Weniger Arbeit dank Technologie: Wieso Investor Albert Wenger für ein Grundeinkommen ist

Florian Rinke13.4.2025

Im OMR Podcast erklärt der Managing Partner von Union Square Ventures, warum Aufmerksamkeit wichtiger als Kapital wird.

Investor Albert Wenger und OMR-Gründer Philipp Westermeyer trafen sich in Berlin zur Aufnahme
Investor Albert Wenger und OMR-Gründer Philipp Westermeyer trafen sich in Berlin zur Aufnahme. Foto: OMR
Inhalt
  1. Was man von Star Trek lernen kann
  2. "Trump darf nicht König werden"

Albert Wenger ist Managing Partner bei Union Square Ventures. Der New Yorker Wagniskapitalgeber hat sich durch frühe Investments in Firmen wie Twitter, Coinbase, Etsy und Duolingo einen Namen gemacht. Im OMR Podcast spricht der Deutsch-Amerikaner über seine These, dass Aufmerksamkeit in Zukunft wichtiger sein wird als Kapital. Er verrät außerdem, wieso US-Präsident Donald Trump in einigen Punkten die richtigen Themen adressiert, aber dennoch gestoppt werden muss beim Angriff auf die Demokratie – und was man von der Serie Star Trek aus den 1960er Jahren lernen kann.

Albert Wenger hat vor vier Jahren ein Buch veröffentlicht – und erst jetzt erscheint die deutsche Übersetzung "Die Welt nach dem Kapital". Und allein daran, dass ein Buch in diesem Zeitraum nichts von seiner Aktualität verliert, kann man sehr viel ablesen von dem, was Albert Wenger ausmacht: Er denkt in sehr langen Linien. Klar, das Buch ist für die Übersetzung nochmal aktualisiert worden. Aber die Kernthese ist gleich geblieben in all den Jahren: Die zentrale Ressource der Zukunft ist nicht das Geld, sondern die Aufmerksamkeit. Worauf fokussieren wir uns als Menschheit? Welche Prioritäten setzen wir? Und wie teilen wir uns die Lebenszeit ein, wenn Maschinen einen immer größeren Teil der Arbeit verrichten werden?

Es ist das dritte Mal, dass Albert Wenger im OMR Podcast zu Gast ist (hier geht es zur ersten Folge und hier zur zweiten Folge). Der Deutsche ist Managing Partner bei Union Square Ventures, einem New Yorker Wagniskapitalgeber mit einer extrem hohen Trefferquote bei erfolgreichen Firmen. Das Team investierte ebenso früh in Twitter (heute X) wie in Coinbase, Easy oder Duolingo. Grundlage für die Investments sind dabei Thesen, die das Team von Union Square Ventures aufstellt, um zukünftige Entwicklungen vorherzusehen. Es geht dabei nicht darum, was in drei, sechs oder zwölf Monaten ist – sondern darum, wie die Welt in drei, sechs oder zwölf Jahren aussieht.

Was man von Star Trek lernen kann

Albert Wenger ist beispielsweise seit langem ein Verfechter des bedingungslosen Grundeinkommens. "Jeder sollte einen Sockel haben, unter den er nicht fallen kann, egal was man tut", sagt der Wagniskapitalgeber. Denn er ist überzeugt, dass künstliche Intelligenz und Roboter die Welt grundlegend verändern werden. Im Agrarzeitalter hätten 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft gearbeitet, damit 20 Prozent andere Dinge tun konnten. Heute würden in den meisten Ländern weniger als zehn Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiten. "Warum? Durch Automatisierung", sagt Wenger. Und so wird sich die Welt aus seiner Sicht weiterentwickeln. Lohnarbeit, wie sie die Menschen im Industriezeitalter verrichten, werde künftig weniger wichtig durch den technischen Fortschritt. "Ich will die Märkte nicht abschaffen", sagt Albert Wenger: "Ich will nur, dass wir einen größeren Anteil unserer Aufmerksamkeit in einen nicht-ökonomischen Bereich lenken."

Dass aktuell weltweit populistische Parteien und Politiker*innen so eine Unterstützung erfahren, ist aus seiner Sicht eine Folge dieses epochalen Umbruchs. "Es gibt diesen Zulauf, weil die Eliten seit 20 Jahren sagen, dass es keine fundamentalen Veränderungen gebe und man das schon hinbekomme", sagt Wenger. Dabei habe sich die Welt bereits grundlegend gewandelt : "Das Industriezeitalter ist 20 Jahre über das Verfallsdatum hinaus". Was ihm fehlt ist eine politische Elite, die eine positive Vision von der Zukunft entwickelt: "Wie können wir die Fortschritte allen zugute kommen lassen und nicht nur ein paar kleinen Gruppen, wie zum Beispiel Venture Capitalists?" Bitter aus seiner Sicht: Zuletzt habe sich eine positive Vision in den 1960er Jahren verbreitet, als die Serie Star Trek ins Fernsehen kam. "Man muss sich nur die Crew anschauen: Männer und Frauen arbeiten zusammen mit allen ethnischen Hintergründen. Es gibt Frieden auf der Erde, wir haben unglaublich viel Energie, es gibt eigentlich keine direkte materielle Knappheit." Das sei eine positive Vision, so Wenger. Und danach? Nichts mehr.

"Trump darf nicht König werden"

Aus seiner Sicht fehlt es aktuell an Politiker*innen, die zu radikalen Änderungen bereit sind. US-Präsident Donald Trump ist dabei für ihn nicht das passende Beispiel. Einerseits ist Wenger überzeugt, dass die großen Themen wie Zölle, Bürokratieabbau und Co. wieder stärker diskutiert werden müssen. "Das System, das wir hatten, in dem wir unsere eigene Industriebasis komplett abgebaut haben, das war nicht unbedingt gut." Andererseits müsse man verhindern, dass die Grundpfeiler der Demokratie in den USA zerstört werden, wie es Donald Trump und Milliardär Elon Musk aktuell versuchten. "Trump darf nicht König werden", sagt Albert Wenger.

Problematisch ist aus seiner Sicht, dass es keine gute Oppositionsarbeit gibt. "Im Moment ist alles ein Kampf gegen Trump", sagt er: "Was fehlt ist eine positive Vision, für die man kämpfen kann." Ohne solche positiven Visionen brächten die Menschen aber nicht die Kraft auf für die großen Veränderungen. "Wenn ich einem Menschen sage: Es wird jetzt erstmal schlechter, bevor es besser wird, dann muss ich ihm auch sagen warum und wo wir hinwollen."

Im OMR Podcast verrät Albert Wenger außerdem, warum Union Square Ventures in keinen der großen KI-Player wie OpenAI oder Anthropic investiert hat, welche Chancen Europa durch die Verwerfungen in den USA unter Donald Trump hat – und welcher Wert sich seit 1990er dramatisch verschlechtert hat und dazu beigetragen hat, dass die Wirtschaft in Deutschland nicht mehr gut läuft.

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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