Jetzt auch noch Cowboyboots: Crocs erzielt Milliardenumsätze durch verrückte Releases und Kollaborationen

Für 2023 rechnet das US-Unternehmen aus Colorado mit 3,9 Milliarden US-Dollar Umsatz. Aber nicht alle Geschäftsbereiche laufen gut

Cowboyboots von Crocs
Cowboyboots von Crocs – werden auch "Croots" genannt. Foto: Crocs
Inhalt
  1. Selbstironie und eine enge Verbindung zur Community bei Social Media
  2. Crocs sind ein Paradebeispiel für den Ugly Shoe Trend
  3. Enormes Umsatzwachstum seit 2021
  4. 60 Prozent des Umsatzes aus Nordamerika

Der Ursprung der bunten Plastikschuhe liegt in der Seefahrt. Als perfekte Bootsschuhe haben drei Freunde sie Anfang der 2000er konzipiert. Seitdem polarisieren Crocs wie kaum ein anderer Schuh. Viele wünschen sich, sie wären bloß dort geblieben – weit draußen auf dem Meer, außerhalb der Sichtweite. Sind sie aber nicht. Crocs sind mitten unter uns, an den Füßen der Gesellschaft. Bei der Gartenarbeit. Im Flugzeug. Auf dem roten Teppich. Seit 2021 hat das Unternehmen ein rasantes Wachstum verzeichnet und seinen Umsatz innerhalb von zwei Jahren weit mehr als verdoppelt: von rund 1,4 Milliarden Umsatz in 2021 zu 3,5 Milliarden in 2022. Für dieses Jahr rechnet das US-Unternehmen mit einem weiteren Rekord-Umsatz von 3,9 Milliarden US-Dollar. OMR hat sich angesehen, welcher Trend den Mega-Hype begünstigt hat und warum die Aktie aktuell dennoch abgestürzt ist.

Die Clogs aus den USA sind an sich schon außergewöhnlich – klobig, bunt, aus Schaumstoff. Verheiratet man sie mit Cowboyboots, wird ein Schuh draus, an den sich das Auge erst gewöhnen muss. Wochenlang hatte die Schuhbrand aus Boulder, Colorado, den Release des limitierten Cowboystiefels auf Tiktok und Instagram als Höhepunkt des "Croctobers" angekündigt. Als es am 23. Oktober so weit war, war die Crocs-Community bereit, das Pferd zu satteln und "Yee-haw!" zu rufen: Der Cowboyboot sei global in nur wenigen Tagen fast vollständig ausverkauft gewesen, verkündete Crocs-CEO Andrew Rees am Donnerstag bei der Veröffentlichung der Quartalsergebnisse, und das bei einem Preis von 120 US-Dollar pro Paar.

Selbstironie und eine enge Verbindung zur Community bei Social Media

Der Westerncrocs war ein cleverer Marketing-Schachzug, findet Modejournalistin und Trendexpertin Karolina Landowski aus Düsseldorf: "Western ist in dieser Herbst-Winter-Saison angesagt, nicht nur bei Schuhen", sagt sie. Diesen Trend habe das Unternehmen aufgegriffen und neu interpretiert, indem er auf die Marken-DNA und die ikonische Silhouette der Clogs runtergebrochen wurde.

Crocs versteht es, sich selbst treu zu bleiben und zu seinem einzigartigen Design zu stehen, auch wenn oder gerade weil es polarisiert. Mit Selbstironie, Funfaktor und Mut zur Hässlichkeit punktet die Brand vor allem bei Tiktok und Instagram: "IT'S HIDEOUS!!!! And also available on crocs.com", steht beispielsweise unter der Ankündigung des Shrek-Crocs, der im September gelauncht wurde.

Man habe gerade die 2 Millionen Follower*innen-Marke bei Tiktok und bei Instagram geknackt, verkündete CEO Rees am Donnerstag. Der Hashtag Crocs hat insgesamt 10,8 Milliarden Aufrufe. Besonders große Aufmerksamkeit erzielten zuletzt der Release der Barbie-Crocs, Kollaborationen mit dem Künstler Jacob Collier, Schuhdesigner Salehe Bembury, Levi's, Cars und jetzt eben der Cowboyboot.

Die Marke schafft es, durch Limitierung und die Inszenierung bei Social Media Begehrlichkeiten zu wecken. Vor allem aber legt sie großen Wert auf die persönliche Beziehung und den Austausch mit ihrer loyalen Fan-Community. Wer die Schuhe liebt, soll gehört werden und die Möglichkeit haben, sie selbst mitzugestalten, erklärt das Unternehmen auf Anfrage von OMR. So wie die Cowbowstiefel, die ursprünglich eine Fanidee waren. Wer die Kommentarspalte auf Tiktok verfolgt, merkt schnell: Die Community sprudelt nur so an Ideen, welches verrückte Modell als nächstes umgesetzt werden könnte. Und das Marketingteam hat dafür so offene Ohren wie zuletzt das Shrek-Crocs-Modell. 

Crocs sind ein Paradebeispiel für den Ugly Shoe Trend

Ein aktueller Trend trägt ebenso zur Popularität bei: Crocs passen perfekt zum "Ugly-Shoe-Trend" der letzten Jahre: "Klobige Schuhe sind angesagt und wir leben in Zeiten, wo Dinge auch edgy sein müssen, um cool zu sein", sagt Landowski. Davon profitieren auch die Marken und Celebrities, mit denen Crocs kollaboriert. 2017 startet die erste Kollaboration mit dem Luxuslabel Balenciaga. Crocs feiert dadurch ein Revival und schafft es auch durch die Zusammenarbeit mit Justin Bieber oder Post Malone aus der Ecke der "Hausschuhe für Uncoole" heraus (OMR berichtete)

Entscheidend ist dabei wohl der Überraschungseffekt. Ein Luxuslabel wie Balenciaga und auf Komfort angelegte Crocs, das passt objektiv betrachtet genau so wenig zusammen wie die immer perfekt gestylte Victoria Beckham in den übergroßen gelben Crocsstiefeln aus der Kollaboration mit MSCHF. Vor einigen Jahren hatte Beckham noch behauptet, sie würde "lieber sterben", als jemals Crocs zu tragen. 

