Boris Becker: „Ich brauche die internationale Öffentlichkeit“

Der deutsche Superstar über 40 Jahre Rampenlicht und das Experten-Comeback bei den US-Open

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Philipp Westermeyer traf Boris Becker in München zur Aufnahme des OMR Podcasts.

Es war ein Überraschungscoup beim OMR Festival: Im Mai begrüßte Philipp Westermeyer Boris Becker auf der Bühne in Hamburg. Der erste Auftritt der Tennislegende vor großem Publikum seit seiner Haftentlassung Ende 2022. Offen sprach Becker über seine Zeit hinter Gittern, erklärte, was er dort gelernt hatte und wie er nun sein Image wieder aufrichten will. Jetzt kommt die Fortsetzung: Westermeyer und Becker trafen sich in München für eine OMR Podcast-Aufnahme. Es geht um Beckers bald 40 Jahre im Rampenlicht, sein ambivalentes Verhältnis zur eigenen Bekanntheit, Pläne für die Marke Boris Becker und ein Comeback am Rand des Tenniscourts.

Wenn man die Geschichte von Boris Becker verfolgt hat – und wer hat das nicht in den vergangenen Jahrzehnten – weiß, dass es in der Karriere nach dem sensationellen Wimbledon-Sieg des damals 17-Jährigen eine ganze Reihe an Aufs und Abs gab. „Ich wurde plötzlich Eigentum der Bundesrepublik Deutschland“, sagt Becker über seine unvermittelte Popularität damals. Ab diesem Moment im Sommer 1985 wurden jeder Sieg und jede Niederlage Beckers, auf dem Tennisplatz wie im Privatleben, öffentlich verfolgt, diskutiert, begafft.

„Ich vertraue erst mal keinem“

Becker weiß selbst, dass er einen gewissen Anteil daran hatte. Er habe die plötzliche Öffentlichkeit genossen, räumt er ein. Sagt aber auch: Er sei sehr naiv gewesen mit seiner Offenheit und Vertraulichkeit „Freund und Feind gegenüber“. Die schlechten Erfahrungen, die er dadurch machen musste, hätten Spuren hinterlassen. „Ich vertraue erst mal keinem“, sagt Becker. Heute berät ihn bei seinen Auftritten darum ein sehr enger Kreis von persönlichen Vertrauten. Denn ein Rückzug ins Private sei keine Option, so Becker. „Ich lebe meine Marke und brauche die internationale Öffentlichkeit.“

Mit seiner Vergangenheit hadere er trotz aller Tiefschläge nicht, sagt Becker. Selbst wenn sein Lebenswandel ihn um sportliche Erfolge gebracht habe. „Ich war lebenshungrig, wollte Lebenssituation meistern, Menschen kennenlernen, die nur nachts um die Häuser gehen“, sagt er im OMR Podcast. Deswegen sei er mal müde beim Training erschienen, habe vielleicht auch mal verloren. „Aber im Nachhinein war es mehr wert“, so Becker. „Ich bin heute dadurch, glaube ich, ein ein besserer Mensch.“

Nigerianische Ölquellen? Hat es nie gegeben!

Inzwischen wohnt er mit seiner Lebensgefährtin in Italien und arbeitet am Neuaufbau der Marke Boris Becker. Demnächst wird er als Tennis-Experte bei den US Open aktiv sein. Im Gespräch mit Philipp Westermeyer deutet er ein Buchprojekt an, dazu unternehmerische Projekte. Zugleich nutzt er die Gelegenheit, mit einigen Falschinformationen aufzuräumen: Das in seinem Wikipedia-Eintrag kolportierte Investment in nigerianische Ölquellen etwa? – „Hat es nie gegeben“, so Becker.

