Politik bei OMR24: Robert Habecks und Christian Lindners Auftritte im Video
Wie sich die Bundesminister auf der Conference Stage geschlagen haben
- Robert Habeck über die politische Lage in Deutschland
- Christian Lindner über KI als Wachstumsmotor für Deutschland
Welche Speaker*innen haben beim OMR Festival 2024 einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen? Auch wir konnten nur einen kleinen Bruchteil aller Inhalte verfolgen – und schauen, um diese Frage zu beantworten, jetzt nach und nach den Großteil aller Keynotes auf unserem Youtube-Kanal an. Heute liegt der Fokus auf politischen Inhalten: Wie haben sich die Bundesminister Robert Habeck und Christian Lindner auf der Conference Stage geschlagen?
Es war eine Premiere beim diesjährigen OMR Festival in Hamburg: Nachdem auch in den vergangenen Jahren Politik als Thema natürlich immer auf unterschiedlichen Bühnen stattgefunden hat, standen vergangene Woche zum ersten Mal zwei Minister der aktuellen Bundesregierung auf der Conference Stage. Den Auftakt machte am ersten Tag Grünen-Politiker und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, am zweiten Tag folgte mit Christian Lindner dann der FDP-Parteichef und Finanzminister.
Robert Habeck über die politische Lage in Deutschland
Seine rund 15 Minuten langen Rede eröffnet Robert Habeck mit einer Warnung: "Vielleicht ist das die ersten paar Minuten ein bisschen ein Downer." Denn klar: Die allgemeine politische Lage war schon mal deutlich entspannter, als im Mai 2024. Freiheit und liberale Demokratie stünden unter Druck, wie lange nicht mehr, so Habeck. In der Folge nennt er drei wesentliche Gründe und Herkünfte für eben diesen Druck.
Er käme zum einen von Innen: "Populisten, Radikale, Rechsradikale wollen im Kern das Gemeinwesen [...] in Frage stellen und vielleicht zerstören." Der zusätzliche Druck von Außen werde laut Habeck ausgelöst durch Kriege, Protektionismus und Nationalismus. Die globale Erderwärmung sei der dritte große Faktor, der die Freiheit unter Druck setze – und Hintergrund für alles, "woimmer Ihr auch Party macht oder woimmer Ihr auch drüber redet. Dieser Hintergrund geht nicht weg."
Es folgt ein Appell an die Demokratie, an das Aushalten von Meinungen, das Schaffen von Räumen für Austausch und Diskurs – und ein Hinweis, das digitale Geschäftsmodelle wie Lieferdienste und Streaming-Plattformen diesen Austausch zumindest nicht fördern, weil sie den Restaurant-Besuch oder den Kino-Abend vom öffentlichen Raum in den digitalen und damit tendenziell privaten Raum verlagern.
Robert Habeck fordert das Erzählen von "Geschichten des Gelingens", die Hoffnung auf die Zukunft schüren. "Influencer, Medienmacher, digitale Unternehmer, Startups", spricht Habeck direkt das Publikum an, "Ihr müsst das nur ins Deutsche übersetzen, um zu sehen, dass es nicht nur ein Treffen ist von Leuten, die Geschäftsmodelle verfolgen." Alle würden eine politsche Haltung im weitesten Sinne transportieren. Mit einem Startup wolle man schließlich etwas starten – und transportiere damit Aufbruchstimmung und einen gewissen Optimismus an die Zukunft.
Seine Rede beendet Habeck mit einer klaren Forderung: "Wenn Ihr nicht findet, dass wir es gut genug machen, dann müsst Ihr es selber machen. Am Ende auch kandidieren für etwas und uns nicht alleine hängen lassen. Wenn wir in einem Land leben, wo alle nur aufeinander zeigen und sagen – Lös' du das Problem, ich doch nicht – dann werden wir die Probleme nicht lösen."
Direkt im Anschluss an die Rede geht Markus Lanz mit Robert Habeck ins Gespräch. Der Journalist und TV-Moderator stellt dem Wirtschaftsminister unter anderem folgende Fragen:
- Was kommt für Robert Habeck nach dem Posten als Wirtschaftsminister?
