360.000 Klicks mit einer Penispumpe – So verdienen namhafte Youtuber Geld mit Produktempfehlungen

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Wir haben Klickzahlen von Affiliate Links von Karl Ess, Dagi Bee und Unge aufgestöbert

Von links: Dagi Bee, Unge und Karl Ess (Quellen: youtube.com/dagibee, youtube.com/unge, youtube.com/karless, Montage: Online Marketing Rockstars)

Von links: Dagi Bee, Unge und Karl Ess (Quellen: youtube.com/dagibee, youtube.com/unge, youtube.com/karless, Montage: Online Marketing Rockstars)

Dass viele reichweitenstarke Youtuber unter ihren Videos Affiliate-Links platzieren und Provisionen erhalten, wenn ein User, der darauf klickt, auch etwas einkauft, wissen dank TV-Moderator Jan Böhmermann mittlerweile selbst Menschen außerhalb der Online-Marketing-Szene. Doch darüber, wie häufig solche Links angeklickt werden, waren bislang keine gesicherten Informationen öffentlich bekannt – bis heute. Wir haben für Euch Klickstatistiken von Youtubern wie Dagi Bee und Karl Ess aufgestöbert und auf deren Basis versucht, hochzurechnen, wie viel Geld die Video-Sternchen mit dieser Methode verdienen. Die Ergebnisse haben selbst uns teilweise überrascht. Es ist mittlerweile gängige Praxis in der Szene: Unter ihren Videos posten Youtuber Links zu Produkten in Online-Shops. Bei den verlinkten Artikeln kann es sich um Produkte handeln, die die Kanalbetreiber im jeweiligen Video vorgestellt und promotet haben, oder um Geräte, die sie selbst für ihre Videoproduktion benutzen.

Fünfstellige Festbeträge für Affiliate-Links?

So verlinken viele der Youtuber die von ihnen verwendete Kamera im Online-Shop von Amazon; Let’s Player, die sich beim Spielen von Computerspielen abfilmen, bewerben beispielsweise den von ihnen angeblich genutzten Game Server. Wie Youtuber Philipp Steuer in einem Gastbeitrag für Online Marketing Rockstars erklärte, erhalten die Kanalbetreiber von ihren Geschäftspartnern für die Platzierung solcher Links fünfstellige Festbeträge im Monat. Häufiger dürfte allerdings die Vergütung auf Provisionsbasis erfolgen.

Vor dem Posten der Links wandeln die Kanalbetreiber in der Regel den ursprünglichen, meist sehr langen Affiliate-Link mittels eines URL-Verkürzers von Bit.ly oder Google in eine kürzere, handliche URL um, mit der die User dann automatisch auf den Tracking-Link weitergeleitet werden.

Dieses Vorgehen dient vermutlich mehreren Zwecken: Zum einen schrecken die Kurz-Links offenbar die Nutzer weniger ab und steigern die Klickrate, zum anderen zählen die URL-Verkürzungs-Tools jeden Klick. Mittels der Reporting-Funktion können die Youtuber somit kontrollieren, ob die Zahl der Käufe (und damit die Höhe der Provision), die der Shop-Betreiber ihnen zuschreibt, in einem glaubhaften Verhältnis zur Klickrate stehen.

Nicht alle denken daran, den öffentlichen Zugriff auf Linkstatistiken zu sperren

Meist ist der Zugriff auf diese Statistiken für die Öffentlichkeit gesperrt. Wir haben jedoch Beispiele aufgetan, bei denen die Youtuber offenbar vergessen haben, diese Option zu aktivieren. Jeder User, der bei diesen Fällen an Kurz-Links unter den Domains Bit.ly und Amzn.to (letztere wird ebenfalls vom Betreiber von Bit.ly genutzt) ein „+“ anhängt, oder bei Links mit dem Format goo.gl (Googles URL-Verkürzer) ein „.info“ hinzufügt, kann die Nutzungsstatistiken somit einsehen. Diese bieten tiefe Einblicke: Wie häufig wurde der Link an welchem Tag angeklickt, aus welchen Ländern kamen die Klicks und auf welchen Plattformen wurden sie gepostet.

