Viraler Tiktok-Trend "Tube Girl": Wie diese 22-Jährige Millionen Klicks und Kooperationen mit Brands erzielt

Sabrina Bahsoon filmt sich tanzend in öffentlichen Verkehrsmitteln und wird bei Social Media für ihr Selbstbewusstsein gefeiert. Der virale Hashtag hat jetzt schon mehr als 650 Millionen Aufrufe

Sabrina Bahsoon fährt in London mit der U-Bahn. Ihre Videos haben Millionen Klicks. Quelle: Screenshots
Inhalt
  1. Ultraweitwinkel für den besonderen Look
  2. "Trust me, no one actually cares"
  3. Internationale Fans drehen eigene Videos
  4. Kooperationen mit großen Brands
  5. "Beste Verkaufswoche aller Zeiten"

Mit der Tube von A nach B durch London fahren und dabei nebenbei zum Tiktok-Star werden: Die 22-jährige Sabrina Bahsoon macht aktuell vor, wie das geht. Statt auf den Fahrten geistesabwesend durchs Smartphone zu scrollen, tanzt sie in der U-Bahn und filmt sich dabei selbst. Dafür wird sie in den sozialen Medien gefeiert: Ihr populärstes Video hat mehr als 21 Millionen Views. Kein Wunder, dass viele auf den Tubegirl-Zug mit aufspringen: Junge Menschen auf der ganzen Welt tanzen in Bahnen, Bussen oder Bahnhöfen. Aber auch große Brands haben den Hype erkannt.

Erst wenige Wochen ist das erste Tanzvideo aus der U-Bahn alt: Mitte August postet Sabrina Bahsoon es auf ihrem Tiktok-Account, noch ohne den Tubegirl-Hashtag, ohne große Followerzahl, und löst damit einen internationalen Hype aus. Ihre Videos gehen viral, inzwischen folgen ihr mehr als 580.000 Menschen. Rund 25 Clips in öffentlichen Verkehrsmitteln hat sie seitdem produziert. Der beliebteste hat über 21 Millionen Aufrufe und 1,6 Millionen Likes.

Ultraweitwinkel für den besonderen Look

Der Trick für den authentischen Tubegirl-Look heißt 0,5. Beim Smartphone nutzt Bahsoon das Ultraweitwinkel-Objektiv (x 0,5), sodass viel Raum, in diesem Fall viel Tube zu sehen ist. Dann hält sie das Smartphone am langen Arm, mit der Kamera auf der Rückseite des Handys auf sie gerichtet. Wer jetzt noch etwas Fahrtwind findet, damit die Haare besser fliegen, selbstbewusst auftritt und schnelle Tanzmoves mit Smartphone in der Hand koordiniert bekommt, kann direkt selbst als Tubegirl durchstarten. Dafür ist natürlich auch das passende Lied wichtig. Die zu den Videos passende Spotify-Playlist, die Bahsoon auf ihrem Tiktok-Profil teilt, hat mehr als 60.000 Likes.

In den Kommentarspalten unter ihren Videos fällt eines besonders auf – wie viel Zuspruch, Anerkennung und sogar Dankbarkeit die Influencerin erhält, kaum Hohn oder Hate ist zu finden: "Ich trau mich nicht mal die Leute zu fragen Platz zu machen damit ich aussteigen kann", kommentiert eine Userin. Andere schreiben: "Girl dein Selbstbewusstsein ist unglaublich", "Liebe ihre Energie", "A perfect demonstration on how to do ‘Carefree with Confidence’, I love it", oder "Und wir trauen uns nicht mal ein Selfie zu machen, wenn 3 Menschen neben uns stehen!"

"Trust me, no one actually cares"

Es scheint genau das zu sein, was "Tube Girl" so erfolgreich macht. Es geht weniger um den Content an sich, die Machart oder ihre Tanzskills, sondern viel mehr darum, was "behind the scenes" passiert, um die Clips zu produzieren. Alleine in der Öffentlichkeit tanzen und sich dabei zu filmen, würden sich viele Nutzer*innen den Kommentaren zufolge nicht trauen. Dass die 22-Jährige dazu steht, sich attraktiv zu fühlen und nichts darum zu geben scheint, was fremde Menschen in einer U-Bahn über sie denken könnten – das ist der Kern der Tubegirl-Faszination. "Wenn du eigentlich zu Hause bleiben wolltest, aber du dich dann erinnerst, dass du nie wieder so jung und heiß sein wirst", schreibt Bahsoon in einem ihrer Clips. In ihren Videos motiviert sie andere Userinnen, ebenfalls selbstbewusst aufzutreten und sich nicht davon abhalten zu lassen, was andere denken könnten: "Trust me, no one actually cares."

