Dieser Gründer hat in Dortmund ein IT-Milliarden-Unternehmen aufgebaut

Florian Rinke29.9.2024

Hauptberuflich ist Volker Gruhn Informatik-Professor. Mit Adesso hat er parallel einen Big Player mit Milliarden-Umsatz im IT-Bereich gebaut.

Philipp Westermeyer und Volker Gruhn nach der Aufnahme des OMR Podcasts
Adesso-Gründer und Aufsichtsratschef Volker Gruhn (rechts) besuchte OMR-Gründer Philipp Westermeyer in Hamburg zur Aufnahme. Foto: OMR
Inhalt
  1. Erdkunde-Leistungskurs mit Michael Zorc
  2. "Wir sollten uns bei KI nicht abhängig machen"

Volker Gruhn hat seine Karriere in einem Konzern angefangen – und schnell gemerkt: Das ist nichts für mich. Stattdessen wird er Professor für Informatik und gründet nebenbei den IT-Dienstleister Adesso. Der macht inzwischen mit 10.000 Mitarbeitenden mehr als eine Milliarde Euro Umsatz. Im OMR Podcast spricht Volker Gruhn über den Aufbau des Unternehmens, die Bedeutung europäischer KI-Lösungen und die Frage, warum ein Ex-Fußball-Manager vom BVB im Aufsichtsrat eines Software-Unternehmens sitzt.

Eigentlich hatte sich Volker Gruhn das alles so schön überlegt: Ein Mittagessen, ein bisschen lockeren Smalltalk – und dann könnte man ja mal übers Geschäftliche sprechen. Immerhin bietet das von ihm gegründete Unternehmen Adesso ja Software-Lösungen für quasi jede Branche an. Warum dann also nicht auch für Borussia Dortmund? Als der damalige Sportdirektor Michael Zorc ihn also fragte, ob man nicht mal essen gehen wolle, war Volker Gruhn sofort begeistert. "Und dann fing das Unheil an und der Carsten brachte mir ein Trikot mit", erinnert er sich lachend im OMR Podcast.

Carsten – das ist Carsten Cramer, der in der BVB-Geschäftsführung die Themen Marketing und Vertrieb verantwortet. Und das Trikot, das war nicht nur ein Leibchen von Borussia Dortmund. Es war eine Einladung. "Da stand Adesso drauf", sagt Volker Gruhn: "Und er hat mich da bei meiner schwarz-gelbem Seele natürlich auch erwischt." Inzwischen ist das Dortmunder Unternehmen Adesso Trikotsponsor der BVB-Jugendmannschaften und zeitweise sogar bei der Frauenmannschaft.

Erdkunde-Leistungskurs mit Michael Zorc

Immerhin: Seit 2023 ist Adesso auch Digitalisierungspartner von Borussia Dortmund. Das Unternehmen half bei der Salesforce-Implementierung und dem Launch eines Ticket-Bewerbungsportals. Und Michael Zorc? Mit dem hat Volker Gruhn früher gemeisam im Erdkunde-Leistungskurs gesessen. Inzwischen sitzen die beiden gemeinsam im Adesso-Aufsichtsrat. In dieser Rolle soll er dazu beitragen, den Geschäftsbereich Sports bei Adesso weiterzuentwickeln, mit dem das Dortmunder Unternehmen seine Dienstleistungen und Software-Lösungen stärker in diesem Segment etablieren möchte.

Es ist das Prinzip, mit dem Adesso seit der Gründung im Jahr 1997 durch Volker Gruhn und Rainer Rudolf immer größer geworden ist. Nach dem Informatik-Studium hat Volker Gruhn zunächst beim Energiekonzern Veba angefangen, aus dem später das Unternehmen Eon hervorging. "Software-Entwicklung genoss da ungefähr die gleiche Wertschätzung wie Gartenpflege und Fuhrpark-Verwaltung", sagt Volker Gruhn. Er geht damals zurück an die Hochschule, bis heute ist er Professor. An der Universität Duisburg-Essen leitet er den Lehrstuhl für Software Engineering. Doch parallel baut er mit seinem Co-Gründer Adesso auf.

"Wir sollten uns bei KI nicht abhängig machen"

Schnell gewinnen die beiden erste Firmenkunden in der Versicherungswirtschaft, oft werden daraus langjährige Partnerschaften. Nach und nach kommen weitere Bereiche hinzu. Adesso arbeitet auch für Geldinstitute wie die Commerzbank, Industrieunternehmen wie Bosch oder auch öffentliche Verwaltungen. Die Firma entwickelt dabei häufig Individuallösungen oder hilft dabei, verfügbare Lösungen in die Software-Landschaft von Unternehmen zu implementieren. In manchen Branchen hat das Dortmunder Unternehmen dabei im Laufe der Zeit so viel Erfahrungen angesammelt, dass es auch Software-Lösungen entwickelt hat, die dann gleich mehreren Unternehmen verkauft wurden – so wie es auch ein Konzern wie SAP beispielsweise macht. "Das trauen wir uns aber immer nur, wenn wir wirklich verstehen, worum es geht", sagt Volker Gruhn.

Der Gründer gestaltet das Unternehmen und dessen Strategie vom Posten des Aufsichtsratschefs aus. Und natürlich beschäftigt er sich auch mit der Frage, wie Künstliche Intelligenz das Geschäftsfeld, aber auch die Unternehmenswelt insgesamt verändern wird. Die Entwicklungen bei den Firmenbewertungen verfolgt er dabei eher mit Skepsis. "Mir geht das alles ein bisschen zu schnell rauf und runter", sagt er. Unternehmen wie die deutsche KI-Hoffnung Aleph Alpha würde er daher auch längst nicht abschreiben. Zumal es aus seiner Sicht auch im europäischen Interesse sein sollte, eigene relevante KI-Player zu haben. "Ich finde es gefährlich, sich in einer Kerntechnologie komplett abhängig zu machen."

Im OMR Podcast spricht Volker Gruhn außerdem über die Frage, warum ein Tech-Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz an der Börse nur mit 400 Millionen Euro bewertet wird, warum er Entlassungswellen zur Effizienzsteigerung ablehnt und ein Outsourcing von IT-Entwicklung nach Indien nur bedingt sinnvoll findet.

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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