„Rabatt ist nicht Loyalty“ – wie Levi’s seine Kunden digital an sich bindet
Christian Weiss, Marketing-Chef Nordeuropa der Jeans-Marke, erklärt, warum Exklusivität und Community-Gefühl für die Kundenbindung wichtiger sind als jeder Discount
- Ambitionierte Ziele
- Werben um die „Style Seeker“
- Exklusivität und Zugang zur Brand
- Levi’s Coins statt Dollar oder Euro
Wie hält man als Retailer während der Pandemie Kontakt zu seinen Kunden? Levi’s setzt dazu – unter anderem – auf die eigene App und das darin integrierte Loyalty-Programm „Levi’s 247“. OMR erklärt, wie die Jeans-Brand die App nutzt, um Brücken zwischen On- und Offline zu schlagen, welche Rolle das Loyalty-Programm für die DTC-Strategie der Marke spielt und worauf jeder achten sollte, der gerade selbst überlegt, wie er seine Kunden an sich binden kann.
Christian Weiss, Marketing Director North Europe bei Levi Strauss & Co., versucht gar nicht erst die Lage schönzureden: „Jede Erweiterung des Lockdowns ist für uns in Sachen Loyalty ein Rückschlag.“ Denn die Stores seien nach wie vor der wichtigste Access-Point, um Teilnehmer für das Treue-Programm zu werben. Mehr als die Hälfte aller neuen 247-Nutzer gewinne man über die Stores, die Levi’s selbst oder Franchise-Nehmer betreiben. Aber eben nur, wenn die Geschäfte nicht gerade mal wieder geschlossen sind.
Ambitionierte Ziele
Das Loyalty-Programm 247 ist ein Teil der Levi’s-App. Bei Anmeldung bekommen die Nutzer 501 – eine Referenz an die legendäre Jeans – Coins gutgeschrieben. Weitere kommen bei Besuchen der Levi’s-Stores sowie nach Einkäufen dort oder im Shop der App hinzu. Für 247-Member ist der Versand im Online-Shop zudem kostenlos. Ab einer gewissen Summe lassen sich die Coins dann gegen Gutscheine eintauschen. „Momentan ist das alles noch sehr basic“, sagt Weiss. Aktuell gebe es in der App exklusive Produkte und Early Access zu Product Launches oder Promotions. Eine Reihe weiterer Funktionen seien in Vorbereitung, vor allem mit Blick auf den Aufbau einer Community.
Die Ziele, die Levi’s sich gesteckt hat, sind ambitioniert. Als Benchmark nennt Weiss die großen Sport-Lifestyle-Brands. Er weiß um die Herausforderung, Angebote für die Zielgruppe seiner Marke zu schaffen, die einen Mehrwert für diese bieten. Die Sports- und Lifestyle-Brands machten einen super Job beim Treue-Aufbau ihrer Fans mit deren Passionen wie Running oder Sneakers, erklärt Weiss. Die zentrale Frage sei darum: Welche Themen lassen Levi’s-Kund*innen treu werden? Customization, Personalization & Werte?
Bei den Sport-Lifestyle-Brands wie auch Levi’s steht am Beginn des Aufbaus einer Community die erste – und oft größte – Herausforderung, nämlich eine kritische Masse zu erreichen. Konkrete Zahlen lässt Weiss sich nicht entlocken, nur so viel: „Wir haben noch Luft nach oben.“
Werben um die „Style Seeker“
Wobei Levi’s gerade alles unternimmt, damit die Luft – um im Bild zu bleiben – schnell dünner wird. Die aktuelle Kampagne, die jeden App-Download mit einem gepflanzten Baum belohnt, hat das Ziel, die Zahl der Nutzenden in den vier Ländern, in denen das Loyalty-Programm in Europa bislang ausgerollt worden ist (Deutschland, UK, Niederlande, Belgien, Frankreich, Italien, Spanien, Tschechien und Portugal) um bis zu 25 Prozent zu pushen. Bis Jahresende 2021 plant Levi’s, die Zahl der Nutzenden in Europa zu verdreifachen. Im Fokus steht eine Zielgruppe, die Levi’s „Style Seeker“ nennt – modeinteressierte Männer und Frauen zwischen 25 und 35. Angesprochen wird diese unter anderem über performance-basierte Banner-Kampagnen, die über Lifestyle-Seiten und Plattformen wie Twitch ausgespielt werden.
