Glow Recipe: Darum ist die Beauty-Brand bei der Gen Z so beliebt

Gina Kollig26.4.2024

Wie die Kosmetikmarke für organische Reichweite auf Tiktok sorgt

Glow Recipe
Auf Tiktok sind unzählige Videos zu finden, in denen Creatorinnen Glow-Recipe-Produkte für Make-up-Tutorials verwenden. Fotos: OMR/Screenshots
Inhalt
  1. Produkte mit Viral-Potenzial
  2. Eine Beauty-Marke gegründet von Marketerinnen
  3. Models aus der eigenen Community

Sarah Lee und Christine Chang hatten einen ziemlich dicken Fisch an der Angel: 2015 stellen die beiden Marketing-Expertinnen ihr Kosmektikunternehmen Glow Recipe in der TV-Show Shark Tank vor, der amerikanischen Version von “Die Höhle der Löwen”, und können mit ihrem Pitch Investor und Multimillionär Robert Herjavec für sich begeistern. Der Deal scheitert im Nachgang, dem Erfolg des Start-ups tut das aber keinen Abbruch: Heute erwirtschaftet das Unternehmen jährlich Millionen-Umsätze und landet einen viralen Produkthit nach dem nächsten. OMR hat sich angesehen, was die Skincare-Brand so erfolgreich macht.

"Es tut mir leid, falls ich euer Produkt leake, bitte verklagt mich nicht. Aber ich liebe es", lautete die Bitte von Creatorin Aysha Harun an die Macherinnen von Glow Recipe, als sie in einem Tiktok-Video von einem neuen Produkt der Marke schwärmte. Das Problem: Die sogenannten Hue Drops waren bislang nicht auf dem Markt, und Aysha Harun offenbar selbst nicht so sicher, ob sie das Produkt bereits vorstellen durfte. Für Glow Recipe hat dieser Kommunikationsfehler vor allem eine Auswirkung: jede Menge Aufmerksamkeit der Tiktok-Community. 3,3 Millionen Views generiert das Video, User*innen fiebern der Veröffentlichung entgegen. Statt den Release des Produkts vorzuverlegen, nutzt Glow Recipe den medialen Buzz und die organische Vorfreude auf das Produkt und sendet weitere PR-Boxen an ausgewählte Creator*innen, um so die Neugierde auf das Produkt aufrechtzuerhalten. Ein voller Erfolg: Nach der Veröffentlichung gibt es aus der Community fast ausschließlich positives Feedback für die Hue Drops.

Produkte mit Viral-Potenzial

Mit dem Serum löst das Unternehmen nicht zum ersten Mal einen regelrechten Beauty-Hype aus. Bereits 2021 erfährt Glow Recipe einen viralen Produkt-Hit mit den Watermelon Glow Niacinamide Dew Drops, einem Vorgänger der Hue Drops. Auch damals erregen die Reaktionsvideos von bekannten Beauty-Creator*innen wie Glamzilla (2 Millionen Views) und Mikayla Nogueira (16 Millionen Views) auf TikTok weltweit Aufmerksamkeit. Beide Posts sind dabei organisch und nicht bezahlt. Das Produkt wird zum Verkaufsschlager bei Creator*innen wie Community, ist immer wieder ausverkauft. Sarah Lee, eine der Gründerinnen von Glow Recipe, beschreibt es gegenüber Forbes so: "Sobald man als Beauty-Marke auf Tiktok viral geht, führt das sofort zu Verkäufen wie nie zuvor."

Die Beliebtheit der Glow-Recipe-Produkte spiegelt sich auch in den Verkaufszahlen wider: 2023 erzielt das Unternehmen einen Umsatz von über 300 Millionen US-Dollar. Die Toner sowie die Watermelon Dew Drops machten 41 Prozent des Geschäfts aus. Glow Recipe ist enorm erfolgreich – und das auf einem übersättigten Markt. Denn die Beauty-Brand schafft es, sich mit ihren speziellen Produkten und Marketing-Kampagnen eine Nische im Beauty-Markt zu erschließen. 