- Lassen sich während einer Amtszeit eigentlich noch Ideen entwickeln? Oder muss der Plan für eine Legislaturperiode zum Antritt wirklich komplett stehen?
- Wie viel Druck lastet auf Robert Habeck? Und wie blickt er heute auf das Heizungsgesetz?
- Wie optimistisch blickt Robert Habeck auf Kernfusion als Energiequelle? Und wie steht es um die Förderung von Unternehmen wie Marvel Fusion?
Christian Lindner über KI als Wachstumsmotor für Deutschland
Eigentlich sei geplant gewesen, ein Update zur aktuellen Finanzpolitik zu geben. Doch dann habe sich Finanzminister Christian Lindner spontan entschieden – auch dank eines Gesprächs mit Microsoft-Gründer Bill Gates am Vortag – lieber über künstliche Intelligenz zu sprechen. "Das Gespräch mit Bill Gates hat mir noch einmal den State of Urgency veranschaulicht, um was es hier geht und was auf dem Spiel steht", so Lindner. "Künstliche Intelligenz verändert alles grundlegend mit einem enormen Tempo."
Seine Sorge seien nicht die Risiken, die mit KI einhergehen. Die kenne er zwar, man solle aber nicht nach negativen Folgen fragen, sondern lieber danach, was KI für die Gesellschaft tun könne. "Meine Hauptsorge ist, dass Deutschland diese Innovation, wieder eine Innovation, verschläft. Und dazu dürfen wir es nicht kommen lassen", betont Lindner. "Nicht schon wieder bitte."
Die Voraussetzungen seien dabei allerdings gar nicht so schlecht. Es gebe schließlich viel Forschung, Deutschland verfüge über zahlreiche relevante Patente und der an vielen Stellen bereits gut automatisierte Mittelstand sei quasi wie gemacht, mittels KI den nächsten Schritt zu gehen. "Allein: Noch hebt das nicht ab", stellt Christian Lindner fest. "Noch passiert da zu wenig und andere sind schon wieder dabei, schneller zu werden."
Lindner zählt in seiner Rede fünf Punkte auf, die als Treiber dienen und KI zum Wachstumsmotor in Deutschland machen sollen. Der erste Schritt – Digitialisierung – klingt dann direkt etwas unspektakulär. Aber klar: Ohne sie und weiteren Netzausbau wird das mit KI vermutlich nichts, Lindner zeigt sich dennoch optimistisch. Deutlichen Nachholbedarf sieht er allerdings im Übertragen von wissenschaftlicher Grundlagenforschung in unternehmerische Praxis. "Wir haben zu wenige Gründungen aus Hochschulen und universitären Forschungseinrichtungen." Lindner sieht hierin eine Mentalitätsfrage; wir hätten eine zu geringe Gründungskultur in Deutschland.
Investitionen in den Mittelstand (Punkt 3) sei dann wieder selbsterklärend, die Finanzierung von Innovation und Startups (Punkt 4) hingegen immer noch ein Problemfall. "Wir haben in Deutschland keine Kapitalmarkt-Kultur", sagt Lindner und zieht den naheliegenden Vergleich zur USA, die dank milliardenschwerer Pensionsfonds ganz andere Summen in Startups und Innovationen investieren. Mit einem Zukunftsfinanzierungsgesetz 2.0 soll laut Lindner auch hierzulande das Investieren von Versicherungen und Versorgungskassen in Unternehmen erleichtert werden. "Wir haben Milliarden, Billionen Euro in Deutschland unter Verwaltung. Aber das Geld wird schlecht eingesetzt.[...] Und ich will nicht, dass die besten Startups in Deutschland vom Pensionsfonds in Tennessee finanziert werden."
Auch Christian Lindner wurden direkt im Anschluss Fragen gestellt – diese Mal von Journalistin Eva Schulz. Und anderem das wollte sie vom Bundesfinanzminister wissen:
- Wie hoch ist das Arbeitspensum des Finanzministers? Und was hat es mit der "Lust an der Überstunde" auf sich?
- Weshalb hält Christian Lindner an der Schuldenbremse fest?
- Wie denkt Christian Lindner über Zusammenhänge zwischen dem Erstarken rechter Parteien und einer Sparpolitik?
- Was macht eine gute politische Kampagne aus?