Natürlich geht es im Gespräch auch um Tennis. Seine Rolle als Experte lasse es aktuell zwar nicht zu, aber er könne sich auch ein Comeback als Trainer vorstellen, so Becker. „Im richtigen Moment, mit einem Spieler, der hungrig genug ist.“ Denn, wenn er nach Melbourne reise, dann wolle er auch die Trophäe und nicht nur bis ins Halbfinale kommen. „Das wäre ein verlorenes Turnier.“

ATP Finale in Dschidda – warum nicht

Becker beobachtet auch die Entwicklungen im Sportbusiness genau. Etwa das Engagement arabischer Geldgeber im Golf- und Fußballbereich. „Ich wäre nicht überrascht, wenn das ATP Finale in drei Jahren in Dschidda stattfinden würde“, sagt er. Am Ende gehe es um Angebot und Nachfrage. Das gelte auch für Sportler, weshalb er nicht in den Chor derer einstimmen mag, die den Wechsel eines Neymar moralisch kritisieren. Wenn ein Angebot aus Saudi Arabien größer sei als eins aus Finnland oder Australien, dann müsse man eben nach Saudi Arabien gehen.

Neben Boris Becker kommt in dieser Folge des OMR Podcast auch Björn Beinhauer zu Wort. Geschäftsführer von DOSB New Media, der Firma hinter Sportdeutschland.TV. Der Streaming-Sender verfolgt eine ambitionierte Wachstumsstrategie. Beinhauer erklärt, wie die Lizenzierung des renommierten Turniers mit Boris Becker als Experte helfen sollen, vom Spartenkanal für Nischensportarten zum erstzunehmenden Player neben Eurosport, Sky, Dazn und Dyn zu werden.

Wie das gelingen soll, welche Rolle Boris Becker dabei spielen wird sowie jede Menge Insights und Anekdoten und überraschende Details aus 40 Jahren als lebende Legende – all das hört Ihr in dieser Episode des OMR Podcasts.

Die Themen des OMR-Podcasts mit Boris Becker im Überblick:

  • (00:02:47) Björn Beinhauer über seinen Streaming-Sender Sport Deutschland TV
  • (00:06:20) Das Kalkül hinter dem Erwerb der US-Open-Rechte
  • (00:10:34) Gesellschafterstruktur und Finanzierung des Senders
  • (00:01:32) US-Open-Zuschlag und Vermarktungsstrategie
  • (00:14:07) Boris Beckert über Alexander Zverev/li>
  • (00:14:55) Eine mögliche Free-TV-Sublizensierung der US Open
  • (00:16:56) Becker über die Grenzen seiner Privatsphäre
  • (00:21:08) Sein beschädigtes Vermögen, Anderen zu vertrauen
  • (00:23:19) Konsequenzen aus internationaler Bekanntheit
  • (00:25:30) Deutschland als Beckers „emotionale Heimat“
  • (00:28:13) Sein Blick auf Personenmarken anderer Sportler
  • (00:31:38) Mediale Relevanz und Langlebigkeit alter Geschichten
  • (00:33:58) Plötzliche Popularität und kritische Öffentlichkeit
  • (00:37:30) Werbedeals und die Rolle Ion Tiriacs
  • (00:42:48) Was Becker im Laufe seiner Karriere verdient hat
  • (00:46:06) Die Rivalität mit André Agassi
  • (00:53:55) Wie sein Lebensstil ihn um sportliche Erfolge gebracht hat
  • (00:55:20) Bekanntschaften zu AAA-Promis und sein Netzwerk
  • (00:57:34) Unternehmerische Möglichkeiten heutiger Tennis-Stars
  • (01:00:57) Wieso Geld für ihn nie besonders interessiert hat
  • (01:03:40) Lebensphasen, die er als erfolgreich betrachtet
  • (01:05:01) Beckers derzeitige physische Kondition
  • (01:07:23) Ein mögliches Comeback als Trainer
  • (01:10:29) Die Liebe zum Tennissport in unterschiedlichen Rollen
  • (01:11:15) Der neue Tennis-Boom und Carlos Alcaraz‘ Dominanz
  • (01:16:57) Ein Tennis-Match im Weißen Haus und weitere Anekdoten
  • (01:21:32) Den Umgang mit Druck und das Problem mentale Erschöpfung
  • (01:26:37) Pickleball, Paddle Tennis und Regeländerungen im Tennis
  • (01:30:25) Arabische Großinventoren und Politik im Spitzensport

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Christian Cohrs
Autor*In
Christian Cohrs

Editor & Content Strategist bei OMR und Host des FUTURE MOVES-Podcasts. Zuvor war er Redaktionsleiter des Wirtschaftsmagazins Business Punk in Berlin, Co-Autor des Sachbuchs "Generation Selfie".

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