Internationale Fans drehen eigene Videos

Viele setzen den Ratschlag um: In kürzester Zeit haben Videos mit dem Hashtag #tubegirl zusammen über 650 Millionen Aufrufe generiert. Menschen aus Deutschland, Japan, Polen, Schweden, den USA und vielen weiteren Ländern posten Videos nach Tubegirl-Vorbild, genau wie Prominente wie z.B. die US-Schauspielerin Shay Mitchell ("Pretty little Liars").

Andere Fahrgäste wiederum filmen die Tubegirls bei ihren Aufnahmen, die recht skurril aussehen können, wenn die Musik nicht hörbar ist. "Ich kann nicht glauben, dass ich wirklich eins gesehen habe #tubegirl", schreibt ein Nutzer.

Kooperationen mit großen Brands

Es ist eine Frage des Timings, ob es für Marken Sinn ergibt, auf meist kurzlebige Internettrends aufzuspringen. Die Gefahr besteht, dass diese schon wieder vorbei sind, bis Kooperationen oder Kampagnen zustande kommen – und trotzdem viel Geld investiert wurde.

Im Falle von Tubegirl ist es aber gleich mehreren Brands gelungen, von dem Hype zu profitieren. Die Makeup-Marke MAC oder Hugo Boss setzen auf Sabrina Bashoon als Testimonial, um die Brand mit ihrem weibliche Selbstvertrauen aufzuladen. Bashoon hat schon vor dem Trend als Model gearbeitet, das kommt ihr jetzt zugute: Für MAC Cosmetics lief sie Anfang September auf der London Fashion Week und postete außerdem zwei gesponsorte Videos auf ihrem Kanal. Sabrina sei nicht nur ein Model, sie verkörpere auch perfekt die furchtlose Atmosphäre, die sie in die Veranstaltung einbringen wollten, erklärt die Marketingchefin die Kooperation.

"Beste Verkaufswoche aller Zeiten"

Andere Marken kommentieren unter Bashoons Posts und produzieren eigene Videos nach Tubegirl-Vorbild, um den Trend auch ohne Kooperation für die eigene Marke zu nutzen. So wie die lettische Fluggesellschaft AirBaltic: In einem Clip der Airline ist eine tanzende Pilotin im Flugzeug zu sehen. "Heiße Frauen haben keinen Führerschein. Wir fliegen Flugzeuge", heißt es. Mehr als 90.000 Follower*innen gefällt das.

Und für die schottische Biermarke Days Lager führte der Tubegirl-Trend direkt zu den besten Verkaufszahlen, die die Marke für alkoholfreies Bier je erlebt hat. "Ich versuche meine Chefs davon zu überzeugen, dass wir mehr Bier verkaufen würden, wenn wir den Tubegirl-Trend machen würden. Aber sie sind Millenials und allergisch auf die 0.5-Kamera", hatte eine Social-Media-Mitarbeiterin in einem Video geschrieben, in denen ihre Chefs in einer Bahn zu sehen waren. Fast 3.000 Kommentare kamen von User*innen zusammen, die ein Tubegirl-Video forderten – und es zur Freude der Community von Gründer Mike auch bekamen.

Die aktuellste bezahlte Partnerschaft läuft mit Boss. Erst vor vier Tagen hat Bashoon ein Werbevideo aus Mailand gepostet, pünktlich zur Fashion Week tanzt sie in Boss-Outfit durch die Mailänder Metro und postet auch von der Fashion Show. Auf dem Boss-Account hat ein Video mit ihr, in dem sie im "Tube Girl"-Stil vor großem Boss-Logo tanzt, rund 50 Millionen Aufrufe. Den Kommentaren nach zu urteilen, gönnen ihr ihre Fans auch den monetären Erfolg und feiern sie als neues "It-Girl".

Sie habe noch viele weitere Anfragen für Kooperationen bekommen, sagt Sabrina Bashoon in einem Q&A-Video. Sollte der Tubegirl-Zug also bald abgefahren sein, bleibt die Chance für die 22-Jährige, vielleicht längerfristig in der Mode- und Creatorwelt Fuß zu fassen.

TikTokBrand Marketing
Tanja Karrasch
Autor*In
Tanja Karrasch

Tanja Karrasch ist Redakteurin bei OMR. Sie hat bei der Tageszeitung Rheinische Post volontiert und anschließend als Redakteurin gearbeitet. Vor ihrem Wechsel zu OMR arbeitete sie für die TV-Produktionsfirma Bavaria Entertainment und war als Redaktionsleiterin für zwei ZDF-Shows zuständig.

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