Tabu-Thema "Female Pleasure": Die drei Top-Marketing-Kniffe der Audio-Plattform Femtasy

Torben Lux24.5.2024

Gründerin Nina Julie Lepique erklärt, wie das Startup trotz Hürden gewachsen ist

Inhalt
  1. Address the uncomfortable to build trust
  2. Embrace controversial engagement
  3. Shape a persistency-first culture

Die Werbevorschriften für "Adult Content" sind streng. Das gilt nicht nur für Filme, sondern bereits auch für reine Audio-Produkte. Auch das Startup Femtasy aus Berlin muss daher hier und da andere Marketing-Wege gehen. Bei OMR24 hat die Gründerin Nina Julie Lepique auf der Yellow Stage ihr Marketing-Playbook vorgestellt.

"Femtasy entstand aus der Idee, sexy Inhalte zu produzieren, die endlich auf weibliche Bedürfnisse abgestimmt sind", erklärt Gründerin Nina Julie Lepique – passenderweise per Voice Message – im About-Teil auf der Homepage des Unternehmens. 2018 habe es schließlich nur Adult Content von Männern für Männer gegeben, so Lepique weiter. Das zu ändern sei ab diesem Zeitpunkt ihre Mission gewesen – und zwar mit einer Audio-Only-Plattform für "female-centric erotica".

Ein ständiger Begleiter seit dem Start von Femtasy sind laut Nina Julie Lepique Herausforderungen im Marketing. Werbemaßnahmen unterliegen meistens und je nach Plattform sowohl online als auch offline gewissen Reglementierungen. Werden diese nicht eingehalten, wird eine Kampagne entweder direkt abgelehnt, die Ausspielung erfolgt nur eingeschränkt oder sie wird nachträglich wieder eingestellt.

Ob es aber nun um Ad Rejections oder Shadowbanning geht, ob eine Plakatkampagne in Berliner U-Bahnhöfen wegen zu expliziter Fotos abgelehnt wird oder ganz andere Branchen und Marketing für zum Beispiel Kosmetika, Supplements oder Finanzprodukte im Fokus stehen – alle müssen in der Planung von Maßnahmen um die Ecke denken, um nicht Gefahr zu laufen, dass die Kampagne direkt verpufft. 

Nina Julie Lepique OMR24 Femtasy.png

Auf dem Weg zur laut eigener Aussage "größten Audio-Erotica-Platform weltweit" mit einer Million registrierten User*innen, mehr als 170 Millionen Plays und neun Millionen Euro Jahresumsatz haben Nina Julie Lepique und das 35-köpfige Team nicht nur rund 2.400 Audio-Pieces auf deutsch, englisch und französisch produziert. Sie haben vor allem gelernt, auch mal weniger naheliegende Marketing-Wege einzuschlagen. Drei Learnings, die nicht nur auf "Female Pleasure" anwendbar sind:

Address the uncomfortable to build trust

Welche Zweifel plagen Eure Zielgruppe? Genau diese Frage hat sich Femtasy 2023 im Zuge eines Marken-Projekts gestellt und dafür mit vielen Frauen aus der eigenen, aber auch außerhalb der Community gesprochen. Vor allem die Aussagen derjenigen, die Femtasy zwar kannten, aber noch nicht genutzt haben, seien dabei extrem aufschlussreich für Nina Julie Lepique gewesen. Weil diese Frauen die richtigen Fragen gestellt hätten. Ist die Testphase wirklich gratis? Muss und wenn ja wie kann ich mich registrieren? Warum kostet das Angebot etwas?

"Wir mussten akzepzieren, dass Menschen diese Zweifel haben. Uns und dem Produkt gegenüber", so Lepique. "Der größte Trick ist dann, diese Zweifel entlang der Marketing-Journey proaktiv aufzugreifen." Ads, Landingpage, CRM-Strecke – an allen Kontaktpunkten könne man Zweifel mittels klarer und offener Kommunikation ausräumen. Das funktioniere besonders gut mit der Entanonymisierung der Marke, also zum mittels Beispiel mit Video Ads von echten Kolleginnen, die so gleichzeitig zu Creatorinnen werden. "Das funktioniert bis heute im Schnitt um 15 Prozent besser, als alle anderen Asset-Kategorien und ist deswegen nicht mehr wegzudenken", sagt Lepique.

Embrace controversial engagement

Ein Großteil aller Ads am Markt müssten eigentlich umgestaltet werden, glaubt Nina Julie Lepique. "Weil sie viel zu langweilig, zu glatt und salesy sind." Dass Feedback in Form von Kommentaren bei Instagram nicht immer nur positiv sein muss, sondern im Gegenteil auch kritische Kommentare dafür sorgen könne, dass eine Ad erst zum Erfolg wird, erklärt Lepique anhand eines konkreten Beispiels.

Als es auf eine Ad-Kampagne mit originalen Ausschnitten aus den "Hörspielen" der Plattform unter anderem Kommentare wie "Wieso werde ICH denn mit SOWAS getargeted? Denkt Insta ich hab ein SEX PROBLEM???" gibt, macht sich Gründerin Nina Julie Lepique direkt Sorgen. Es könne schließlich negative Abstrahleffekte auf die Brand geben. Nachdem die Kommentarfunktion abgeschaltet wird, steigen die Customer Acquisition Costs um bis zu 40 Prozent in die Höhe. Und umgekehrt sinken sie wieder, als Kommentare wieder möglich sind. "Engagement beeinflusst CACs und CTR positiv. Auch dann, wenn es kontrovers ist", so Lepique.

Shape a persistency-first culture

"Ein ganz großer Teil des Erfolgs von Femtasy hängt auch mit einem ganz, ganz hartnäckigen Trial-and-Error-Verfahren zusammen", erklärt Nina Julie Lepique. Anfangs habe sie noch gedacht, nie auf den großen Plattformen werben zu können. Bei Meta heißt es in den Werberichtlinien schließlich, dass der Fokus nicht auf sexueller Lust oder Befriedigung liegen dürfe. Und tatsächlich sah es vor allem am Anfang auch nicht danach aus, dass die Meta-Plattformen der geeignete Kanal für Femtasy sein würden. Bis zu 45 Prozent aller Ads wurden nicht akzeptiert – ein enorm hoher Wert.

In der Folge habe das Team ein eigenes Test- und Iterations-Framework aufgebaut. "Wir versuchen hier, alle unsere Assets durch einen ganz strukturierten und immer gleichen Iterations-Flow laufen zu lassen", erklärt die Gründerin. Das Ziel sei klar: So viele Ads zu bauen, die stark performen und mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit von Meta & Co. nicht abgelehnt werden. Die Einführung dieser "Scale-Iterate-Kill"-Strategie habe für Femtasy die Rejection Rate von Ads um 90 Prozent gesenkt und durch eine 2,5 mal längere Laufzeit sowie bis zu sechs mal so hohe Budgets auf einer Ad die Effizienz stark gesteigert.

Ihr wollt noch mehr Speakings des OMR Festivals 2024 nachträglich angucken? Dann schaut unbedingt auf unserem Youtube-Kanal vorbei. Dort findet Ihr für jede Bühne eine eigene Playlist.

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Torben Lux
Autor*In
Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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