Publisher erzählen: Erste Erfahrungen mit Facebooks Video-Monetarisierung
Facebook testet die Bezahlung von Video-Publishern (à la Youtube). Das läuft dabei noch schief:
- Viel Potenzial – aber auch Unklarheiten
- Erste Zahlen sind wohl zufriedenstellend – auch für MCNs?
- Wie profitieren Marketer?
- Attraktive Einnahmequelle für Publisher?
Seit drei Monaten testet Facebook Midroll-Ads in Videos – und beteiligt die Publisher an den Einnahmen. So will die Plattform Video-Creator noch stärker motivieren, neue Inhalte zu veröffentlichen. Wir haben mit teilnehmenden Facebook-Publishern darüber gesprochen, wie die Testphase läuft, wie hoch die Einnahmen sind und ob Facebook Video eine große Einnahmequelle für sie sein könnte.
Schon seit über zwei Jahren spült der Facebook-Algorithmus bevorzugt Video-Inhalte in die Newsfeeds der Nutzer. Laut Facebook schauten Nutzer im Jahr 2016 100 Millionen Stunden am Tag Videoinhalte auf der Plattform. Gleichzeitig ließ die organische Reichweite für Publisher um 52 Prozent nach. Kein Wunder, dass viele Facebook-Seiten ihr Heil darin suchen, immer mehr Video-Inhalte zu posten, in der Hoffnung, damit so viele Nutzer wie möglich zu erreichen.
Und immerhin: Zwar sind laut SocialFlow unter ein Prozent aller Posts Videos, dennoch sorgen sie für über sieben Prozent der Reichweite auf der Plattform. Doch mit großer Reichweite kommt für viele Facebook-Publisher auch der Wunsch, diese zu monetarisieren. Dem will Facebook mit seinem aktuellen Test von Midroll-Ads in den Videos nachkommen. 45 Prozent der Einnahmen bleiben bei der Plattform, der Video-Ersteller soll 55 Prozent bekommen. Wir haben nachgefragt, ob das die teilnehmenden Publisher zufrieden stellt.
Viel Potenzial – aber auch Unklarheiten
Die Anzeigen sind maximal 15 Sekunden lang und dürfen ab Sekunde 20 in Videos geschaltet werden, die mindestens 90 Sekunden lang sind. Wer das Video einstellt, legt die Zeitpunkte für die Unterbrechungen fest. „Natürlich ist es ein bisschen mühsam, bei jedem Video, das über 90 Sekunden lang ist, die Ad-Breaks selbst einzustellen. Das hat aber auch seine Vorteile. Diese wären: Der Redakteur muss sich mit dem Video, welches er auf die Plattform hochlädt, auseinandersetzten und genau überlegen, wo er den Ad-Break setzt. Und: Es müssen neue Videos mit anderem Storytelling für die Plattform entstehen“, so der Head of Social Media eines großen deutschen Publishers, der anonym bleiben möchte (Name und Unternehmen sind OMR bekannt).
Wie viel Geld Publisher langfristig dank der neuen Monetarisierungs-Chance einplanen können, ist allerdings noch nicht abzusehen. Auch weil Facebook sich noch sehr bedeckt hält. „In der Szene herrscht grundsätzlich ein wenig Verwirrung über die genaue Abrechnungsform. Ich habe noch von niemandem gehört, dass er genaue Korrelationen zwischen Kennzahlen und der Auszahlungshöhe feststellen konnte“, sagt Samuel Roy, der für die Distribution der Inhalte vom Likemag, einem Schweizer Social-Publisher mit über zehn Millionen Fans auf verschiedenen Facebook-Seiten, zuständig ist. „Ich denke, es ist eine Mischung aus Minutes Viewed und Views. Da die Ad-Breaks ja erst nach 20 Sekunden gesetzt werden können, ist eine längere View-Time ja von Bedeutung“, sagt der anonyme Social-Media-Chef des deutschen Publishers zu OMR.
„Somit steht die Video-Gestaltung ja schon wieder vor einer großen Veränderung. Haben wir vor ca. einem Jahr noch versucht, die Aufmerksamkeit der User in den ersten drei Sekunden zu bekommen, damit er vom Newsfeed ins Video springt, so sind jetzt nicht nur die ersten drei Sekunden wichtig, sondern auch die ersten 20.“
Erste Zahlen sind wohl zufriedenstellend – auch für MCNs?