Eine Beauty-Marke gegründet von Marketerinnen

Für den Erfolg von Glow Recipe sind zwei Marketing-Expertinnen mit koreanischen Wurzeln verantwortlich. Sarah Lee und Christine Chang lernen sich bei ihrer Arbeit im Marketing für L’Oréal kennen. 2014 entscheiden sich die beiden Frauen, ihre Jobs an den Nagel zu hängen und mit ihrem eigenen Skincare-Unternehmen durchzustarten. Zu Beginn ist ihr Start-up Glow Recipe eine E-Commerce-Plattform, die auf den Verkauf koreanischer Hautpflegeprodukte spezialisiert ist. Koreanische Skincare, auch K-Beauty genannt, ist aufgrund natürlicher und innovativer Inhaltsstoffe der Produkte bei vielen Beauty-Fans beliebt.

2015 entscheiden sich die beiden Gründerinnen dann dazu, ihr Unternehmen bei Shark Tank vorzustellen. Das Duo fordert 425.000 US-Dollar für 10 % des Unternehmens. Investor Robert Herjavec bietet Lee und Chang die geforderte Geldsumme an, verlangt im Gegenzug aber ein Viertel der Unternehmensanteile. Die Gründerinnen nehmen den Deal zunächst an, dieser kommt nach weiteren Gesprächen mit Herjavec jedoch nicht zustande. Trotzdem profitiert das Unternehmen von der Reichweite der US-Show.

Mit der Zeit verschiebt sich der Fokus des Unternehmens auf den Verkauf selbst entwickelter Skincare-Produkte. Dabei scheinen sie mit ihrem Fokus auf K-Beauty den Nerv der Zeit zu treffen. Die Brand verwendet in ihren Inhaltsstoffen Superfoods wie Wassermelone, Granatapfel und Guave und bewirbt ihre Produkte auch aktiv damit. Besonders auf der chinesischen Unterhaltungsplattform TikTok kommen die Produkte von Glow Recipe gut an. Beauty-Creator*innen erwähnen die Produkte immer wieder in ihren Videos, schwärmen von den Inhaltsstoffen der Hautpflegeprodukte und der gesund glänzenden Haut, die sie dadurch bekommen. Mit Influencer*innen und Creator*innen zusammenzuarbeiten, unterscheidet Glow Recipe erst einmal nicht von vielen anderen Brands. Mit ihren Kampagnen geht die Marke aber entschieden einen anderen Weg.

Models aus der eigenen Community

Glow Recipe führt 2021 einen neuen Ansatz für ihre Beauty-Kampagnen ein, der sich deutlich von den bekannten Mustern unterscheidet. So werden unter anderem die Models für eine Out-of-Home-Kampagne innerhalb der eigenen Community gecastet und dabei großer Wert auf Diversity gelegt. Unter den Gewinner*innen befindet sich im Sommer 2023 ein breites Spektrum an Skincare-Liebhaber*innen: darunter eine Athletin mit Down-Syndrom, eine 52-jährige Krankenschwester, eine Drag Queen und eine Sozialarbeiterin.

Außerdem entscheidet sich das Unternehmen bewusst dafür, auf typische Beschreibungen aus der Beauty-Branche wie “makellos”, “Anti-Aging” und “perfekte Haut”zu verzichten. Diese neue Herangehensweise scheint die Hauptzielgruppe von Glow Recipe – nämlich Millennials und die Gen Z, aber auch die Gen Alpha anzusprechen; sowohl online als auch im Einzelhandel wie bei Douglas und Sephora. Dabei sind die Produkte höherpreisig als beispielsweise Drogerie-Kosmetikprodukte und kosten zwischen 28 und 45 Euro.

Ob die Brand der Ex-Marketerinnen auch zukünftig weitere Produkte mit Viral-Potenzial veröffentlicht und ihre Kund*innen langfristig von Glow Recipe überzeugen kann, bleibt abzuwarten. Die Aufmerksamkeit der Online-Community jedenfalls hat die Marke aktuell sicher, wie auch die Menge an Bewerber*innen beim Community-Casting gezeigt hat: Ganze 2500 Menschen wollten dabei zum Gesicht der Marke werden, nur 10 haben es geschafft. Der Rest wartet wohl sehnsüchtig auf die nächste Chance.

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Gina Kollig
Autor*In
Gina Kollig

Gina ist Volontärin bei OMR Education. Zuvor studierte sie Medienwirtschaft und Journalismus in Wilhelmshaven.

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