlerweile zur Normalität geworden: Die Kita hat für den Tag geschlossen und die Ganztagsbetreuung fällt auf sie zurück. Dabei ist der Arbeitstag schon voll mit Terminen und To-Dos – wie soll da noch das eigene Kind unterkommen? Um diese Betreuungslücken zu schließen und Eltern den Arbeitstag zu erleichtern, haben Julia Kahle und Anna Schneider “heynanny” gegründet. Ein Online-Portal, das Eltern die Care-Arbeit erleichtert.
Die Idee zur Gründung von “heynanny” kam von Anna Schneider, die jahrelang neben ihrem Job als HR Director in der Hotelerie als Babysitterin in unterschiedlichen Ländern aktiv war. Im Female Leadership Netzwerk PANDA suchte sie dann nach einer Mitgründerin. Als die studierte Pädagogin Julia gerade ihren Job gekündigt hat, stieß sie auf Annas Gesuch. “Während der Corona-Zeit hatte ich plötzlich zwei unbetreute Schulkinder zu Hause, war trotz Remote-Arbeit nicht in der Lage, den beiden gerecht zu werden und gleichzeitig meine Arbeit vollumfänglich auszuführen.” Nach fast 15 Jahren verließ sie die HR-Abteilung der Deutschen Bahn Schenker.
Annas Konzept überzeugt
Von dem Konzept war Julia sofort überzeugt – und auch die Chemie stimmte zwischen ihr und Anna. Also gründeten sie im August 2021 das Start-up “heynanny”. Das Angebot kann nur wahrgenommen werden, wenn es das Unternehmen als Benefit bereitstellt.
Somit ist es für Unternehmen möglich, einen entscheidenden Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu leisten. Neben Nannys zur Kinderbetreuung können ebenfalls Personen zur Seniorenbegleitung und Pfleger*innen gebucht werden. In einem Interview mit der ZVW betont Co-Gründerin Julia Kahle, dass es das Ziel von “heynanny” ist, alle Lebensphasen leichter zu händeln. Auch zwei dortig beschäftigte Kinderbetreuerinnen kommen hier zu Wort. So berichtet eine der beiden, wie sie durch ihre Tätigkeit mit dem Problem der Betreuungslücken für arbeitende Eltern konfrontiert wird. Sie hilft vor allem Müttern, die dadurch ihrem Job nachgehen können. Dass vor allem Frauen für die Betreuung der Kinder zuständig sind und häufiger Teilzeitstellen übernehmen, stimmt auch mit den Daten der Eurostat überein. Auch wenn etwa drei Viertel der Mütter in Deutschland arbeiten, befinden sich davon etwa die Hälfte in einer Teilzeitbeschäftigung. Vor allem Frauen stecken also nachweislich als Elternteil zurück und stellen ihre Karriere hinten an. Unternehmen können mit “heynanny” Mütter und jene, die es werden wollen, dabei unterstützen, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen.
Herausforderung geschlossene Kita
In vielen deutschen Haushalten stehen Eltern vor einem großen Problem: Laut Berechnungen der Bertelsmann Stiftung fehlen hierzulande etwa 430.000 Kitaplätze. Seit 2013 haben Eltern für ihre Kinder unter drei Jahren einen Rechtsanspruch auf eine Betreuung, doch auch hier fehlen für etwa 100.000 Kinder die nötigen Mittel. Ein Klassiker ist der Ausfall der Kita oder des Kindergartens. Eine Studie vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) zeigt, dass über die Hälfte der befragten Eltern im Frühjahr 2023 eine Schließung der Kita oder Tagespflege aufgrund des Personalmangels erlebt haben. Davon gab ein Drittel an, die Arbeitszeit entsprechend reduziert zu haben. Diese Lücken kosten Unternehmen jährlich Millionen, sowohl in Bezug auf das dadurch ausfallende Personal als auch auf Produktivitätsverluste, erzählt Julia. Denn wie produktiv und vollumfänglich können Eltern ihre Arbeit noch ausführen, wenn das eigene Kind krank im Nebenzimmer liegt?
"Wir wollen hier ganz bewusst, dass sich Unternehmen beteiligen."
Doch nicht nur, dass es überhaupt zu wenig Kitaplätze gibt – es kommt auch darauf an, wie hoch das Einkommen ist. Denn Kinder aus ärmeren Familienverhältnissen haben häufig noch schlechtere Chancen einen Kitaplatz zu erhalten. Das zeigt eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB). Im Jahr 2020 bekam nur jedes vierte Kind aus prekären Verhältnissen einen Platz, in der Mittel- und Oberschicht ist es jedes zweite. Mögliche Zuschüsse des eigenen Unternehmens in Form der Mitarbeitenden-Benefits sollen dieses Problem lösen. Zu der Frage, warum sie ihren Service nur Unternehmen anbieten, betont die Co-Gründerin, dass ihr Angebot nicht nur einer Einkommensschicht zur Verfügung stehen soll. “Wir wollen hier ganz bewusst, dass sich Unternehmen beteiligen.”
Geprüfte Fachkräfte helfen
Der Nanny-Service kann von Eltern online gebucht werden. Alle auf der Plattform angemeldeten Kinderbetreuer*innen werden zudem sorgfältig geprüft, bevor diese zugelassen werden: ID-Check, Referenzen und die Abfrage des erweiterten Führungszeugnisses. Die Idee der Gründerinnen ist, sich ein eigenes Support-System aus Nannys zusammenzustellen, um eine vertrauliche Absprache zu ermöglichen. Das hilft, sich regelmäßig abzusprechen und auch spontan zu reagieren. Auch auf der Seite der Nannys steht Sicherheit an oberster Stelle: "Der große Unterschied zu anderen Portalen ist, dass es einen exklusiven Zugang gibt. Die Eltern haben ein Profil, wo sie Informationen zur Familie angeben müssen”, sagt eine Kinderbetreuerin der ZVW. “Wir können uns gar nicht erlauben, auf diese Fachkräfte zu verzichten”, betont Julia. Und das ist nur ein Grund, warum es wichtig ist, auf finanzierbare Dienstleistungen und ein funktionierendes Betreuungsnetzwerk aus Kindergärten und Pflegeheimen zurückgreifen zu können. “Es braucht schlichtweg mehr Angebote”, so die Mitgründerin. Die Mutter zweier Kindern hat selbst die Erfahrung gemacht, wie sehr die mentale Gesundheit darunter leidet, wenn es nicht gelingt, das Privatleben und den Beruf zu kombinieren.