Weiss ist mit den Conversions zufrieden und sieht sich in seiner These bestätigt. „Du musst gucken, dass du die Leute abholst, wenn gerade eine Menge positive Zeichen für deine Marke da sind“, sagt der Marketing Director. Und da hat Levi’s einiges vorzuweisen. Die 501, die Jeans überhaupt, erlebt gerade von Skandinavien ausgehend ein Europa-Comeback; und erst neulich war die Marke prominent in einer Folge von Heidi Klums Model-Casting-Show „GNTM“ eingebunden.
Exklusivität und Zugang zur Brand
Man könnte sagen, Levi’s ist dabei, die Pflicht erfolgreich zu absolvieren. Es folgt die Kür – oder in den Worten von Weiss: „Akquise ist ja eigentlich der unsexyeste Part von diesem Ganzen.“ Der reizvolle Teil beginne dort, wo man Wege finden muss, die Kund*innen dauerhaft an die eigene Brand zu binden. Die erwähnten Coins samt der damit verbundenen Vergünstigungen sind dabei nur ein Element. Und nicht das wichtigste. Denn: „Rabatt ist nicht Loyalty“, sagt Weiss. „Rabatt für treue Kunden erzieht die Leute zu einem geringeren Preis. Diesen Effekt möchten wir vermeiden.”
Levi’s Loyalty-Strategie sei darum unabhängig von Discounts. Vielmehr gehe es um Exklusivität und Zugang, so Weiss. Für Fans der Marke gebe es wichtigere Vorteile als ein paar gesparte Euro. Weiss nennt einen früheren Zugriff auf neue Kollektionen sowie exklusive Produkte, die ausschließlich in der App zu erwerben seien. Außerdem könnten Teilnehmer des Loyalty-Programms eher an Aktionen wie der „Glamour Shopping Week“ teilnehmen oder exklusive Festivals und Konzerte besuchen – natürlich wenn mal keine Pandemie ist. Dann gebe auch wieder die „247 Rides“ – „knackige 24-Stunden-Trips von L247-Mitgliedern und Levi’s“, sagt Weiß.
Für Levi’s selbst sind App und Loyalty-Programm wichtig, um seine Kunden besser kennenzulernen – mit Blick auf das absehbare Ende der Third Party Cookies ein essentielles To-Do für alle Brands, die digital handlungsfähig bleiben wollen. Zugleich will Levi’s sein DTC-Business ausbauen. Die App sei dafür zentral, erklärt Weiss. Wobei man einen konsequenten Omni-Channel-Ansatz verfolge, der neben den eigenen Vertriebskanälen online via App und offline in den Stores immer auch die Händler mitbedenken müsse. „Eine auf allen Kanälen starke Marke ist der beste Partner von Wholesale“, sagt Weiss. Darum sei es so bedeutend, loyale Kund*innen möglichst unmittelbar an die Brand zu binden.
Levi’s Coins statt Dollar oder Euro
Darauf soll auch die nächste, bereits in der Planung befindliche Ausbaustufe der App einzahlen. Die Nutzenden werden die Möglichkeit eines Rückkanals zu ihrer Lieblingsmarke erhalten. Über diesen will Weiss Feedback zu Produkten und Services abfragen, vor allem aber „Fans ein Stück weit zu einem Teil der Levi’s Family“ machen. Außerdem würde er gerne die bislang getrennt operierenden Arme des Loyalty-Programs in Europa, Asien und den USA enger verknüpfen, damit beispielsweise in Deutschland gesammelte Coins auch in einem Levi’s-Store in Texas eingelöst werden können.
Erst einmal freuen sich Weiss und seine Leute aber auf ein Ende von Corona, Lockdowns und Beschränkungen. Denn auch wenn sich die digitalen Access Points gut entwickeln – die Stores mit dem speziell geschulten Personal bleiben ein essenzieller Bestandteil im Channel-Mix von Levi’s. „Loyalty beginnt dort, wo du tatsächlich mit den Leuten in Kontakt kommst“, sagt Weiss. Und das seien eben alle Verkaufs- und Kontaktpunkte. Darum plant sein Team bereits für den Moment, wo sie wieder Kunden auch in ihre Läden lassen dürfen. Dass sie kommen werden, daran zweifelt Weiss nicht. „Die Leute wollen sich belohnen; sich was Gutes tun. Nach fünf, sechs Monaten zuhause rumhocken ist das ein zutiefst menschlicher Wunsch.“ Dann wird es endlich auch wieder persönliche Erlebnisse in den Stores geben, also all das, was zum sexyeren Part des Themas Loyalty gehört.