Einer der Affiliate-Deals, der in der größer werdenden Szene der Fitness-Youtuber in den vergangenen Monaten für große Aufmerksamkeit gesorgt hat, war die Bewerbung einer „Penispumpe“ durch den schwäbischen Bodybuilder Karl Ess, über den wir bereits berichtet haben.

Ess hatte das für 200 Euro erhältliche Produkt des obskuren Herstellers Phallosan (laut Website-Impressum eine mutmaßliche Briefkastenfirma mit Sitz in Malta), erstmals im August 2013 in einem Video promotet. In den folgenden Monaten verlinkte er das Produkt in zweien seiner Kanäle unter mindestens zehn weiteren Videos, in denen er sich mit dem Thema Penisgröße auseinander setzte, und die seitdem insgesamt mehr als eine Million Mal abgerufen worden sind.

Die Statistiken des Affiliate-Links sind unter Bitly.com/MehrPenis+ öffentlich einsehbar und zeigen: Bislang haben User 361.500 Mal die Produktempfehlung angeklickt. Damit dürfte sich für Karl Ess die seinem Image sicherlich eher wenig zuträgliche Aktion durchaus gelohnt haben. karl_ess_phallosan_bitly

Hat die Penispumpe Karl Ess einen sechsstelligen Umsatz beschert?

Zwar ist öffentlich nicht dediziert nachlesbar, wie hoch die Provision ist, die jeder Teilnehmer am Phallosan-Partnerprogramm für einen durch ihn zustande gekommenen Kauf erhält. Einen Fingerzeig bietet zumindest die Website des Partnerprogramms, auf der es heißt, dass jeder, der eine „Phallosan forte“ pro Tag verkaufe, schon mehr als 3.000 Euro pro Monat einnähme – dies entspräche also einer Provision von rund 100 Euro (50 Prozent des Produktpreises) pro Verkauf.

Wie Karl Ess selbst in einem Video erklärte, verdiene er mit dem Deal pro Monat mehr als ein studierter Ingenieur. Dies mag man als übertriebene Prahlerei abtun. Doch wenn nur jeder Tausendste der User, die den Link angeklickt haben (und damit ja schon ein erstes Interesse oder zumindest Neugier signalisiert haben), das Produkt auch gekauft haben (die Conversion Rate also 0,1 Prozent beträgt), hätte Karl Ess alleine durch diesen einzelnen Affiliate-Link schon mehr als 36.000 Euro verdient. Bei einer Conversion Rate von 0,5 Prozent betrüge der Umsatz schon mehr als 180.000 Euro. Dass Ess nach eigenen Angaben rund 800.000 Euro pro Monat umsetzt, wirkt mit diesem Wissen und angesichts der Vielzahl seiner Aktivitäten (weitere Affiliate-Links, Vertrieb eines Online-Fitness-Programms, ein eigenes Sport-Mode-Label) nicht mehr komplett unrealistisch.

Wie sehen die Klickraten bei Links zu Produkten aus, die nicht in den Videos selbst beworben werden, sondern mit denen die Youtuber ihr Video-Equipment „empfehlen“? Auch diese werden bei reichweitenstarken Kanälen durchaus häufig angeklickt, wie ein Blick unter die Videos der Beauty-Youtuberin Dagi Bee (bürgerliche Dagmara Nicole Buckley) beweist. Auch die Statistiken der dort verlinkten Amazon-Artikel sind mit Kenntnis oben geschilderten Kniffs für jeden einsehbar. So wurde die von Buckley empfohlene Kamera innerhalb von 14 Monaten rund 132.000 Mal angeklickt, ein Stativ mehr als 42.000 Mal, ein Beleuchtungsstrahler mehr als 51.500 Mal und das von ihr verwendete MacBook (das neu über 1.000 Euro kostet) fast 100.000 Mal.

Die Zugriffsstatistik des Affiliate Links zu Dagi Bees Kamera, den die Youtuberin unter ihren Videos platziert

Die Zugriffsstatistik des Affiliate Links zu Dagi Bees Kamera, den die Youtuberin unter ihren Videos platziert

Bringen Equipment-Empfehlungen fast 10.000 Euro Umsatz in 14 Monaten?