In den USA sind erste Beträge öffentlich geworden. Laut Digiday hat ein Publisher für ein Video mit 24 Millionen 3-Sekunden-Views 11.000 US-Dollar eingenommen – nachdem Facebook seine 45 Prozent abgezogen hatte. Bei Youtube bräuchte der Publisher für den gleichen Beitrag nur etwa 1,5 Millionen Views. „Die Facebook-Monetarisierung sollte für einige Publisher trotzdem extrem interessant sein, auch wenn pro View nicht gleich viel bezahlt werden würde wie bei Youtube. Ein Youtube-Channel lädt für gewöhnlich 2-3 Videos pro Woche hoch, maximal täglich eines. Bei Facebook kann man täglich fünf Videos oder sogar noch mehr hochladen und die Community stört sich nicht daran, wenn sie gut sind“, sagt Samuel Roy von Likemag.
Trotz aller Unterschiede zwischen den Plattformen scheinen die aus den Anfangstagen der Youtube-Monetarisierung entstandenen MCNs (Multi Channel Networks) wie Mediakraft auch eine Rolle auf Facebook spielen zu wollen. „In diesem Bereich, denke ich, kann ein MCN den Publishern zwei Dinge bieten: Zum einen konnten sie die Seiten wohl überhaupt erst im Test-Programm von Facebook platzieren und zum anderen können sie den Seitenbetreibern Videos zur Verfügung stellen, welche sie ohne Angst vor Copyright Claims posten können“, sagt Roy zu OMR. „Für MCNs bedeuten beide Leistungen kaum Aufwand. Auf der anderen Seite stehen jedoch wohl hohe Einnahmen durch die Video Views eines großen Publishers, was das Ganze sehr interessant machen dürfte.“
Wie profitieren Marketer?
Seit Januar 2017 kann jeder in Facebooks Power Editor sogenannte In-Stream Video-Ads schalten. Diese verteilt Facebook dann in die vorbereiteten Werbeslots innerhalb der Publisher-Videos. In Deutschland wurden bisher nur wenige Midroll-Ads auf der Plattform gesichtet. Das Format könnte für Marketer aber extrem spannend werden: „Wir buchen seit einiger Zeit für unsere Kunden bei passenden Video Ads (weniger als 15 Sekunden lang) auch In-Stream Video-Ads, welche, was die View-Rate angeht, auch extrem gut funktionieren“, sagt Florian Litterst, Online Marketing Manager bei der Digitalagentur Burda Direct interactive GmbH. „Wo genau Facebook diese Videos schlussendlich ausliefert, ist allerdings aktuell noch eine Blackbox – analog zu Instant Articles oder dem Audience Network.
In einem Screenshot zeigt Litterst, dass Midroll-Ads, die er für einen Kunden geschaltet hat, deutlich besser performen als Video-Ads im Newsfeed oder dem Audience Network. Was vor allem auffällt: Die Nutzer bleiben in größerer Zahl über zehn Sekunden dabei (die Video-Ads sind maximal 15 Sekunden lang). Andere Video-Ads-Formate verlieren zumindest in seinem Beispiel deutlich mehr Zuschauer zwischen Sekunde drei und zehn.
Attraktive Einnahmequelle für Publisher?
„Falls Facebook mit seinem Video-TKP tatsächlich auf das Level von Youtube kommt, und das Programm für alle öffnet, könnte das für einige Publisher extreme Anstiege in deren Einnahmen bedeuten“, sagt Samuel Roy vom Likemag. „Ich denke, für uns könnte es so werden, wie für die Youtuber der ersten Stunde: Man macht etwas sowieso schon, ohne direkte Einnahmen erzielen zu können und auf einmal verdient man einen Haufen Geld damit, ohne etwas anders zu machen.“ Unser anonymer Publisher-Vertreter aus Deutschland sieht das ähnlich: „Auch wenn derzeit natürlich der TKP auf der Homepage oder in den Apps noch höher ist, kommt die zusätzliche Einnahmequelle Facebook uns gerade recht.“
Insgesamt könne das neue Werbeformat von Facebook aus seiner Sicht nur für noch mehr Wirbel in der Branche sorgen: „Ich persönlich glaube, wenn Werbetreibende endlich merken, dass ihre relevante Zielgruppe viel leichter auf den Sozialen Kanälen erreicht werden kann, dies dann auch noch zu einem geringeren Preis als bei Media-Agenturen und Vermarktern, wird der Werbemarkt ganz schön ins Wanken kommen.“ Wenn die Testphase vorbei ist, dürfte Facebook mit Video-Inventar überschwemmt werden, was wiederum den TKP für Video-Creator vermindern dürfte. „Auch dem wird Facebook aber wieder etwas entgegensetzten, um sich die Gunst der Publisher zu sichern, damit wir unseren Content weiterhin in die Hände der Plattform geben.“ Das Abhängigkeitsverhältnis der Publisher von Facebook dürfte also so nur noch stärker werden.
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