Das sorgt für Aufmerksamkeit auf beiden Seiten. "Als Luxusmarke bietet es die Chance, mit einer Marke zu kokettieren, die immer noch für Bodenständigkeit steht", sagt Landowski. Es sei nach wie vor ein praktischer, relativ günstiger Schuhe, mit dem man anfangs eher Gartenarbeit gemacht habe. "Der Schuh wird durch Luxusmarken wie Balenciaga aufgewertet, umgekehrt präsentieren sich die Designerbrands dadurch auch als nahbarer." Crocs fungierten dabei durch ihre außergewöhnliche Silhouette wie eine Leinwand, auf der die Kollaborationspartner ihre Kreativitiät ausleben können. 

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Enormes Umsatzwachstum seit 2021

Das Unternehmen gehörte auch zu den wirtschaftlichen Gewinnern der Quarantänezeit, als die Anschaffung bequemer Hausschuhe, mit denen man aber auch mal kurz den Müll rausbringen kann, lohnenswerter erschien denn je. Doch während Jogginghosen wieder durch Jeans ersetzt wurden, sind Crocs geblieben und für einige sogar zum Schuh der Wahl bei besonderen Anlässen geworden: So wie für den US-Musiker Questlove, der 2021 in goldfarbenen Crocs auf dem roten Teppich der Oscars erschien.

2021 und 2022 hat die Brand ein beachtliches Wachstum verzeichnet. Von 2021 auf 2022 waren es 67 Prozent Umsatzzuwachs, von 2021 auf 2022 erneut 54 Prozent. Darauf eingezahlt hatten ein starkes Online-Geschäft, reichweitenstarke Kollaborationen und höhere durchschnittliche Verkaufspreise. Zuletzt aber auch eine Aquisition: Zu dem börsennotierten Unternehmen gehört neben der Marke Crocs seit Februar 2022 auch die Marke HeyDude. Für 2,5 Milliarden US-Dollar hat Crocs die italienische Schuhmarke übernommen und sich davon versprochen, den Umsatz innerhalb der nächsten drei Jahre auf über fünf Milliarden steigern zu können.

Bei der aktuellen Verkündung der Zahlen für das dritte Quartal 2023 sind allerdings erstmals wieder zurückhaltendere Töne zu vernehmen. Denn während Crocs-Schuhe weiterhin ein zweistelliges Wachstum verzeichnen, sieht es bei HeyDude weniger rosig aus, besonders im Einzelhandel. Im Laufe des Quartals ging der Umsatz um 8,3 Prozent zurück. Man habe rund um HeyDude "entscheidende Maßnahmen" ergriffen, um die langfristige Markengesundheit sicherzustellen und daher den Ausblick für das vierte Quartal und das Gesamtjahr angepasst, heißt es von Crocs. Den Aktienkurs ließ diese Prognose um rund 8 Prozent einbrechen.

60 Prozent des Umsatzes aus Nordamerika

Vielversprechend entwickelt sich hingegen das globale Geschäft, vor allem im asiatischen Raum, aber auch in Australien, UK und Frankreich. Nur in Deutschland war das Geschäft zuletzt rückläufig, sagte Crocs-CEO Rees und nannte als Grund die Zurückhaltung der Käufer*innen durch gestiegene Kosten im Zuge der Inflation. Die zunehmende Popularität in Asien sei ein "Wachstums-Driver" für die Zukunft, so Rees.

Und in Deutschland? Wahrscheinlich, sagt Trendscout Landowski, werde der Mega-Hype etwas abebben. "Es entsteht mit der Zeit ein gewisser Gewöhnungseffekt an extreme Silhouette. Dadurch nimmt auch die Aufmerksamkeit ab." Crocs müsste es weiterhin gelingen, ein "Essential" zu werden, so wie etwa Birkenstock-Schlappen.

Überhaupt gibt es viele Parallelen der US-Brand und der deutschen Traditions-Marke: Beide standen ursprünglich für Komfort, für einen Hausschuh mit ikonischem Design. Beide haben es mit einer breiten Fanbase zum Alltagsschuh geschafft und positionieren sich zunehmend auch im Luxussegment.

Während Birkenstocks aber im Vergleich zum Crocs der gewisse Funfaktor fehle, sagt Landowski, bringe man Crocs nicht mit den typischen Birkenstocks-Attributen wie Historie, Handwerk oder Nachhaltigkeit in Verbindung. Birkenstocks seien "mainstreamiger". Beim Blick auf den Cowboycroc lässt sich aber vermuten, dass Crocs ohnehin auf schrille Kontroverse statt auf Mainstream setzt – und die treue Fangemeinde feiert sie dafür.

SocialCommerce
Tanja Karrasch
Autor*In
Tanja Karrasch

Tanja Karrasch ist Redakteurin bei OMR. Sie hat bei der Tageszeitung Rheinische Post volontiert und anschließend als Redakteurin gearbeitet. Vor ihrem Wechsel zu OMR arbeitete sie für die TV-Produktionsfirma Bavaria Entertainment und war als Redaktionsleiterin für zwei ZDF-Shows zuständig.

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