Zwar ist Amazon bei der Vergütung sehr viel sparsamer als anderer Partnerprogramme: So erhalten die Affiliates nur eine Provision, wenn das Produkt innerhalb von 24 Stunden nach dem Klick gekauft wird (oder innerhalb von 90 Tagen, falls der Nutzer es schon in seinen Warenkorb gelegt hat). Zudem ist die Provision im Elektronikbereich seit dem vergangenen Oktober mit 3 Prozent des Kaufpreises relativ niedrig (davor betrug sie 5 Prozent).

Immerhin vergütet Amazon den Affiliates im Zeitraum von 24 Stunden auch den Kauf jedes anderen Produkts des Nutzers, der über den Affiliate-Link auf die Shop-Plattform gelangt ist. Da Amazon der größte und meist genutzte Online-Shop in Deutschland ist, dürften auch auf diese Weise durchaus relevante Beträge zustande kommen.

Berücksichtigt man all diese Aspekte und geht erneut von einer Conversion Rate von 0,1 Prozent aus, so könnte „Dagi Bee“ unseren Berechnungen zufolge nur mit den Amazon Links unter ihren Videos innerhalb von 14 Monaten rund 9.500 Euro eingenommen haben – ein nettes zusätzliches Taschengeld zu den anderen Affiliate-Deals, den Einnahmen aus der klassischen Youtube-Werbung sowie den sicherlich höher dotierten Produkt-Placement-Deals, die den Großteil ihrer Einnahmen ausmachen dürften.

20.000 Klicks an nur einem Tag auf einen Affiliate-Link unter unges „Freiheit“-Video

Auch Let’s Player Unge, der durch seinen Konflikt mit Mediakraft ins Bewusstsein des breiten Mainstreams gelangte, verzeichnet sechsstellige Klickzahlen mit Affiliate-Links. Aktuell wirbt er mit dem unter seinen Let’s-Play-Videos platzierten Link Bitly.com/UngeServer für einen Gameserver des Anbieters Nitrado: 213.000 Klicks seit Anfang Dezember 2014. Unter seinem viel beachteten „Freiheit“-Video (mittlerweile nicht mehr öffentlich verfügbar) hatte der Gaming-Youtuber für das gleiche Produkt noch den Kurz-Link Bitly.com/UngeTrado platziert. Dieser wurde bislang 68.000 Mal angeklickt – alleine 21.000 Mal am Tag der Veröffentlichung des Videos.

Die Zugriffsstatistik für den Link Bitly.com/UngeTrado zeigt eine deutliche Spitze am Veröffentlichungstag des „Freiheit“-Videos

Die Zugriffsstatistik für den Link Bitly.com/UngeTrado zeigt eine deutliche Spitze am Veröffentlichungstag des „Freiheit“-Videos

Unter seinen „Vlogs“ (Video-Tagebüchern) empfiehlt Unge so wie Dagi Bee die von ihm verwendete Kamera. Seit dem Juni 2014 ist dieser Link 274.000 Mal angeklickt worden. Die günstigere, von ihm zuvor verwendete und ebenfalls verlinkte Kamera ist im gleichen Zeitraum 191.000 Mal angeklickt worden.

Let’s Player Piet Smittie empfiehlt unter seinen Videos keine Produkte, bittet seine Fans aber, falls sie etwas bei Amazon kaufen wollen, dies über seinen Affiliate-Link zu tun, um ihn zu unterstützen. Seit dem Juni 2012 haben 283.000 User dieser Bitte Folge geleistet. Die Zahl jener User, die geklickt und wirklich etwas gekauft haben, dürfte in diesem Fall wegen der klaren Aufforderung deutlich höher sein – die Einnahmen dementsprechend auch.

Ihr habt weitere öffentlich einsehbare Statistiken gefunden oder wisst mehr Details über die konkreten Einnahmen von einzelnen Youtubern? Meldet Euch gerne bei uns – in den Kommentaren oder per Nachricht!

Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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